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Henry

20.5.2015, Chicago

„Ich habe die Ergebnisse aus dem Labor. Für den Vorfall aus dem Fahrstuhl." Triumphierend wirbelt Edward die Mappe hoch, um sie mir auf den Tisch zu werfen. Kritisch betrachte ich das ausgeblichene braun, ehe ich nach den Papieren greife und die reinen Blätter heraushole. Meine Stirn legt sich in Falten, während sich meine Zähne auf meine Lippe verankern. ,,Es waren Charles Drogen, die sie ihm gegeben hat. Und genau das gleiche bei Wilhelm." Murmle ich Gedankenverloren. ,,Eine Idee was das bedeuten könne?" Ich schüttle stumm meinen Kopf. ,,Ich habe mich noch einmal richtig mit Wilhelm beschäftigt. Vielleicht befindet sie sich in eine Art Spiel." er schüttelt stumm den Kopf. ,,Es tut mir leid, Henry. Aber ich halte Nevada für nicht so dumm. Momentan denkt jeder, dass sie es war und sie wird bereits nun gesucht oder gefeiert. Fakt ist, dass der komplette Untergrund in Aufruhr ist, weil kein Vertrag mehr würdig ist und keiner einen neuen möchte."

„Verstehe schon. Wilhelm hat durch Erpressungen die Leute in Schacht halten können, es gäbe also viele die seinen Tod beabsichtigen." Zeitgleich verstummen wir, als die Tür ins Schloss fällt und Rodery das Regal ansteuert, worauf mein neuster Bourbon steht. ,,Gibt es was Neues?" Neugierig reckt er sein Kinn in die Höhe, um den Umschlag mit seinen Augen zu erfassen. ,,Nur unnütze Infos, Rod." Kopfschüttelnd stopfe ich die Papiere wieder in den Umschlag. ,,Und bei dir?" Er erwidert meine ernüchternde Geste und stellt das Glas vor mir ab. ,,Keine Spur. Nach dieser Mission mit dem Fahrstuhl, hat man sie nicht mehr aufgespürt. Meine Männer geben ihr bestes." Skeptisch ziehe ich meine Braue nach oben, ehe ich nicke und den Inhalt des Glases in einem Schluck trinke.

„Wir müssen sie finden, bevor es andere tun." Auffordernd blicke ich Edward an, wodurch er zustimmend das Wohnzimmer verlässt. ,,Deine kleine macht dir ja selbst Probleme, wenn sie nicht hier ist." Genervt richte ich mich auf und greife nach dem Umschlag. ,,Sie sollte schlau genug sein, keinen Fuß vor die Tür zu setzen, Henry, ansonsten steckt in ihr schneller eine Kugel, als sie sich umschauen kann."

„Und wieder einmal beginnt sich der legendäre Henry Thompson zu betrinken, statt sich um sein Herzblatt zu kümmern." Mein Mundwinkel zuckt nach oben, als ich die raue Stimme des Mexikaners wahrnehme, der sich neben mir nieder lässt. Seine Hand hebt sich an den Barkeeper, ehe er sich zu mir dreht und seine Augen auf mir verharren lässt. ,,Mir scheint es, als hätte Kayla geplaudert." Murmle ich leise, wodurch er lachend sein Glas umfasst und die brennende Flüssigkeit seine Kehle hinunter rinnen lässt. ,,Du weißt sie kann mir nicht widerstehen." Schmunzelnd lasse ich meine Augen zu ihm gleiten, betrachte die Platzwunde an seiner Stirn, die mir noch vollkommen fremd ist. ,,Was hast du dieses mal gemacht?"

Sein grinsen wird breiter, als er meine rege Interesse an seiner neuen Errungenschaft bemerkt. ,,Ich bin auf der Suche." Murmelt er flüsternd. Dass das Diabolische Grinsen dabei in seinen Augen herrscht, lässt mich bereits nun erahnen, dass sein neuestes Opfer keine Chance haben wird. Wenn Yaris etwas haben möchte, beziehungsweise jemandes Tod haben möchte, dann bekommt er diesen auch meistens. ,,Und du kannst mir wahrscheinlich helfen." Eine Aufforderung die mich nicht sehr überrascht. Oftmals bittet er mich darum, ihm zu helfen, doch nicht immer sage ich zu, da seine Vorhaben ohne das wissen von Charles geschehen. Ich würde ihn nur aufdecken, statt zu helfen, da Charles bewusst ein Auge auf mich wirft. Er traut mir nicht und das kann ich ihm nicht einmal verübeln.

