Neun

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Grünliche Augen sahen angsterfüllt auf ihn herab, und Tim fühlte sich schwindelig, als er an der Schulter gepackt wurde, und hin und her geschüttelt wurde; er fühlte sich, als würde sein Gehirn wiederholt gegen seinen Kopf klatschen, und als müsse er sich gleich übergeben. Seine Kehle fühlte sich ausgedörrt an, als er versuchte, ein paar Worte zu krächzen. Nicht viel kam heraus, aber genug, dass er nicht mehr geschüttelt wurde, sondern vorsichtig wieder in sein Bett gelegt wurde, eine sanfte Hand durch sein Haar fuhr, über seine Wange.
Er schloss seine Augen erschöpft, schmiegte sein Gesicht etwas an die Hand an, die ihm da geboten wurde, seufzte einmal auf, als ihm ein kalter Lappen auf die Stirn gelegt wurde.
„ Was machen Sie nur für Sachen, Herr Bergmann?", fragte Dominik Zone ihn leise, „Da trau'ich mich kaum mehr, sie mal alleine zu lassen.", fuhr er fort, und obwohl er gleich einschlafen würde, öffnete Tim seine Augen noch einmal, schwermütig. Der Anwalt war über ihn gebeugt, lächelte sanft, und Tim konnte nicht umhin, ein weiteres Mal die Schönheit dieses Mannes zu bewundern, der ihm jetzt so nah war.
„ Dominik", krächzte er tonlos, kaum hörbar, lächelte dann vorsichtig, „Tut mir leid", fügte er hinzu, zuckte dann zusammen, als eine Türe ins Schloss fiel, dann jemand an sein Bett kam; er konnte sich nicht drehen, also schloss er einfach wieder die Augen.
„ Dario, du kannst hier nicht einfach reinkommen. Ich spiel gleich mit dir, ja?", flüsterte der Anwalt, „Nein, Selfie kann nicht zu Tim. Der ist sehr krank."
Die Schritte entfernten sich, und Tim lehnte sich nach oben, nur um direkt wieder ins Bett gedrückt zu werden; sanfte Hände fuhren durch seine Haare.
„ Werde bitte schnell wieder gesund, Tim. Der Doktor kommt später wieder vorbei, und schaut nach dir. Herr Hirn macht das sehr gut, keine Angst. Ich bringe... Ich bring dir später was zum Essen vorbei, ja?"
Tim nickte nur sanft, es war ihm zu anstrengend, auch nur zu antworten, sein Kopf pochte wieder, ihm war so heiß. Er drehte den Kopf so, dass er Dominik ansehen konnte, ihn anlächeln konnte. Der Anwalt erwiderte das Lächeln vorsichtig, räusperte sich dann.
„ Werd schnell wieder gesund, Tim", wiederholte er, dann schloss sich die Türe mit einem leisen Klacken, und er hörte, wie Dominik die Treppe hinunter rannte, hörte das Lachen der Kinder, und dann ein leises Zischen. Er zuckte zusammen, als jemand auf sein Bett kletterte, sich an ihn rankuschelte; wieder drehte er den Kopf leicht, lächelte breit, als er den kleinen Selfie an sich sah, der ihn aus großen Augen ansah, einen Schmollmund machte.
„ Tim Arm?", fragte er mit zitternder Lippe, und der Blonde nickte, ließ es zu, dass das Kind mit unter seine Decke kletterte, sich glücklich an ihn kuschelte, schnurrte, während Tim ihm durch die Haare strich, „Ich hab dich lieb", murmelte der Kleine, und der Redakteur verschluckte sich fast, brachte dann aber ein winziges Lächeln zustande, schloss die Augen. Sein Kopf brannte, schrie fast vor Schmerzen.
Und mit Selfie, der sich an ihn kuschelte, als würde er ihn wirklich lieben, schlief Tim wieder ein, ohne dieses Mal in solch furchtbare Albträume zu fallen. Nein, dieses Mal schlief er einfach nur, um wieder gesund zu werden.

Gesund werden stellte sich als schwieriger heraus, als er es sich vorgestellt hatte, in dieser Zeit; denn, egal wie oft er Herr Hirn, dem hier zuständigen Arzt, erklärte, dass er sicher nur Fieber hatte, der Mediziner wollte immer wieder eines seiner Experimente an Tim ausprobieren, oder zumindest noch Schwindsucht bei ihm diagnostizieren. Und wenn schon das nicht, dann mindestens eine Armamputation durchführen; himmel, es ging soweit, dass Dominik ihm angeboten hatte, Leute der Amenokirche zu bitten, ihn einmal anzusehen, oder am Ende sogar welche der Maudadisten. Aber das hatte der Redakteur entschlossen abgelehnt, er würde sich von keiner dieser Sekten behandeln lassen, wer wusste, was diese mit ihm anstellen würden. Nein, er lieferte sich lieber Auseinandersetzungen mit Herr Hirn, der ihm schließlich eine Wasserkur verschrieben hatte, mit warmen Wasser. Da das besser klang, als den Arm abgeschnitten zu bekommen, willigte Tim ein.
Auch wenn das bedeutete, dass er jetzt in seinem Sessel saß und ekelhaftes, warmes Wasser trinken musste. Wenigstens konnte er sich sicher sein, dass es garantiert keimfrei war, so abgekocht, wie es war.
Dominik saß ihm gegenüber und brütete über irgendwelchen Papieren, während die Kinder außen mit Herr Paluten herumtollten. Er konnte ihr Lachen aus dem Garten hören, und zuckte instinktiv zusammen, als er sich zurückerinnerte; er wusste zwar nicht mehr, wie er krank geworden war, aber er wusste, dass Herr Paluten damit etwas zu tun hatte. Was auch immer, sagte er sich, er würde es wieder erfahren, irgendwie- Irgendwann. Schaudernd nahm er einen weiteren Schluck des warmen Wassers, verzog dabei das Gesicht zu einer Grimasse, die den Anwalt ihm gegenüber zum lachen brachte.
„ Du sollst doch arbeiten, nicht mich anschauen", schalt er Dominik lachend, der die Augen verdrehte, ihn dann sanft anlächelte.
„ Dein Gesicht anzusehen ist mir aber deutlich lieber, als noch mehr Anklagen gegen die Herren der Mafia zu lesen, die ich verteidigen soll.", murmelte der Brünette, seufzte dann, „Das ist eine gottlose Stadt geworden, Tim."
„ Obwohl es hier so viele Sekten gibt?", fragte Angesprochener leise nach, und kurz war es ruhig, Dominik sah wieder auf seine Zettel hinab.
„ Ja, obwohl es das gibt. Weißt du, niemand hier ehrt mehr die Alten Götter; wir haben so viele Sekten hier, Dario selbst ist Anhänger des Maudadismus, und Manuel hat die Triforcianer in seiner Gewalt; Herr Paluten ist ein Edgarianer, der Richter gehört zu Ameno- und mit Fräulein Schmidt haben wir sogar Christen in unsere Gemeinde", sagte Dominik, schüttelte sich bei dem bloßen Gedanken, sah dann Tim aus seinen grünen Augen an, „Sag mir, wie hast du's mit der Religion?"
Eine Stille trat ein, in der Tim das Gesagte verarbeitete. So viele Religionen, von denen er noch nie gehört hatte, und unter allem eine, die bei ihm daheim zur Norm gehörte, und von der Fräulein Schmidt scheinbar Anhängerin war- das Christentum.
Er zögerte eine Sekunde, bevor er dann so wahr antwortete, wie es ihm möglich war.
„ Bei mir daheim ist Christentum die Norm, aber ich bin atheistisch. Wie stehst du dazu?"
„ Mein Glaube gilt den Alten Göttern.", sagte der Anwalt nur schlicht, „Vielleicht solltest du das Fräulein einmal mit zu dir nehmen", sagte Dominik dann leise, „Wobei ich hoffe, dass du noch lange bleiben wirst, Tim."
Der Blonde nickte nur, trank wieder von seinem Wasser und schauderte ein wenig, setzte den Becher dann wieder ab und sah aus dem Fenster.
„ Diese Alten Götter.", sagte Tim leise, „Erzähl mir was über sie. Wer sind Sie, was sind ihre Ansichten. Bitte, erzähl mir.", wiederholte er, und schaute nicht schlecht, als der Anwalt neben sich auf das Sofa klopfte, Tim dann etwas an sich zog, bevor er leise begann, zu erzählen.


Hallo. Ich wollte eigentlich eine Woche aussetzen, aber ich bin so greedy für Feedback (also schreibt mir alle welches, huehue.)
Hier haben wir mitunter eine meiner Lieblingsstellen, und,,, ya know,,, Faustzitate und alles.
Was noch? Nichts, glaube ich.
Meinungen, Kommentare, Votings- haut es alles raus, danke.
- Johanna.

Timetraveller.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt