Neunundzwanzig

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Die Tage zogen sich hin und da er nur in der Dunkelheit hinauskonnte, stellte sich alles als etwas schwieriger heraus, als er es zuerst geplant hatte. Doch einen Besuch bei Fräulein Histories wollte er sich dann doch nicht nehmen lassen; dort fand er auch Fräulein Schneegeistchen vor, und - zu seiner Überraschung - auch Fräulein Schmidt, die blasser als sonst war und sich alle paar Minuten den Bauch hielt.
„ Ich hoffe, ich störe die Damen nicht", sagte er, lächelte die Apothekerin freundlich an, die ihn nur mit einem schelmischen Grinsen bedachte.
„ Nun kommen Sie doch herein, Herr Bergmann. Und schließen Sie die Türe, wir wollen doch nicht, dass die Maudazei Sie sieht", fügte sie hinzu, seufzte leise, „ Die beiden Damen hier haben mir Gesellschaft geleistet, während ich den Medizinschrank umgeräumt habe. Wenn Sie ein wenig Frauengeschwätz gut haben können, dann dürfen Sie gerne bleiben", sagte sie und Tim lachte, nahm gegenüber von Fräulein Schmidt Platz.
Das Gesicht der Brünetten zierte ein hässlicher Bluterguss, der unter dem Auge anfing und sich über die gesamte Wange zog; Tims Herz zog sich zusammen, als er daran dachte, woher die Verletzung kam.
„ Fräulein Schneegeistchen", sagte er schnell, wendete sich der verwirrten Frau zu, die ihn mit großen Augen ansah, dann in die Hände klatschte, „Alles - Alles in Ordnung?"
„ Ja! Mir ist gerade etwas eingefallen - ich hatte eine Vision, dass ich Ihnen die alte Sprache beibringen müsse", sagte sie, „Ich hatte eine Vision, dass das noch wichtig sein würde und wenn Sie möchten, dann lehre ich Ihnen alles, was ich kann!"
Cassandra, dachte Tim, lächelte dann sanft, nickte, wandte sich dann an Hazellyn.
„ Wann soll das Kleine eigentlich kommen?", fragte er und sie sah hoch, ihn an.
„ Nächste Woche schon", sagte sie leise, „Oder in zwei", fügte sie hinzu, strich sich über den Bauch, zuckte dann zusammen, als es an der Türe klopfte. „Verstecken Sie sich, Bergmann", zischte sie und Tim tauchte ab, als Fräulein Histories die Türe öffnete und Herr Sepp davor stand.
„ Guten Tag, meine Damen", sagte er und Tim beobachtete, wie Sepp hineintrat, sich umsah, „Ich komme wegen unserer Lieferung - oh, Fräulein Schmidt", sagte er dann und der Redakteur zuckte zusammen, als der Soldat die Frau anspuckte, „Sie sollen auch noch beim Hauptmann vorbeischauen", sagte er.
„ Fräulein Schmidt geht nirgendwo hin!", sagte Fräulein Histories aufgebracht und noch nie war Tim Sarah dankbarer gewesen, „Sie steht kurz vor der Entbindung."
„ Mit ihrem Glauben wird ihr eh niemand helfen", sagte Sepp, riss der Apothekerin dann die Schachtel aus der Hand, „Fräulein Schmidt, Sie können freiwillig mitkommen oder wir lassen Sie abholen", sagte der Brünette und Tim war bereit, sich vor die Hexe zu werfen, wenn Sepp auch nur eine falsche Bewegung machen sollte, doch sie war schon aufgestanden.
„ Ich komme mit, aber wenn Sie meinem Kind auch nur etwas antun, dann werden Sie sich wünschen, nie, nie -", begann sie, stockte dann, „Ich komme mit", flüsterte sie, hielt sich den Bauch, „Kathrin, begleiten Sie mich?", fragte sie und dann war es still.
Tim sah aus seinem Versteck hervor und sprang auf, als er Fräulein Histories dort stehen sah, komplett verwirrt.
