Sechsunddreißig

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Weiter striff Tim durch die Stadt in seinem Traum, lief am Hafen vorbei, sah einige Minuten auf die Schlossinsel der Maudadisten hinaus, bevor er weiter ging, am Rathaus vorbei, durch die Felder von Herr Saphirian, die eine große Fläche einnahmen; er stand einige Minuten vor dem Lebensbaum Herr Reysts, und wartete darauf, endlich aufzuwachen. Denn so ganz alleine war es langweilig in diesem Dorf, in das er irgendwie gestolpert war. Er konnte die Zeit nutzen, nachzudenken.
Das er hier weg musste, irgendwann, war ihm mittlerweile schon wieder klar; die drängende Stimme von Manu war ja da, und irgendwas sagte ihm, dass Cassandras Plan das auch beinhaltete, ihn hier wegzuschicken; wenn er ehrlich war, dann wollte er eigentlich nicht aus Leben weg, nicht weg von Dominik Zone, in den er sich irgendwie verliebt hatte, und nicht weg von Femke, seinem Findelkind. Er mochte Leben, es war etwas wie... wie Zuhause. Köln, die kleine Wohnung, war von Tag zu Tag mehr aus seinen Gedanken verschwunden, er sah sie schon lange nicht mehr als daheim an.
Leise seufzend setzte Tim seinen Spaziergang durch die Stadt fort, sah sich um, betrat noch einmal das leere Haus der Familie Schmidt; ein schmerzhaftes Ziehen machte sich in seiner Brust breit, die Frau war ihm hier eine gute Freundin gewesen, und es war furchtbar, dass es so hatte enden müssen; er schob eine Türe auf, die zur Stube führen sollte- und schrie.
Mitten in alten Tüchern, umringt von Büchern, saß eine Person, die jetzt zu ihm hochsah, die braunen Augen weiteten sich für eine Sekunde, dann sprang Dario Verzögerung auf, und Tim war schon lange nicht mehr so verwirrt gewesen, wie in diesem Moment, als der Hauptmann ihn in eine Umarmung zog.
„ Tim", sagte Dario atemlos, und Tim beschloss, dass er Dario Verzögerung nicht verstand, nicht leiden konnte und ihn am liebsten immer noch geschlagen hätte, für alles, was er getan hatte; aber er beschloss auch, dass er Dario Dario zu Liebe eine zweite Chance geben würde, „Tim", wiederholte der Mann, zog ihn näher an sich.
„ Herr Verzögerung- Dario.", erwiderte der Redakteur, immer noch etwas perplex, als der Hauptmann ihn ansah, mit leuchtenden Augen, ihn dann noch fester umarmte.
„ Bei Maudado, Tim", murmelte er, „Ich liebe dich", flüsterte Dario leise, und Tim beschloss, dass jetzt der richtige Augenblick war, sich zu Räuspern, einen Schritt zurück zu machen, den Rothaarigen genauer anzusehen.
„ Dario- was zur Hölle ist hier los?", fragte er, und so langsam beschlich ihn ein ungutes Gefühl, aber das war so albern, es machte doch alles überhaupt keinen Sinn, es machte doch keinen Sinn, wie sollte...
„ Ich hab mich noch mal in den Fall des Spielemeisters vertieft, Tim, und mir ist was komisches aufgefallen- und dann bin ich raus, und die gesamte Stadt war komplett leer. Niemand ist mehr da, und ich habe nur einen Zettel gefunden. Dominik wollte scheinbar in eine andere Stadt, um Medikamente zu holen, und er hat Femke mitgenommen, und-", stammelte der Maudadist, fuhr sich dann unsicher über das Gesicht, „Und ich war jetzt hier, weil ich dachte.. Vielleicht mit Magie.. Vielleicht kommen die Anderen dann zurück.", schloss er.
Tim setzte sich.
Es macht alles keinen Sinn, was Dario da erzählte; es konnte doch nicht sein, dass einfach jeder sein Amt niedergelegt hatte und verschwunden war. Allerdings, das würde die Ruhe in der Stadt erklären. Und hatten das nicht im Mittelalter einige Leute noch gemacht, wenn sie besseres Land dort gefunden hatten? Es machte somit auch Sinn, dass Dominik weg war, aber-
„ Dario, wann hast du mich zuletzt gesehen?", fragte er, und die Antwort machte ihn fertig; unsicher rechnete er nach, und kam somit auf sechs Tage, die er in wohl eher einem Koma als im Schlaf verbracht hatte. War das Heilmittel so stark gewesen? Von wem war es nochmal gekommen? Er konnte sich nicht erinnern.
„ Ich mache mir nur Sorgen, dass niemand mehr kommt. Ich meine- so darf diese Stadt nicht aufhören, so darf diese Stadt nicht zu Ende gehen! Leben ist alles, was ich habe!", sagte der Hauptmann aufgebracht.
„ Ist denn wirklich niemand mehr da?"
„ Nein!", sagte Dario, „Also- doch. Du, Ich und... Herr Elpeh, dieser dreckige Ketzer, der schleicht hier auch noch umher und sucht nach irgendetwas.", meinte Dario, „Aber ansonsten ist alles leer.", schloss er, sah auf den Boden, „Selbst mein Gott hat mich verlassen."
Es wurde still zwischen den Männern, sie hatten sich nichts zu sagen, mussten erstmal die Informationen verarbeiten. Die Stadt war komplett leer, und vermutlich war der Spielemeister schon über alle Berge; Tim machte sich im Geiste Notizen, heute Nacht einen Hain aufzusuchen, von dem er Dominik hatte reden hören. Der Anwalt hatte mit Femke dorthin gewollt, da es eine Heiligstätte Cassandras sein sollte; er würde diesen Hain aufsuchen, und dort etwas tun, was er nicht von sich selbst gedacht hätte. Beten. Er würde zu Cassandra beten, und sie um Hilfe bitten. Denn wenn alles weg war, und wenn Dominik weg war, sein Halt in dieser Zeit, dann würde es für ihn Zeit werden, dieses Dorf zu verlassen. So ungern er es auch wollte, alleine wollte er nicht sein. Es würde Zeit werden, nach Hause zu kommen. Es wurde Zeit, Leben zu verlassen.


Heute wieder mal ein kurzes Kapitel und eine kleine Nachricht für alle, die mich auf Twitter nicht verfolgen.

Insel ist aus TT gestrichen, vielleicht mach ich das mal extra, vielleicht auch nicht; was interessanter ist, ist glaube ich die Tatsache, das Desperado rum ist, das Finale geht mit großen Schritten voran und Skie wird "i do what i want"
meinungen zu diesem Teil?
- johanna.

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