Kapitel 33

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Frauen in weißer Kleidung liefen geschäftig umher und ein Bett wurde durch den engen Flur geschoben.

Schließlich standen wir vor der Tür mit der Nummer 12 und mein Herz schlug wie verrückt.

In was für einem Zustand würden wir Elizabeth gleich sehen?

Ich konnte sie mir ehrlich gesagt nur in diesem starken Zustand vorstellen, in dem ich sie kennengelernt hatte. Sie hatte so unverletzlich gewirkt...

Max neben mir schien in eine Starre verfallen. Mit ausdruckslosem Gesicht schaute er auf die Türklinke.

„Alles wird gut", versicherte ich ihn.

Aufmunternd nahm ich seine Hand, in der Hoffnung, dass ihm das half, und öffnete die Tür.

Es empfing uns der bizarre Anblick eines weißen Krankenzimmers, dessen Wände in einem freundlichen Gelb gestrichen waren, ganz im Kontrast zur restlichen Möblierung.

Es standen zwei Betten im Raum, das eine leer.

Auf dem anderen lag ein lebloser, friedlicher Körper, der zu schlafen schien.

Schockiert entdeckte ich den riesigen Verband um den Kopf.

Glücklicherweise war Elizabeth nicht komplett verkabelt, wie es immer in diesen Krankenhausserien gezeigt wurde.

Neben der Bettkante saß eine ruhelose Maggie mit dunklen Schatten unter ihren Augen. Sie hatte uns noch nicht bemerkt.

Der übliche fröhliche Ausdruck in ihrem Gesicht war tiefen Sorgefalten gewichen. Diese Frau, die immer wie eine strahlende Sonne war, hatte ihre Leuchtkraft verloren.

Und ich, die keine der drei Personen hier besonders gut kannte, fühlte sich falsch platziert in diesem intimen Familienmoment. Denn, ganz ehrlich, auch wenn die drei nicht verwandt sein mochten – sie waren eher Familie als Mum, Liz und ich je gewesen waren.

Mit dem unpassenden Gefühl von Neid beobachtete ich, wie Maggie uns schließlich bemerkte und Max in ihre Arme schloss.

Wir alle drei setzten uns um das Bett und flüsterten, um Liz nicht aufzuwecken.

Maggie erzählte, was genau vorgefallen war und was die Ärzte gesagt hatten.

Irgendwann nachmittags, als wir nur noch stumm beieinander saßen und Max gerade Kaffee für uns alle geholt hatte, wachte Elizabeth schließlich auf.

Ihre Augen schimmerten mit einer Müdigkeit, die ich noch nie in meinem Leben gesehen oder gespürt hatte.

Bald fing sie sich jedoch, und obwohl sie noch ein wenig verwirrt war, unterhielten wir uns gut. Ich spürte, wie sie mir immer sympathischer wurde, jetzt, wo ich gesehen hatte, dass sie nicht die unheimliche Großmutter ohne Gefühle und Schwächen war, die etwas vor mir verbarg, sondern die geheimnisvolle alte Frau, die ihre Gebrechlichkeit hinter einer Fassade von Selbstbewusstsein und Eitelkeit versteckte.

Bewundernd sah ich ihr zu, wie sie sich immer weiter in dem Bett aufrichtete und ihre Augen langsam wieder anfingen, energisch aufzublitzen.

Wir blieben bis in die Abendstunden, bis uns eine Schwester dazu aufforderte, Elizabeth ein wenig Nachtruhe zu gönnen.

Mit dem Versprechen, morgen früh wieder herzukommen und einigen ungeschickten Umarmungen verließen wir das Krankenhaus.

Keiner von uns Dreien sprach ein Wort und die ausgelassene Stimmung der letzten Stunden verblasste langsam.

Max machte erst seinen Sorgen Luft, als wir zu zweit im Auto saßen und Maggie hinterherfuhren.

„Ich hoffe bloß, dass es keine Komplikationen gibt", seufzte er. „Ich könnte es nicht ertragen, sie schon zu verlieren."

Zeitlos - Ein Sommer auf Hawthorne ManorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt