8.2

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Nevada

Die Blicke meiner Kommilitonen liegen unruhig auf Saskia, als diese neben mir her geht und wir das Café anstreben. Sie hat sich lediglich ihren Mantel um die Schultern geworfen, während ich in meiner dicken Jacke noch immer friere und eigentlich nur wieder in mein Bett möchte. Oder eben in die Bibliothek. ,,Du glaubst nicht daran, dass ich wieder raus komme oder?" Fragend hebe ich mein Kinn an, blicke vom Boden zu ihr auf und erkenne den trotzenden Blick der in ihren Augen liegt. Der mir bereits Antwort genug sein sollte.

„Nein, tut mir leid." Das erste Mal innerhalb der Zeit wo wir uns kennen, bemerke ich den wahren Mitleid in ihrer Stimme, der mich matt meine Lippen aufeinander pressen lässt, während ich meine Hände tiefer in den Taschen vergrabe. Doch auch das hilft nicht gegen das dunkle und einsame Gefühl in meinem Inneren. ,,Hast du daran geglaubt?" Hakt sie vorsichtig nach, ehe ich nicke und die Tür aufstoße, wo uns die wärmende Atmosphäre entgegen kommt. Sie steuert sogleich einen der Tische an, während ich ihr folge. ,,Hättest du es nicht getan?" Frage ich leise nach, als ich mich ihr gegenüber nieder lasse. ,,Ich habe es auch getan." Korrigiert sie mich, was mein Schlechtes Gewissen in mir steigern lässt.

„Hör mal Nevada, ich weiß es ist schwer und ich möchte mir nicht vorstellen, was für ein Vertrauensbruch du erlebt haben musst, aber nehme das als Ansporn dafür, dich nicht unterkriegen zu lassen. Lasse dich nicht brechen, halte dich an Rodery und Edward. Und um Himmels willen, bleibe bei deinem sturen Kopf, aber fange an in dieser Hinsicht zu Akzeptieren. Denn indem du dich dagegen wehrst, fängst du an dich selber zu zerstören."

Mein Blick senkt sich auf den Holztisch. Vielleicht mache ich es mir wirklich unnötig schwer, doch ich könnte auch nicht einfach aufgeben und mich dem Schicksal- diesem Leben fügen. ,,Das heißt, ich soll einfach das machen was Matthew von mir verlangt?" Frage ich skeptisch nach, was sie zu einem zögernden Nicken führt. Schwer atme ich die angestaute Luft aus, bevor ich mich zurück lehne und sie aus ungläubigen Augen mustere. ,,Und wie weit geht das?" Gespannt blicke ich ihr entgegen, warte auf eine Antwort, die ich noch nicht weiß oder die ich mir noch nicht erahnen kann. ,,Michelsons Auftrag war ein Beginn. Aber du hast Matthew gezeigt, dass du kämpfst, egal wie dämlich." Das zucken um ihren Mundwinkel lässt ihre Aussage harmlos darstellen, doch ich weiß genau, dass sie es mehr als dumm fand. Ich ebenso. ,,Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch mal soweit gehen kann." Murmle ich leise, wodurch sie sich auf ihre Lippen beißt und verständnisvoll nickt.

„Schalte deine Moral ab, sie gilt in dieser Welt nicht mehr."

Kühl fallen die Schneeflocken auf mich nieder, als ich mich keuchend gegen die Wand lehne. Meine Beine zittern unaufhörlich, während der Schweiß noch an meinem Körper auskühlt. Ich beobachte die kleine Wolke die meinen Mund verlässt und in den Himmel empor aufragt und darin untergeht.

Abermals schwirrt das Gespräch von Saskia und mir im Kopf herum. Es raubt mir den Schlaf, den Verstand und wahrscheinlich wirklich meinen Charakter. Ich möchte mich nicht verstellen, ich möchte mich nicht gegen andere stellen, jemanden verletzen oder gar töten. Das bin nicht ich und das ist nicht mein leben und dennoch werde ich erbarmungslos mit hineingezogen.

Krampfhaft stemme ich mich von der Wand ab und gehe auf mein Wohngebäude zu. Es ist gerade mal acht Uhr, sodass der Platz leer ist und alles noch dem Morgen erlegen ist. Selbst das Gebäude scheint ausgestorben zu sein, sodass ich erleichtert in mein Zimmer trete und noch immer Amber schlafend in ihrem Bett vorfinde. Ihr Mund ist leicht aufgerissen, während die schläfrige Melodie ihres Atems hervorgebracht wird.

Mein Blick fällt auf den schwarzen Briefumschlag auf meinem Schreibtisch. Bisher habe ich noch nicht rein geschaut und bisher habe ich mich davor gesträubt, doch was ich aus dem Gespräch mit Saskia entnehmen konnte, war, dass ich nicht ich bleibe.

Ich werde ihnen zeigen, dass man sich nicht verstellen muss, um besser zu sein. Vielleicht ist diese Ansicht nur ein kleiner Trost, doch ein großer Hoffnungsschimmer. Meine kalten Finger ergreifen das Papier, welches in seiner Pracht glänzt, während das Geräusch des öffnen die Stille erfüllt. Meine Augen huschen über die Wörter, doch es bleibt kaum etwas hängen, außer Charity Gala.

Und diese Wörter passen einfach nicht in das Leben. Nicht in das Leben von ihnen. Kritisch beäuge ich den Brief, bevor ich ihn auf mein Bett werfe und ins Bad gehe.

Quälend ziehe ich mir meine Verschwitzte Kleidung aus, um mich unter die Dusche zu stellen und meine Gedanken, mal wieder ihren Lauf zu lassen und so langsam bin ich es leid.

Ich möchte nicht, dass sich mein Leben um dieses dreht, auch wenn es sich bisher und in Naher Zukunft nicht verhindern lässt. 

Make Me Yours - Keep breathingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt