Vier

171 26 3
                                    

Als Tim erwachte, stand die Sonne noch kaum am Himmel, der Hahn hatte gerade zum ersten Mal gekräht, doch er war kaum mehr müde, deswegen hiefte er sich hoch, sah aus dem Fenster und grinste in sich hinein, als er Bewohner schon an seinem Fenster vorbeigehen sah, die zu ihren frühen Berufen aufbrachen; er sah zwei Herren der Miliz an sich vorbeigehen, und hinter ihnen eine Blonde Person, die die gleiche Rüstung wie die beiden trug, neben ihr ein weiterer Kämpfer der Miliz.
Die blonde Person tat Tim leid, und er seufzte leise auf, als ihm wieder einfiel, wer genau diese Person denn war.
In Leben gab es die verschiedensten Gottheiten, und diese Person war eine davon. Der heilige MaudadoLP ohne LP, scheinbar, dessen Religion die allermeisten anhingen, wenn sie denn in der Miliz waren- die Maudazei, wie sie auch genannt wurden. Dario Verzögerung war einer von ihnen, einer dieser Maudadisten, und einer von der ganz strengen Sorte, der für seine Gottheit sogar noch Sterben würde.
Tim hatte sich bisher noch zu keiner Religion äußern wollen, die waren ihm alle noch etwas suspekt; er wusste auch noch, dass alle zusätzlich zu ihren Hausgöttern noch an die Alten Gottheiten glaubten; zu viele Glaubensrichtungen, als dass Tim da noch durchschauen konnte; war ja aber auch nicht so wichtig, wenn er mit sich ehrlich war. Bisher hatte er ohnehin noch nichts zu den Religionen gesagt, und er hatte es auch ehrlich gesagt gar nicht vor. Er wusste auch nicht, zu welcher Religion Dominik Zone gehörte. Das wäre tatsächlich mal interessant, in Erfahrung zu bringen-
Und zum Thema Religionen, er sollte bald mal Herr Paluten aufsuchen, um diesen zu warnen, vor dem Gespräch, dass er gestern Abend belauscht hatte. Er würde es hassen, wenn sein Freund deswegen leiden musste. Aber Tim war zuversichtlich, dass er da helfen konnte.
Würde schon klappen.

Die Türe zu Palutens Haus stand offen, als Tim ankam, und die Stimmen hörte er schon, während er die Straßen entlanglief, und sich versuchte zu erinnern, was genau gestern Abend gesagt wurde; ein Schluchzen hallte durch die Straße.
Er klopft, nach seinem Fußmarsch, trotz dem die Türe offenstand. Er wollte sich ja keine schlechten Manieren nachsagen lassen, von den wütenden Bewohnern Lebens. Also klopfte er, und als er keine Antwort bekam, außer ein Schluchzen, da befürchtete er, dass er zu spät kam.
„ Herr Paluten? Herr.. Paluten?", fragte er, und das Schluchzen aus der Küche war Antwort genug, er zuckte zusammen und folgte dem Geräusch; Paluten saß am Tisch, den Kopf in die Hände gestützt, schluchzend. Neben ihm, Herr Reyst, der sanft auf ihn einsprach, aufsah, als Tim den Raum betrat.
„ Herr Bergmann", sagte der Brünette Hüter ruhig, lächelte dann sanft, aber in seinen Augen lag Müdigkeit und Trauer, „Ich nehme an, Sie haben von... dem Mord gehört", sagte Reyst, und Paluten schluchzte wieder auf, der Kleinere sah vollkommen fertig aus, schüttelte sich und krallte sich in den Arm Reysts'.
„ Ich- ja", sagte Tim, etwas überfordert, setzte sich ebenfalls auf einen Stuhl; dass dieser nur drei Beine hatte verwunderte ihn nur noch wenig.
„ Ich fass es nicht! Warum denn Edgar! Er hat doch nie jemandem was getan! Warum?", schluchzte Paluten auf, und Tim räusperte sich, als der Dunkelhaarige weitersprach, „Welcher Unmensch würde denn so etwas tun? Tim-"
Der Redakteur fuhr sich durch die Haare, zögerte dann ganz kurz; er war sich nicht sicher, aber dann hatte Paluten Edgar so sehr geliebt- und auf der anderen Seite hatte der Sanfte Edgarianer ja immer ein gutes Verhältnis zu Herr Inside gehabt.
„ Tim, weißt du was?", fragte Paluten wieder, und die Verzweiflung in den dunklen Augen brachten den Blonden dann doch dazu, zu schildern, was er gestern Abend gehört hatte.
„ Aber- Rewi und ich", flüsterte der Brünette dann leise, und Reyst räusperte sich leise, legte dem Anderen die Hand auf die Schulter.
„ Hey, Patrik. Ist doch noch gar nicht sicher, ob es wirklich Herr Inside war", flüsterte der Hüter sanft, aber irgendwas daran störte Tim; an diesem Satz, an Reyst's Art, jenes zu sagen, „Komm, wenn du magst, rede ich einmal mit ihm. Meinst du nicht?"
Paluten nickte sanft, sah den Hüter vor ihm mit verklärtem Blick an; Tim sah sich gezwungen, wieder auf sich aufmerksam zu machen, denn er wollte nicht wirklich bei etwas stören. Er hustete kurz, und Palutens Blick wurde wieder klar, er nickte Tim dankbar zu, mit etwas roten Wangen.
„ Danke, dass Sie mir Bescheid gegeben haben, Herr Bergmann.", sagte er, „Ich.. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken kann.", fügte der Brünette hinzu, und Tim rieb sich den Nacken, war er noch nie jemand gewesen, der gerne Dank annahm.
„ Keine Ursache, Herr Paluten", sagte er, wollte fortfahren, doch der Andere unterbrach ihn mit einem Lächeln.
„ Bitte, Patrik", sagte er, und Tim lächelte, verabschiedete sich dann, ging zügig durch die Gassen des Städtchens, und beschloss, noch einmal kurz am Laboratorium von Fräulein Histories und ihren Mädchen vorbeizugehen; er wollte sehen, ob sie etwas gegen Müdigkeit hatten, wenn er heute an der Zeitung weiterarbeiten wollte; zwar hatte er mit der ersten Ausgabe überraschend gut verdient, aber sein Mitarbeiter wollte auch bezahlt werden, und dann hatte er ja auch überlegt, ob er nicht einmal Dominik Zone einladen wollte, um diesen noch ein bisschen besser kennenzulernen.
Dominik Zone; er fuhr sich über das Handgelenk, und ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er an den Anwalt dachte, der seinem Freund von daheim so unähnlich und gleichzeitig so gleich war; irgendwie war es aber auch so, dass ihm der Gedanke an Dominik einen Schauder über den Rücken schickte. Keinen unwohlen, einfach einen, bei dem er nicht verstand, warum er da war. Aber er hatte ja gestern Abend schon so komisch auf den Brünetten reagiert; wäre das nicht Dominik, sondern eine junge Frau, so hätte er gesagt, er sei in den Anwalt verliebt, aber das war- zwar nicht unmöglich, aber bei Dominik doch ziemlich abwegig.
Nun wäre es ja nicht so, dass Tim davor nicht auf andere Männer einen Schwarm hatte, aber zuhause war das egal geworden, denn da gab es ja Marie.
Marie-
Vergessen waren die Mädchen von Fräulein Histories, vergessen war sein Gang zum Labor, vergessen war die Umwelt. Tim sank in einer Türe in sich zusammen, als Bilder auf ihn einströmten; bis gerade eben hatte er seine Freundin aus seiner Zeit vollkommen verdrängt gehabt; bis gerade eben hatte er vollkommen vergessen, dass es Marie überhaupt gegeben hatte, und dass er eigentlich ihr treu sein sollte. Und was machte er? Ging hin und reagierte so stark auf jemanden, der sein bester Freund sein sollte, und nicht mehr. Nie mehr.
Wie hatte er Marie jemals vergessen können? Wenigstens konnte sie ihn nicht vermissen, er hatte sich von Manuel erklären lassen, wie das daheim funktionierte. Bei ihnen lief die Zeit nicht weiter, solange sie in der Vergangenheit waren. Trotzdem...
Er hatte Marie vergessen und sich stattdessen in den ersten verschaut, der da des Weges lief; und dass das nun eben Dominik gewesen sein sollte; er war wütend auf sich selbst.
Verdammt, was genau war denn mit ihm los, dass er es fertig gebracht hatte, nicht nur seine langjährige Freundin zu vergessen, sondern sich auch noch- wohlmöglich- in seinen langjährigen besten Freund zu verschauen. Er konnte es nicht fassen, lehnte einfach in der Türe irgendeines Hauses und war sauer.
In diesem Zustand konnte er auf keinen Fall zu Fräulein Histories, die würde ihm am Ende noch einen Beruhigungstrank aufschwatzen, und darauf konnte er gerade eigentlich ganz gut verzichten; durch diese Wut, und den Schmerz, da musste er jetzt durch, er hatte es nicht anders verdient, ganz ehrlich.
Mit schlaffen Schritten machte er sich nach einiger Zeit auf, zurück zu seinem Haus; er hatte keine Nerven mehr für irgendetwas, und es half auch nicht, dass er auf dem Rückweg der Person begegnete, die er am wenigsten von allen Bewohnern leiden konnte, traf. Manuel Elpeh.
Er war dem Sektenführer ja aus dem Weg gegangen, doch als dieser ihn jetzt sah, kam er lächelnd auf den Redakteur zu. Das Lächeln, das Tim immer Unbehagen bereitete.
„ Na, Herr Bergmann, Was machen Sie denn für ein Gesicht, wie sieben Tage Regenwetter?", fragte der Brünette, und Tim wollte sich schon abwenden, doch der Andere hielt ihn am Ärmel fest, lächelte wieder, „Es ist unhöflich, nicht zu antworten"
„ Fahr zum Teufel, Manuel", fauchte Tim, hatte er keine Nerv für irgendetwas gerade.
„ Nanana, wenn Du dich nicht zügelst, sehe ich mich gezwungen, zu Herr Verzögerung zu gehen und dich wegen irgendetwas anzuschwärzen", säuselte Manuel Elpeh, „Du weißt doch, der wartet nur darauf, dich wegen irgendetwas dranzukriegen", fügte der Brünette hinzu, und Tim stöhnte genervt auf, verschränkte die Arme.
„ Was willst du, Manu?", fragte er, fuhr sich durch die Haare; sah Manuel nicht, dass er fertig war, oder wollte er es nur nicht sehen; das musste Tim ihm lassen, es war klug vom Brünetten, sollte er ihn nur ansprechen, weil er wusste, dass Tim ihm alles geben würde, nur um seine Ruhe zu haben.
„ Warum sollte ich dich immer nur ansprechen, wenn ich etwas will? Aber, ja.", sagte der Sektenführer, wippte leicht auf den Fußballen nach vorne, „Also. Hör mir zu, ich will nur, dass du dich um diesen Anwalt kümmerst", sagte Manuel, „Fang' meinetwegen etwas mit ihm an, oder was auch immer, aber schau zu, dass du ihn von Verzögerung wegbekommst."
Tim lachte trocken auf, schüttelte ungläubig auf. Den Hass Manuels auf Dario Verzögerung verstand er nicht, und würde er vermutlich auch nie verstehen.
„Nein", sagte der Redakteur, auch wenn sein Bauch einen Looping machte, „Manuel, falls du es vergessen haben solltest, ich habe eine Freundin"
„ Das hat dich gestern Abend aber wenig gestört", sagte der Brünette abwertend, und Tim setzte an, sich zu verteidigen, doch da war Manuel Elpeh schon in einer Seitenstraße verschwunden.
Tim setzte den Weg nach Hause fort.


Und wieder was kürzeres, dafür mit viiiiieeeel Gefühl.
Kommentare und Votings sind wie immer gerne gewünscht, ich wünsche euch noch einen schönen Resttag!
-Johanna.

Timetraveller.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt