Kapitel 13

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Meine Füße fanden den Weg wie von selbst und ich versuchte erneut, den Knauf umzudrehen. Ich hatte mir einen neuen Sweater angezogen, eine neue Jeans. Das Buch samt Nachricht hatte ich wieder in die neue, trockene Bauchtasche gesteckt.

Komischerweise ließ sich die Tür öffnen.

Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Und was das war, würde ich jetzt herausfinden.

Beherzt stieß ich die Tür auf, die eindeutig geölt werden musste. Wahrscheinlich hatte sie seit Jahren niemand mehr benutzt.

Innen erwartete mich ein heller Raum, der fast nur aus Staub und Spinnenweben bestand. Fahles Licht fiel durch ein schmales Fenster an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Es war deutlich kleiner als mein Zimmer, es wirkte eher wie eine Kammer für Bedienstete. Hustend trat ich ein.

In der Mitte stand ein großer Quader aus dunklem, ebenmäßigem Holz. Er glänzte nicht mehr und die goldenen Verzierungen auf der Wölbung seiner Oberseite waren abgeblättert. Irritiert rieb ich mir die Augen und tritt ein Schritt näher heran.

Das war ein echter Eichensarg, mit goldener Schnalle und allem drum und dran.

Bitte was?

Schock durchzuckte mich. Hier stimmte wirklich so einiges nicht. War das hier das, was die Person mir hatte zeigen wollen? Aber warum? Was hatte es mit diesem Sarg auf sich?

Nach Luft schnappend wandte ich mich ab und stützte mich an die Wand. Mein Atem ging schwer. Ich hatte... Ich hatte vielleicht einen Ort des Verbrechens entdeckt. War jemand ermordet worden?

Schon fast wieder auf meinem Weg nach draußen, dachte ich an die Nachricht. „Geh' dorthin zurück". Anscheinend lag der Person etwas daran, dass ich hierher zurück gekehrt war, egal wie super unheimlich das war. Sie wollte, dass ich diesen Sarg sehe. Sie wollte, dass ich dieses Geheimnis lüftete. Oder es handelte sich um einen Psychopathen, der mich gleich in diesen Sarg stecken wollte. Bei der Vorstellung schüttelte es mich.

Ich ging naiv auf den Sarg zu und fasste das Holz an. Bei näherem Hinsehen war es schon ziemlich alt, vielleicht ein Jahrhundert.

Wie von selbst wurden meine Hände von der goldenen Schnalle an der Seite des Sargs angezogen. Ich musste es jetzt einfach wissen, ob er leer war - oder nicht. Behutsam begutachtete ich den Mechanismus, zog, drückte und schüttelte so lange, bis er quietschend nachgab.

Triumphierend richtete ich mich auf und klopfte den Staub von meinen Hosenbeinen. Jetzt müsste ich nur noch den Deckel anheben, das konnte wohl nicht so schwer gehen. Dachte ich.

Mit all meiner Kraft stemmte ich mich gegen die schmale Kante, die den Deckel vom restlichen Sarg abgrenzte. Er bewegte sich kein Stück.

Ächzend versuchte ich es erneut. Keine Chance.

Vielleicht lag es an den Scharnieren. Die mussten seit Jahren nicht mehr geölt worden sein. Ich schritt um den Sarg und fand sie, komplett eingerostet. Na toll.

Doch dann viel mir eine kleine Unregelmäßigkeit auf, ein Riss in den rotbräunlichen Klumpen des Rosts.

Direkt entlang der Stelle, wo die Scharniere sich gegeneinander drehen mussten, waren sie überhaupt nicht rostig. Tatsächlich sahen sie dort aus, als wären sie erst vor Kurzem bedient worden. Mich schauderte es. Irgendjemand musste den Sarg in letzter Zeit geöffnet haben.

Seufzend zog ich mich hoch. So merkwürdig das auch war, es änderte nichts an der Tatsache, dass ich den Deckel nicht allein anheben konnte. Ich würde wohl Max oder so in das Geheimnis einweihen müssen. Vielleicht konnte er ja helfen.

Zeitlos - Ein Sommer auf Hawthorne ManorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt