55. ~ „Ich diene der deutschen Königin!"

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Ich paffe den Rauch aus meinen Lungen und lese die Zeile erneut laut vor: „Als rechtmäßiger französische Thronfolge, habe ich, Nicholas Benjamin Montrosé,", es klopft an der Tür. „Was?", rufe ich laut und zünde dabei die Zigarre aus, lege den Zettel auf den Tisch, während eine Bedienstete in mein Gemach tritt, sich verneigt und eine Schachtel in der Hand hält. „Was ist das?", seufze ich, fahre mir über den Kopf und trete näher. „Eure Medikamente, Eure Hoheit. Der Doktor hat mich gebeten sie Euch zu überbringen.", schaut sie zu Boden und ich ermahne mich so forsch gewesen zu sein. „Danke.", nehme ich ihr die Schachtel ab und nicke sie raus, während eine weitere Bedienstete ins Gemacht tritt. „Ihr hattet nach mir gerufen, Prinz.", neigt sie ihren Kopf. „Ja.", öffne ich die Schachtel und greife zum Glas auf meinem Schreibtisch. „Ich glaube, meine Uniform hat hinten ein Loch. Wärt Ihr so frei?", wende ich mich mit dem Rücken zu ihr, nehme die Tabletten, mit meiner noch etwas schmerzenden Hand von gestern, aus der Schachtel, stecke sie in den Mund und spüle sie mit Wasser runter. Ich schüttle vor Ekel den Kopf und spüre dabei die zierlichen Hände am Saum meiner Uniform, am Rücken, während ich den Zettel vom Tisch wieder vor die Nase halte und die Zeilen nochmal vorlese: „Als rechtmäßiger französische Thronfolge, habe ich, Nicholas Benjamin Montrosé, die Ehre hier am deutschen Hof zu leben. Es ist etwas großartiges Geschehen."

„Als rechtmäßiger französische Thronfolge, habe ich, Nicholas Benjamin Montrosé, die Ehre hier am deutschen Hof zu leben. Es ist etwas großartiges Geschehen.", stehe ich nun auf dem Hof, vor dem Schloss, auf einem Podest und spreche in die Menge. „König Henry lebt. Er befindet sich gerade in der Erholungsphase und sobald seine Gesundheit zuspricht, veranstalten wir im Schloss eine große Feier, in Ehren der Feiertage. Bürger und Bürgerinnen, ob deutsch, französisch oder englisch.", ich muss aufkommende Anspannung runterschlucken. „Ihr seid alle herzlich Willkommen. Deutschland ist ein Zuhause für Jedermann, daran halten wir fest.", hebe ich die Hand in die Höhe und winke, ziehe ein breites Grinsen aufs Gesicht und wende mich dann zu Isaiah, der mir zunickt. Ich steige vom Podest und reibe die Hände aneinander, da es ohne eine weitere Jacke schon ziemlich kalt wieder geworden ist. Gerüchten zu Folge, soll es sogar über Weihnachten schneien. Ich lasse die Versammlung zu meiner kleinen Rede hinter mir und stampfe mit festen Schritten ins Schloss zurück, gefolgt von Soldat Isaiah und weiteren Soldaten. ~

„Genau, informiert mich umgehend, wenn Ihr etwas herzufinden solltet.", öffne ich die Tür zu meinem Gemach. „Zu Befehl, Hoheit.", ruft Isaiah mir noch nach, bevor ich meine Gemachtür wieder geschlossen habe. Sofort streife ich mir die Jacke meiner Uniform von den Armen und will gerade die Schuhe von meinen Füßen streifen, als ich auf mein Bett schaue und Anabeth darauf sitzen sehe. Sie hat die Decke um sich geschlungen und schaut mich an, sie hat wohl auf mich gewartet. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, denn damit habe ich nicht gerechnet. „Ana?", räuspere ich mich. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.", murmelt sie leise, was mich jedoch den Kopf schütteln lässt. Ich gehe meinem Vorhaben nach, streife beide Schuhe ab und begebe mich zu meinem Arbeitstisch, taste sie nach der vorhin angefangen Zigarre ab, ohne den Blick von Anabeth zu wenden. „Alles in Ordnung?", erinnere ich mich an unser letztes Gespräch, welches nicht so gut verlaufen ist und an die Szene von gestern, sie mit diesem Travis an einem Tisch, in großen Saal. „Ich wollte einfach -", sie bricht ab und schaut auf's Bett, in dem schon sehr viele Dinge zwischen uns beiden passiert sind. Ich muss schlucken und bin froh die Zigarre gefunden zu haben, jetzt muss ich nur noch nach den Streichhölzern tasten. „Du wolltest was?", frage ich etwas zu schroff, sodass sie wieder aufschaut, mich anschaut, was mein Herz aussetzen lässt. Ihre grellen blauen Augen, die ihre Wirkung auch Meter von ihr entfernt erfüllen.
Sie sagt nichts mehr, sondern schaut mich einfach nur noch an, was mich erleichtert auf atmen lässt, als ich auch die Streichhölzer gefunden habe. Ich setze die Zigarre an die Lippen und zünde ein Streichholz an und somit die Zigarre. Den ersten Zug daran genieße ich und balle aus Gewohnheit meine Hände nacheinander zu Fäusten. „Ich habe deine Rede gehört.", setzt sie an, noch immer leise, doch der zweite Zug ist nicht mehr so genüsslich. „Ich Danke dir, dass du das übernommen hast.", blickt sie mir noch immer starre in die Augen. Früher hat sie das auch immer gemacht, aber ich kam mir nie so beobachtet dabei vor, sondern eher leichter. Jetzt fühlt es sich schwerer an, ein erneuter Zug, wobei ich mich nicht von der Stelle rühre.
„Ich wollte dich einfach sehen.", wird Anabeth's Stimme immer leiser, sodass ich einen Schritt auf sie zu wagen muss. „Aber", paffe ich den Rauch in meinen Lungen aus. „gestern wolltest du noch bei diesem anderen sein.", balle ich meine freie Hand erneut zu einer Faust, doch dieses Mal zu einer festen. Anabeth's Miene wird finster und ich drohe einen Abbruch ihrerseits wieder zu kassieren, doch plötzlich wird ihr Gesicht wieder weich und sie atmet aus. „Es ist kein Kampf zwischen euch beiden, Nicholas. Es ist ein Kampf mit mir selbst.", verdreht sie ihre Augen, was sie sonst nie gemacht hat, was mich den Kopf neigen lässt. Doch sie sieht es eher als Anforderung ihre Aussage zu untermauern. „Es ist ein Kampf zwischen wer ich war, wer ich bin und wer ist sein will.", stechen ihre Augen mich an, als ich nun auch ihre Aussage verstehe. Einfach so, zünde ich die Zigarre wieder aus, lege sie weg, atme den letzten Qualm aus und setze mich zu Anabeth vor ihr auf mein Bett. Sie zieht leicht, in der Hoffnung das ich es nicht bemerke, ihre Hände weg, doch ich habe es bemerkt, jedoch lasse mich davon nicht abbringen. „Trotzdem sehe ich es als einen Kampf an, Ana.", fällt mir in dem Moment nichts besseres ein und ich könnte mich Ohrfeigen für mein fehlendes Verständnis. Doch Anabeth sieht es nicht so, sie schaut mich einfach nur weiter an, bis sich ihre Lippen, ihre sinnlichen Lippen, die ich so sehr vermisst habe, einen Spalt weit öffnen. „Ich habe ihn weg geschickt.", sagt sie kaum hörbar, doch laut und deutlich für mich. Eine Sirene in meinem Kopf geht an.
Ich versuche mein Lächeln zu verstecken, presse die Lippen zusammen und rutsche auf meinem Bett hin und her, bevor ich etwas sagen kann. „Gut.", unterdrückte Freude. „Gut.", doch Anabeth scheint nicht erfreut darüber, sowas von gar nicht, sie versucht es jedoch zu überspielen, doch ich sehe es, klar und deutlich.
„Ana", versuche ich schnell das Thema zu wechseln und umfasse ihre Hände auf ihrem Schoß. Kurz zuckt sie zusammen, das spüre ich, doch versucht sich darauf wieder zu entspannen. „Ich will mich an dich binden, Ana!", spüre ich wie meine Wangen sich durch ein Grinsen hinauf ziehen. „Und wenn ich dich an mich fesseln muss, ich will mich an dich binden.", weiß ich selbst nicht genau ob das eine Versprechung oder eine Drohung war.

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