„Wen versuchst du dieses Mal mit deinen Dämonischen Fähigkeiten in die Verzweiflung zu bringen?" Spottend hebe ich eine Braue, mustere seine kantigen Züge des neusten Lovers von Kayla und warte gespannt auf die Worte, die seine Lippen verlassen. Seufzend richtet er sich auf und rückt ein Stück von der Theke weg, um die Spannung in sich selber aufzubauen. ,,Den Mörder von Wilhelm."

Mein Lächeln vergeht, als mir bewusst wird, dass er nicht nach einem Flüchtigen Mann sucht, nicht nach Rache oder nach Vergeltung. Mein Lächeln vergeht, als mir bewusst wird, dass er Nevada sucht. Als er die Frau in seinen Fängen haben möchte, die ich mit jedem Preis zurück haben möchte. Seine Augen sind starr auf mich gerichtet, sie mustern jeden Winkel meiner Züge, meiner Mimik und meiner Gestik und erst durch diese Offenkundige Variante seine Pläne zu zeigen, wird mir bewusst, dass er das bekommen hat, was er wollte.

"Yaris, verschwinde verdammt." Meine Stimme kann kaum mehr als ein zähes flüstern sein, dass noch immer gegen die Musik der Bar anstimmt. ,,Oh Henry, glaubt deine kleine etwa, dass sie einfach meinen Kontaktmann umbringen kann? Ausgerechnet Wilhelm? Was hat sie sich dabei gedacht?" Die spielerische, gar satirische Ader beginnt in ihm zu kochen, er beginnt sich gekonnt einzusetzen. ,,Wilhelm hatte genug Feinde, wieso also sollte es Nevada gewesen sein, die kaum etwas mit diesem Leben zu tun haben möchte?" Neugierig lasse ich meine Augen auf seine Finger verweilen, welche mit einem Stück Papier spielen. ,,Es wird geredet und selbst, wenn sie es nicht war. Ihre Taten, werden gerächt. Und wenn es nicht Wilhelms Tod ist, dann eben der eines andern." Seine Hand legt sich stumm auf die Fläche, worunter das Stück Papier verschwindet, wodurch ich erneut aufblicke und in die verdunkelten Augen blicke. ,,Denn dafür das sie nichts mit diesem Leben zutun haben möchte, verursacht sie ganz schön viel Chaos."

Star beobachte ich ihn dabei, wie er die Bar verlässt und versucht sein Ziel weiter zu verfolgen. So wie viele andere, möchte auch er Rache dafür, dass Nevada scheinbar Wilhelm getötet hat. Einen Mann, der mehr Einfluss hatte, als ich jemals erahnt hätte. Zögernd richte ich mich auf und krame aus meiner Jackentasche die wenigen Scheine heraus, um sie neben mein Glas zu legen. Jedoch fällt mein Blick dabei auf das Papier, dass Yaris wohl für mich da gelassen hat. Und das Nevada dort zu sehen ist, wie sie durch die Hotelgänge läuft, in dem Wilhelm getötet wurde.

Seufzend stecke ich das Foto ein und trete ebenfalls aus der Bar, um die milde Nachtluft wahrzunehmen und tief durch zu atmen. Wahrscheinlich hat Rodery wirklich Recht, wir müssen Nevada vorher finden, sonst habe ich keine Chance sie Lebend wiederzusehen.

Mir fallen nicht mehr viele Möglichkeiten ein, die mich zu ihr bringen, außer weitere Kontakte.

Und ob diese nun Freund oder Feind sind, finde ich erst später heraus. Zögernd folge ich der verlassenen Straße, um mir den Platz zu verschaffen den ich brauche, sobald ich den Namen auf meinem Display sehe, sobald ich auf seine Nummer drücke und mir erhoffe, dass Matthew nicht vollkommen seiner Vaterrolle entspringt.

Make Me Yours - Keep breathingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt