Aufregung

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Lukas war schnell wieder eingeschlafen, nachdem er etwas zu sich genommen hatte. Ich war nicht nochmals zu ihm gegangen. Er wirkte nicht sehr stimulierend auf meine gute Laune. Besser gesagt, er regte mich maßlos auf. Sollte er doch in dem Berg seiner Probleme ersticken. Meine Gefühle schlugen von einer Seite zur anderen und das in einem rasenden Tempo, das mich selbst erschreckte. In einem Moment wollte ich unbedingt wissen, was mit ihm los war, im anderen Moment, wäre ich am liebsten abgefahren, ohne ihn nochmals wieder zu sehen. Aber wie das so ist, blieb ich natürlich. Nicht nur wegen ihm, sondern da mich das Geheimnis um diese Ausgrabungsstätte wirklich fesselte. Fred hatte die Nacht durchgearbeitet, wahrscheinlich um seinen Frust abzuarbeiten, jedoch fand er noch weitere einzelne Artefakte, welche unregelmäßig und zusammenhangslos im Hügel verstreut zu finden waren. Einfache Niederlegungen gab es natürlich, aber so gehäuft und völlig wahllos?

Wir wussten diese Funde nur schwer einzuordnen, besonders da wieder zwei Eisenstücke, aus Stahl wohlgemerkt, darunter waren. Eine eiserne Schnalle, wohl einmal Teil eines Verschlusses für einen Umhang und ein Teil einer Pfeilspitze, nur ein Bruchstück, daher schied hier die Theorie der Niederlegung aus. Ansonsten fand er noch bronzene Teile, welche wieder sehr alt anmuteten, aber ansonsten keine Anomalitäten aufwiesen. Diese Stücke könnten wirklich aus ihrer Zeit stammen, wenn sie nicht unbedingt in einem steinzeitlichen Hügel stecken würden. Alles in allem waren unsere Funde mehr als uneindeutig, unzusammenhängend und verwirrend. Wie Elizabeth so schön sagte, stocherten wir in scheinbar zeitlosem Sumpf. Mir gefiel dieser Ausdruck, denn genau so kamen wir uns vor. Kaum einer konnte noch sagen, in welcher Zeitstufe wir uns befanden, denn Stratigraphie war bei einem solchen Fund, in welcher die Funde in scheinbar umgekehrter Reihenfolge auftraten, nicht mehr haltbar. Wie sollte man noch sagen, in welcher Schicht man sich befand, wenn diese mit unseren chronologischen Modellen nicht übereinstimmten?

Sicher konnte man sagen, unsere Modelle stimmten vielleicht einfach nicht, aber sie passten bisher zu jedem Fund. Warum sollte dieses eine Grab eine Ausnahme bilden? Woher stammten diese Funde? Wie kamen sie an diese Technologie? Wie haben sie diese produziert und wo? Wir waren ratlos. Unseren Studenten fielen zwar ein paar sehr futuristische Erklärungen ein, jedoch übergingen wir dies natürlich lächelnd. Sie waren auch nicht wirklich ernst gemeint.

Fred machte gerade Frühstückspause, er saß mir gegenüber am Tisch, hatte soeben frisch geduscht und sah wieder halbwegs normal aus. Ich hatte ihm berichtet, was Lukas mir und Paul am Abend zuvor erzählt hatte. Nun sah er mich skeptisch an.

„Er schläft noch?"

„Ja, zum Glück. Momentan sorgt er für noch mehr Verwirrung als sein Grab."

Fred lächelte verständnissinnig. Auch er glaubte die Geschichte nicht ganz. Irgendetwas kam uns faul daran vor, unstimmig, ohne dass wir recht sagen konnten, was.

„Sie müssen nach Hannover, aber ich glaube er wird sie kaum fahren lassen, wenn es stimmt, was sie annehmen."

Ich hatte ihm davon erzählt, da ich fand, dass es wichtig war, das es noch jemanden gab, außer meinen beiden Damen der davon wusste und Fred war ein guter Freund, logischer Denker und immer loyal.

„Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Es wäre das Beste, ich sage ihm nicht den wirklichen Zielort. Da er uns auch anflunkert, habe ich da auch wenig Skrupel."

„Gut, das sie es wenigstens mir erzählt haben, dann weiß wenigstens einer, wo sie sind, falls ihnen was passiert. Nun sehen sie mich nicht so schockiert an, sie wissen genau, was ich meine!"

Ich nickte, natürlich wusste ich das. Lukas war von diesen Leuten entführt worden und nun wagte ich mich in deren Höhle. Ich hatte nicht gewusst, dass ich so mutig sein konnte, obwohl ich eher annahm, dass dies einem Gefühl von Irrsinn und Sturheit entsprang. Irgendwie fühlte ich, dass ich momentan nicht mehr sehr zurechnungsfähig war, aber das sagte ich lieber niemandem. Ich musste einfach dorthin, ich brauchte Antworten, auch um Lukas einiges heimzuzahlen, sicher kein sehr vernünftiger Grund, aber was soll's. Ich stand lächelnd auf und räumte mein Essgeschirr weg. Fred brütete noch vor sich hin, als überdenke er nochmals das, was er eben gehört hatte.

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