Fünfzehn

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Der nächste Tag brach strahlend und für Tim mit Kinderfüßen im Rücken an; in der Nacht hatte Pepe einen Albtraum gehabt, und so war der Kleine in ihr Bett gekrochen.
Tim streckte sich, während er darauf Acht gab, das alle Kinder ihr Frühstück aufaßen, nachdem sie unbedingt die neuen Leute sehen wollten, die jetzt in ihrer Stadt leben wollten; er lächelte, dachte daran, dass es fast schon schade war, dass seine Kinder bald wieder groß sein würden; immerhin hatten sie noch die Erinnerungen.
„ Tim", krähte in diesem Moment Manuel, brachte seine Aufmerksamkeit zurück, „Liest du mir was vor?"
„ Ja, vorlesen!", fiel Tourist mit ein, kicherte, und Tim sah mit aufmerksamen Blick darauf, wie sie Dario anstupste, die Arme um ihn warf, der sie abschüttelte, mit einem „Ih Mädchen!", was sie aber nicht davon abbrachte, ihn anzustrahlen; Selfie ließ sich von Pepe Huckepack durch das Wohnzimmer tragen, und es fiel Tim wirklich, wirklich schwer, den Kopf zu schütteln, die Kinder dann anzuhalten, aufzuessen.
„ Vielleicht später. Aber los, wenn ihr nicht fertig seid, wenn Dominik von der Kanzlei nach Hause kommt, dann bleibt ihr daheim, wenn wir die Neuen Leute begrüßen gehen", sagte er, mit falscher Strenge, doch es zog, die Kinder setzten sich wieder brav hin, und aßen. Kurz war es still, dann gingen die Tischgespräche schon wieder weiter, und Tim lauschte nur, wie sie sich ab und zu in die Haare bekamen; wenn es zu schlimm wurde, schritt er ein, doch mit den Gedanken war er woanders; bei einem neuen Artikel für die From the Future nämlich, er plante für sich einen Artikel, der sich mit den Neuen Bewohnern befassen sollte; ein weiterer Grund, warum er die Leute besuchen würde. Und, natürlich auch, um Dominik einen Gefallen zu tun, der ja immer begeistert von neuen Leuten war; Tim fragte sich, ob der Anwalt nur Gefallen an ihm gefunden hatte, weil er neu gewesen war, in diesem kleinen Dorf, weil er Aufregung herein gebracht hat. Aber wenn das stimmen würde, dann hätte Dominik sich nicht in ihn verliebt; er war nicht der erste Neue in dieser Stadt gewesen, das war Manuel Elpeh gewesen, und der Anwalt war schließlich nicht in ihn verliebt. Soweit er wusste, dachte Tim, lachte leise in sich hinein; er beschloss, dass er die Kinder ruhig einmal allein im Haus lassen konnte und ging nach außen.
Über Nacht schien der Frühling in Leben angebrochen zu sein, kam es ihm vor. Es war davor schon stets warm gewesen, und ab und zu hatte auch die Sonne geschienen, aber nie so heftig wie heute; sein Hemd kam ihm fast zu warm vor, doch er hatte momentan keines mit kurzen Ärmeln. Er würde Dominik bitten müssen, notierte er sich in Gedanken, zuckte zusammen, als er laute Stimmen aus dem Nachbarshaus hörte, dann die Türe aufflog und ausgerechnet Patrick hinausstürmte, während Richter Unge in der Türe stand, und Herr Reyst dem Edgarianer nachstürmte, Tim gar nicht zu bemerken schien.
Dafür bemerkte ihn aber der Richter, der leise zu seufzen schien.
„ Hallo, Richter Unge", sagte der Blonde ruhig, ging etwas näher an den Richter heran, „Sie sehen geschafft aus- Stress mit den Klienten?", fragte er, und Unge nickte sofort, schüttelte dann leicht grinsend den Kopf.
„ Ach, Herr Bergmann, dieses Dorf bringt mich noch ins Grab. Jetzt haben Herr Reyst und Herr Paluten sich doch nicht abgesprochen bei der Verhörung!", sagte er, und Tim stutze, hob fragend eine Augenbraue. Wie hatte er die Neuigkeiten einer Verhörung verpassen können? Und wer hatte diese berufen- oder auch nicht?
„ Wie, Sie wissen nichts davon? Herr Reyst hatte mir versprochen, Sie seien Benachrichtigt worden. Unglaublich. Nun, dann erzähle ich es Ihnen eben; Herr Reyst hat den Herr Inside angezeigt, weil dieser Palutens Schwein ermordet hat, scheinbar. Und dann kam gerade Paluten in mein Haus und erklärte mir, dass das sofort zurückgezogen werden soll. Eigenartig, nicht?", fragte der Richter, und Tims Gehirn begann zu rattern, das klang an sich wie eine super Story für die FtF, aber er wollte mehr wissen, also würde er wohl mit allen Beteiligten reden müssen, sobald er die Zeit hatte, „Hallo, Herr Bergmann? Sind Sie noch da?", fragte der Richter, und eilig nickte der Redakteur, kratzte sich etwas am Kopf.
„ Ich bin nur geschockt, dass Herr Reyst mir nichts erzählt hat- nun gut, ich entschuldige mich, Herr Richter, denn ich sehe gerade, Dominik kommt nach Hause, aber ich danke Ihnen für diese Info", sagte Tim, wandte sich um, zum Brünetten, der an ihrem Tor lehnte- ihrem Tor, dachte er, ein kleines Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er Unge stehen ließ, mit großen Schritten auf den Anwalt zuging, der zurücklächelte, „Hallo."
„ Du brauchst nicht immer so begeistert aussehen, wenn du mich siehst", sagte Dominik mit leicht roten Wangen, und Tim grinste noch etwas breiter, bis eine Stimme hinter ihm- der Richter- auch ihm das Blut in die Wangen trieb. Er hatte gewusst, dass der Richter sehr gut darin war, Leute verlegen zu machen, doch so hatte er das nicht aufgefasst.
„ Ich frage mich, wie die Kinder es bei Ihnen beiden aushalten, wenn Sie sich so ansehen", lachte Unge, dann fiel eine Türe ins Schloss, und Tim hüstelte verlegen, rieb sich den Nacken, der sicherlich knallrot war, genauso wie seine Wangen. Dominik sah ihn ebenfalls nicht an, und sie standen bestimmt zwei Minuten so peinlich berührt nebeneinander, bis von innen ein Scheppern zu hören war. Er zuckte zusammen, sah Dominik kurz an, und lächelte dann.
„ Wir sollten wohl mal nach innen schauen, nicht?", murmelte der und Tim nickte, auch wenn seine Wangen noch immer glühten; Himmel, er hatte gedacht, früher seien die Leute prüde gewesen, und nun sowas. Mit einem leichten Kopfschütteln folgte Tim dem Anwalt ins Haus hinein.
Dario und Pepe saßen auf der Couch und taten sehr artig, während Manu sich nicht mal blicken ließ, und Tourist noch in der Küche war, mit dem kleinen Selfie auf dem Schoß, der aufsprang, sobald er Tim und Dominik sah, die kleinen Arme ausstreckte.
„ Dominik Arm!", krähte er, und der Brünette lachte leise, warf Tim dann einen kurzen Blick zu, „Sag mal, Selfie? Warum hat es denn gerade so gescheppert?", fragte er, und der kleine schien kurz zu überlegen, dann strahlte er einfach wieder.
„ Manu hat einen Teller runtergeschmissen, aber Sarah hat ihn eingesammelt", sagte er und ein mehrstimmiges Stöhnen war von den anderen Kindern zu hören. Dominik seufzte leise auf, sah dann auf den Boden.
„ Na los, geht schon mal alle mit Tim nach außen, ich räum' hier kurz den Boden zusammen, dass ihr mir da nicht reinrennt", sagte er leise, gab das Kind an Tim weiter, der ihn nur mitleidig lächelnd ansah. „Manuel!"
Kleine Schritte aus dem Keller, dann war das brünette Kind schon nach außen gehuscht, was Dominik zum Lachen brachte. Tim konnte nicht umhin zu bemerken, wie hübsch er beim Lachen eigentlich aussah, doch diesen Gedanken schlug er sich hastig aus dem Kopf, Röte stieg ihm wieder in die Wangen. Hastig ging auch er nach außen, ließ Selfie nach unten und beobachtete dann, wie seine Kinder im Garten fangen spielten. Nicht seine Kinder... Die geschrumpften Bewohner eben, die Kinder. Nicht seine.
Selfie wurde von Pepe Huckepack getragen, während Dario Sarah scheinbar einen Vortrag über die verschiedenen Blumen hielt; das Mädchen hing an den Lippen des früheren - oder späteren? - Hauptmannes, und Tim konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dieses besserwisserische Kind. Er sah sich um, als ihm auffiel, dass eines der Kinder fehlte, und schrie im nächsten Moment auf, als kaltes Wasser auf ihn herunterklatschte. Er sah hoch und entdeckte Manuel auf dem Dach des Hauses, der ihn frech angrinste, sogar die Zunge herausstreckte.
„ Na warte, du kleine Kröte!", schrie er, sprang auf, mit klatschnassen Haaren, „Komm sofort runter, Manuel Elpeh!", rief er und der Junge verschränkte die Arme, schüttelte den Kopf; wutentbrannt stieg er also selbst auf das Dach hoch und packte den Jungen hinten am Hemd, der jetzt aufgehört hatte, zu lachen, stattdessen mit großen Augen hoch sah, „Was hast du dir dabei gedacht", flüsterte Tim gefährlich leise, und das Kind schluckte einmal, sah sich dann um. Aber auf so einem Dach gab es kaum Fluchtorte, so dass er schließlich einfach schluckte, auf den Boden sah. „Du kommst jetzt mit nach unten, junger Mann."
Dominik sah ihn überrascht an, als er nach innen kam, tropfend nass, und mit Manuel an der Hand.
„ Was ist denn jetzt passiert?", fragte der Anwalt ruhig, bedachte das Kind mit strengem Blick.

Doppelupdate, diese Woche!
Ich hab im Urlaub viel vorgearbeitete (na gut, grade mal 2.000 Wörter, aber...)
Und ich wollte dieses Kapitel gleich online stellen, weil ich finde, dass ihr lang genug gewartet habt. Also bedankt euch auch (lmao)
Meinungen, Anregungen, "AWW DIE KIDS?"-Kommentare? In die Kommentare damit!
- Johanna.

Timetraveller.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt