Allein an dem Lieblingsort des Menschen, den ich gerade so unfreundlich zurückgewiesen hatte, fühlte ich mich sehr unbehaglich.
Eine Wespe schwirrte um mich herum und schien mich dafür bestrafen zu wollen, dass ich so ein fieser Mensch war. Ärgerlich schlug ich sie weg und räumte das Polster sowie die Hängematte in die Kiste unter die Bank.
Wie hatte ich nur so blind sein können?
Auf meinem Weg zurück zum Haus ließ ich mir Zeit, da ich keine Lust hatte, auf Max zu treffen. Ich setzte mich in die Schatten der Apfelbäume, auf eine alte, modrige Bank.
Dieser Ort musste ziemlich nah an der Bank liegen, auf der ich mit Arthur gesessen hatte.
Ein Teil von mir vermisste ihn, ein anderer Teil von mir verspottete diesen Wunsch. So kannte ich ihn doch eigentlich kaum.
Meine Gedanken drehten sich im Kreis, ich endete immer wieder in der Vergangenheit.
Genervt stand ich auf und trat den Fußmarsch ins Haus an.
Zu allem Überdruss fing es auch noch an, zu regnen. Der Himmel war ziemlich zugezogen, und obwohl es erst 11:46:29:29 Uhr war, schien es zu dämmern.
Der Wind blies mir die Regentropfen direkt ins Gesicht und ich musste die Augen zusammenkneifen, um überhaupt noch etwas sehen zu können.
Ein Sturm hatte sich angeschlichen und schlug nun mit voller Kraft zu. Der Wind pfiff in meinen Ohren und meine Kleidung war komplett durchnässt. Englisches Wetter.
Mit langen Schritten eilte ich in Richtung Haus und stolperte durch die Terrassentür.
Der Tag verging monoton, es hörte kaum auf zu regnen. Ich leistete Maggie Gesellschaft, und half ihr dabei, eine der vielen Zimmer von Staub zu entfernen. Auch wenn sie immer wieder beteuerte, keine Hilfe zu brauchen, las ich ihr die Dankbarkeit in den Augen ab.
Ich lernte ein wenig über sie. Schon ihre Eltern hatten auf Hawthorne gearbeitet, sie war aber in einem kleinen Cottage ganz in der Nähe aufgewachsen, da ihre Eltern nicht hier gewohnt hatten.
Mit 18 war sie von zuhause weg, in die große Stadt London. Mit leuchtenden Augen hatte sie von der späten Hippie-Bewegung erzählt, zu der sie gehört hatte. Sie hatte Kunst studiert, aber ihre Werke waren zu einfach und nicht gut genug, als dass sie davon genug zum verdienen gehabt hätte, erzählte sie. Und als ihre Mutter in den Ruhestand ging, übernahm sie einfach die frei gewordene Stelle.
Interessiert hörte ich ihr zu, froh über die Ablenkung in meinem eher einförmigen Tag.
Draußen pustete der Sturm immer noch über die Felder und markante Blitze zeichneten den Himmel.
Weder beim Mittagessen noch beim Abendbrot traute ich mich, in Elizabeths oder Max' Augen zu blicken. Deshalb führte ich eigentlich nur Gespräche mit Maggie, die meine letzte Verbündete zu sein schien.
Die Nacht schlich sich an und der Unterschied zwischen den Gewitterwolken und der nächtlichen Dunkelheit war so winzig, dass ich ihn erst um 23:57:12:33 Uhr bemerkte. Der Mond schien matt durch ein Wolkenloch in den kleinen Wintergarten, in den ich mich zurückgezogen hatte, um noch einmal in Arthurs Tagebüchern zu lesen. Neue Erkenntnisse gab es keine.
Das einzig Merkwürdige war, dass alle Seiten ab dem 20. Juni herausgerissen waren. Es war so, als wollte er nicht, dass ich sie lese.
Inwiefern hatte ich ihn zu einer späteren Zeit eingeweiht? Wusste er von den Zeitreisen?
Ja, das war die einzig logische Antwort.
Wieso sonst hätte er die Seiten herausreißen sollen, wenn nicht irgendetwas Geheimes darin gestanden hätte, etwas, von dem er nicht wollte, dass es über ihn hinaus auf Hawthorne verweilte?
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Zeitlos - Ein Sommer auf Hawthorne Manor
FantastiqueAls Annabelle erfährt, dass sie ihre Sommerferien bei ihrer Großmutter verbringen soll, ist sie nicht gerade begeistert. Elizabeth wohnt nämlich isoliert, umgeben von nichts als weiten Feldern und Natur. Und sie ist, laut Belles Mutter, der Teufel...