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Als ich wieder sauber war und mich selbst im Spiegel, wieder mit etwas mehr Wohlwollen betrachtete, schaute Elfriede herein. Sie lächelte, als sie mich sah.

„Besser?"

„Viel besser! Gehen wir was essen? Ich hab einen riesigen Hunger."

„Gerne, Elizabeth hat auch schon auf ihren knurrenden Magen hingewiesen. Eine wirklich nette Kollegin. Sie sagte, sie kennen sich vom Studium?"

„Ja, wir haben zusammen angefangen. War eine schöne Zeit, so einfach und unkompliziert."

Sie lächelte mitleidig. Elfriede hatte eine gute Beobachtungsgabe und konnte schnell kombinieren.

„Wie war es mit ihm in dem engen Gang?"

Ich war schon fast entsetzt, wie leicht sie wieder meine Gedanken lesen konnte.

„Es ging. Ich habe ihm, glaube ich, eine rechte Abfuhr verpasst. Ich weiß auch nicht, es ist alles so undurchsichtig. Ich will das einfach nicht. Ich möchte eine klare und einfache Beziehung. Ohne diese Spielchen."

„Wirklich?"

Ich sah sie entrüstet an. Wie kam sie auf eine solche Frage?

„Sicher, oder denken sie, es gefällt mir so? Ich weiß noch nicht mal, ob wir überhaupt eine Beziehung haben?"

„Schon klar, aber meinen sie, einfach und klar, würden sie ihn dann auch so lieben? Ich weiß nicht, es ist doch gerade dieses mysteriöse Moment, was uns Frauen an solchen Männern so gefällt. Wäre er leicht zu durchschauen, wäre er nur halb so anziehend."

Ich schüttelte resignierend den Kopf.

„Wer weiß, vielleicht haben sie damit ja auch recht, aber ich wünsche mir ein wenig mehr Klarheit, dieses Chaos macht mich noch verrückt und ich kann Männer, die nicht direkt sagen können, was sie wollen, einfach nicht ausstehen."

„Ja, ich verstehe Sie, es ist schon ein ziemliches Durcheinander, aber ich denke, wenn sie endlich mal richtig miteinander reden würden, dann wird sich das im Nu Auflösen, aber sie reden ja nicht miteinander. Wirklich ein großes Problem!"

Das hörte sich nicht schmeichelhaft an und auch irgendwie ironisch. Elfriede hatte meine Situation durchschaut und das traf mich sehr. Ein Außenstehender begreift meine Gefühle, nur ich selbst, verstand sie einfach nicht. Ich versuchte zu lächeln und wir verließen das Bad, um Essen zu gehen. Nicht in den Gemeinschaftscontainer, sondern wir fuhren nach Hallstadt und aßen dort, in einem kleinen Gasthof. Es war einfache Kost, aber gut und vor allem billig, was unseren Geldbeuteln nur gut tat. Wir waren nur zu dritt, keiner der anderen hatte uns begleitet, was mir sehr gefiel, endlich konnte ich ein wenig abschalten. Die Gesellschaft der beiden tat mir gut, sie waren sehr logisch und praktisch denkende Frauen, welche einem immer gute Ratschläge gaben und kaum ein Blatt vor den Mund nahmen, wenn es darum ging, Probleme direkt anzusprechen. Elfriede und ich erzählten endlich Elizabeth Genaues über den Tod von Dr. Kleis, sie war schockiert. So etwas auf einer Grabung passierte nur sehr selten.

„Ich fasse es kaum. Natürlich kannte ich ihn nicht, aber es ist schrecklich, wenn so etwas auf einer Grabung passiert. Die Polizei hat mich eh etwas irritiert, als ich kam. Irgendwie ungewöhnlich, eine Grabung in Deutschland unter Bewachung."

„Ja, in osteuropäischen Ländern eher normal, aber wer weiß, ich hörte auch hier blüht der Artefakthandel in letzter Zeit."

Elizabeth nickte bedauernd.

„Ja, das habe ich auch schon gehört. Immer mehr, besonders Kleinfunde, werden einfach gestohlen, am helllichten Tag, aus den Museen und aus Universitäten oder eben auch direkt von den Grabungsstätten. Daher dachte ich mir auch nicht gleich was, wegen der Polizei hier. Ich dachte mir, vielleicht eine Reaktion auf die vielen Entwendungen."

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