„ Tim, ich verstehe nicht - Was ist nur in sie alle gefahren?", fragte sie, „Dario ist grausam geworden und sogar Sepp - sie richten sich gegen alle! Gegen Ameno und die Edgarianer und die Christen!", sagte sie blass, „Sonst sind sie nicht so - Oh, Tim, ich fürchte mich so", sagte sie und er legte den Arm um sie.
„ Sie sollten sich hinlegen", sagte er, „Ruhen Sie sich aus, Fräulein Histories. Dann wird es ihnen sicherlich bald besser gehen. Dann wird dieser Horror sicher bald vorbei sein."

Der Horror, der die ganze Stadt gepackt hatte; während Tim sich wieder nach Hause schlich, wurden die Veränderungen in der Stadt überdeutlich. Niemand war draußen, die meisten Fenster waren geschlossen, sogar der Markt war leer, nicht mal Lichter brannten mehr außen, nur das Gebäude der Maudazei warf seinen Schatten hell, der Spruch war mehr als deutlich zu lesen. Was war nur mit dieser Stadt los?
Er vergrub sich in Studien, las die Bücher, die ihm Fräulein Schneegeistchen zukommen ließ, bis er die Sprache der Maudazei verstand; die Verhandlung rückte immer näher und jeden Tag beratschlagte er mit Dominik, der ihm die Neuigkeiten der Stadt brachte - der Markt war wieder offen, doch von Fräulein Schmidt hatte man schon seit Tagen nichts mehr gesehen, doch laut Fräulein Histories war sie wohlauf. Die Maudadisten verschanzten sich in ihrer Burg und Ameno schien irgendetwas zu planen, während sie darüber berieten, wie sie Tims Unschuld beweisen konnten; die Aufgaben waren ihr wichtigster Anhaltspunkt. Schließlich hatten sie alles beisammen -
Und dann klopfte es.
„ Bergmann, öffnen Sie die Türe!", schrie es von außen und Tim war von Wut erfüllt, für eine Sekunde. Dario Verzögerung.
„ Ich gehe", sagte Dominik und Tim konnte sie vor der Türe streiten hören, dann kam Dominik mit roten Wangen ins Wohnzimmer, „Er will nur mit dir reden - aber, Tim", flüsterte er, „Dario ist wieder anders", sagte er, zuckte dann mit den Schultern.
„ Was wollen Sie, Verzögerung?", fragte Tim und der Rothaarige zuckte zusammen, sah ihn aus großen Augen an. „Was wollen Sie hier? Unsere Verhandlung ist erst in drei Tagen, nicht? Also, was suchen Sie hier?", fragte Tim, dachte daran, dass Dario Hazellyn Schmidt geschlagen hatte.
„ Herr Bergmann - Tim", begann Dario, mit dunklen, sorgenvollen Augen, „Ich möchte dich.. Gehen wir ein Stück?", fragte der Hauptmann, kratzte sich verlegen am Nacken. Dominik hatte Recht - Dario Verzögerung war anders als noch die letzten zwei Wochen; der entschlossene Zug war verschwunden und hatte einer müden Expression Platz gemacht.
„ Ich wüsste nicht, wieso", sagte er und dachte daran, dass er noch gedacht hatte, dass Dario und er Freunde werden könnten; „Sollten Sie sich nicht woanders sein und mit anderen Leuten reden? Sich womöglich bei Fräulein Schmidt entschuldigen?", fragte er und für eine Sekunde war da wieder der wütende Ausdruck auf Darios Gesicht.
„ Um diese Ketzerin kümmere ich mich später noch", sagte er schlicht, schüttelte dann den Kopf, „Ich meine - Tim. Ich habe die Verhandlung abgesagt", sagte Dario schlicht, setzte sich auf eine Bank, bedeutete dem Redakteur, sich neben ihn fallen zu lassen, „Ich habe die Verhandlung abgesagt - ich weiß, du bist nicht der Spielemeister. Ich weiß nicht, was da über mich gekommen ist", sagte der Hauptmann, „Und es tut mir leid, dass wir dich in das Gefängnis geworfen haben. Die letzten Wochen waren nervenaufreibend für uns alle, und da kann man schon mal über die Stränge schlagen", sagte der Rothaarige.
„ Jeder, aber nicht du, Dario", flüsterte Tim, „Hazellyn Schmidt hätte ihr Kind verlieren können; Dario, du hast eine Frau geschlagen", sagte er, „Du bist der Gesetzeshüter, die Leute sollten dich nicht fürchten."
„ Ich weiß nicht, was passiert ist, in diesem Moment, Tim", sagte der Hauptmann, „Aber ich werde versuchen, alles gutzumachen, was es da gutzumachen gilt. Nur, ich habe eine Frage - kannst du mir verzeihen, Tim?"
Um die Antwort kam er herum, denn ein lauter Schrei gellte durch das Dorf- nur eine Frau schrie so; die, um die sich in Tims Kopf vieles drehte, weil sie ihm wichtig geworden war, seitdem er um ihren Zustand wusste. Seine mitunter beste Freundin aus Leben - Hazellyn Schmidt.
Dario lief schneller als er und so kam Tim erst dazu, als die Szene am Höhepunkt zu sein schien; und sein Hass auf die Maudazei glomm erneut auf. Denn vor ihrem Haus standen Herr Lawrence und die Hexe, während in ihrem Haus Geschrei zu hören war, und eine Rauchfahne aufstieg; schließlich kam Herr Lucas Castair hinaus- ein untersetzter, blonder Mann-, dicht gefolgt von Valya, einem dunkelhaarigen Mann mit schlimmen Bart, beide mit diesem Blick, den zuletzt Dario Verzögerung hatte; in der Hand hielt Herr Castair ein schwarzes Stück Holz, dass sich bei näherem Hinsehen als ein kaputtes Kruzifix entpuppte.
„ Nimm das, Ketzerin!", schrie Valya und Tim sah den Hauptmann von der Seite.
„ Tu was!", fauchte er Dario an, doch der sah ihn nur müde an, schüttelte dann sanft den Kopf und drehte sich um, ging den Weg, den sie gekommen waren hinab, während Castair und Valya die Frau weiter schikanierten.
„ Stopp!", schrie er nun selbst, trat nach vorne, „Herr Castair, Herr Valya - sie können jetzt gehen", fauchte er und die Männer sahen sich um, schmissen dann zu Tims Verwunderung wirklich das Kruzifix weg, gingen scherzend weg.
„ Herr Bergmann."
„ Fräulein Schmidt", sagte er und die Brünette sah ihn an, ihre Hände schützend um ihren Bauch gelegt, „Sind Sie wohlauf?", fragte er und Hazellyn Schmidt lächelte, dann trat sie auf ihn zu und umarmte ihn.
„ Danke für alles", flüsterte sie, „Ich danke Ihnen so sehr für alles, Herr Bergmann", wisperte sie und er erwiderte die Umarmung sanft, „Wirklich. Ohne Sie würde hier etwas fehlen", sagte sie und er lächelte sanft.
„ Ich bin immer zu Diensten, Fräulein Schmidt", sagte er, nickte dann dem blonden Zimmermann zu, „Ich sehe Sie, Herr Lawrence", sagte er, entfernte sich dann von diesem Geschehen. Die beiden würden sicher Ruhe brauche, und er wollte Dominik die Nachricht bringen, dass die Verhandlung abgesagt worden war; er drehte sich noch einmal um, winkte Fräulein Schmidt zu, die die Hände noch immer schützend auf ihrem Bauch war. Er war sehr gespannt, was es sein würde; er konnte sich Hazellyn gut als Mutter vorstellen. Vielleicht wäre er noch länger geblieben, hätte er gewusst, dass er Fräulein Hazellyn Schmidt nie wieder sehen würde.


Oh shit here comes that foreshadowing!
Wir sind jetzt echt schon weit gekommen, nicht? Und die Maudazei dreht völlig durch; und wir haben die 2K, was echt gut ist! (ich sag nicht, dass ich sad bin aber die Zahl ist ganz nett, auch wenn ich gern mehr hätte... anyways.)
Der zweiwöchige Rythmus ist für mich leichter.
Meinungen? Schreibts mir in die Kommentare!
- Johanna.

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