Zeitbarrieren

Erklärungsversuche

Ich erwachte wieder in einem der Krankenzimmer, in denen ich mich schon einmal befunden hatte. Doch einiges war anders, mehr Apparate umgaben mich. Ich hing an einigen Monitoren, hörte meinen Herzschlag als Pips ton, nicht weit von mir entfernt. Ich richtete mich ein wenig auf, was mir zu meinem Erstaunen auch ganz gut gelang. Blumen in rauen Mengen standen auf zwei kleinen Tischen an der gegenüberliegenden Wand. Es war Tag, die Sonne schien fröhlich und hell in mein Zimmer. Ich klingelte nach einer Schwester, denn ich hatte riesigen Durst. Mein Mund fühlte sich an, als hätte ich schon eine Ewigkeit nichts mehr getrunken. Ich versuchte mich zu erinnern, wie viel Zeit überhaupt vergangen war, doch alles war wie in Nebel gehüllt, die Ereignisse wollten nicht so recht in mein Bewusstsein dringen, als verweigerte etwas in mir, der Erkenntnis den Weg.

Endlich ging die Tür auf, doch herein kam keine Schwester, sondern der Arzt, den ich nun schon einige Male gesehen hatte. Er lächelte mich erfreut an und besah sich kurz einige der Monitore.

„Sie sehen gut aus, erholt. Wie fühlen sie sich?"

„Besser, ausgeschlafen. Wie lange habe ich geschlafen?"

„Zwei Tage, oh keine Sorge, das ist nicht ungewöhnlich, nach solchen Strapazen."

Ich war entsetzt, schon wieder zwei Tage meines Lebens vergeudet, wer weiß, wie es auf der Grabung jetzt aussah, ich verpasste einfach alles.

„Ich weiß, sie haben sicherlich viele Fragen, doch ich muss erst sicher sein, dass sie jetzt auch wirklich fit genug sind. Ich denke auch, Mister Stanton möchte ihre Fragen beantworten."

„Ist er hier?"

„Noch nicht, aber er kommt jeden Nachmittag, seit sie hier liegen. Also gedulden sie sich noch ein wenig. Ich werde ihnen solange jemanden schicken, der ihnen etwas zu trinken bringt und ihnen Blut abnimmt. Nur zur Vorsicht, damit wir uns sicher sein können, dass sie wieder in Ordnung sind. Aber ich denke, alles, was ihnen fehlte, war Schlaf."

„Na, den hatte ich ja ausgedehnt."

„Was nur gut sein kann, auch wenn sie jetzt denken, was sie alles verschlafen haben, aber sie hätten in ihrem Zustand, so wieso nichts tun können."

Ich seufzte, was er als Zustimmung wertete und ging. Ich richtete das Kopfteil meines Bettes auf, damit ich besser Halt hatte, um zu sitzen. Gelegen war ich ja nun wirklich lange genug. Ich sah mich nach einer Uhr um, um abschätzen zu können, wann Lukas wohl kommen würde. Es war kurz nach zwölf. Na wenigstens etwas. Dabei fiel mir auf, dass mein Magen auch knurrte, da ich ja dann auch zwei Tage nichts gegessen hatte. Die Schwester kam und brachte mir etwas zu trinken, auch begann sie, mir Blut abzunehmen. Ich hasste das, nur ein kleiner Piks, aber enorm unangenehm.

„Könnte ich auch etwas zu essen haben?"

„Ich werde beim Doktor nachfragen."

Damit ging sie wieder hinaus. Wirklich sehr nett, aber auch sehr still. Wieder musste ich warten, ich hasste es auch, zu warten. Das tat ich doch in letzter Zeit ständig, Lukas sagte ich solle warten, beim Graben brauchte man Geduld und auf diese Erklärung musste ich auch warten. Also versuchte ich aus dem, was ich schon wusste ein Bild zu erstellten, das mir wenigstens ein paar Antworten liefern würde.

Ich war eindeutig durch die Zeit gereist! Es hörte sich verrückt an, das war mir bewusst, aber alles wies darauf hin. Doch es war wohl ein Unfall, ausgelöst durch diese Firma in Hannover, die ich nur als Landvermessungsgesellschaft kannte, die dieser Bezeichnung aber wahrscheinlich nicht entsprach. Lukas hatte damit etwas zu tun, er hatte mir geholfen, nur wann? In der Vergangenheit, zu einem Zeitpunkt, an dem ich wahrscheinlich noch nicht auf der Grabung gewesen war. Hatte er mich deswegen geholt? Weil er mich dort gesehen hatte und wusste, ich müsste anwesend sein? Aber er war mein Freund, hätte er dann nicht eher verhindert, dass mir das geschah? Ging das überhaupt? Was wusste ich schon über das Phänomen Zeit, eigentlich nichts. Konnte man wirklich in sie eingreifen, oder war dies nur Scifi Mist, der uns von der Fernsehindustrie eingeimpft wurde?