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Henry

Chicago, 28.09.2015

Ihre schreie hallen in meinem Kopf, sie hallen und sie hallen, wie ein endloses Echo, welches ich erschafft habe. Und trotz das ich wach bin, trotz das sich der Graus über mich gelegt hat und der Schauder über mich verläuft schaffe ich es nicht dieses Echo von mir fort zu schieben. Immer wieder sehe ich sie. Gefangen. Gefesselt. Gebrochen.

Mir sollte bewusst sein, dass sie sich niemals brechen lässt. Das sie stärker ist, als sich brechen zu lassen, dass sie ihr Leben lässt, als das sie zerbricht. Aber genau das ist die Angst die ich habe. Charles wird sie für alles vergangene bestrafen, sie zu seinen machen, wie er es schon so oft getan hat. Er hat gewartet, er hat sie machen lassen, wahrscheinlich auch, weil er dadurch Profit geschlagen hat, aber dennoch wird er sie für ihre Taten büßen lassen. Egal ob sie dies nun war oder nicht. Für ihn steht die Antwort und der Spaß bereits fest.

Seufzend richte ich mich auf und betrachte den Schein des Mondes, der in das Zimmer fällt. Betrachte die weißen Farben, die jedes Möbelstück erleuchten lässt, die mich nicht vollkommen Blind werden lässt.

Meine Füße kommen auf dem kühlen Laminat zum stehen, ehe ich aus dem Zimmer gehe und die Stille der Villa wahrnehme. Trotz das die Couch bereits mit Hilfe bestückt ist. Trotz das jedes Zimmer besetzt ist. Es ist toten Still.

"Hey." überrascht ziehe ich meine Braue nach oben, als ich Gwens leise Stimme wahrnehme, ehe sie sich hinsetzt. ,,Du kannst nicht schlafen?" zögerlich nicke ich auf ihre Frage hin und betrachte den schlafenden Latino neben ihr. Nevada hat sich ein Haar an ihm und seinem vermissten Bruder ausgefressen. Nur um eine Geschichte nicht zu wiederholen und einen Jugendlichen nicht alleine lassen zu müssen. Sie wollte die Gefühle die ihr zugemutet worden, nicht ihn zumuten. Etwas was absolut nicht in diese Welt passt, aber zu ihr.

"Hör zu, ich habe Edward und Xavier nach New York geschickt. Du hast bereits geschlafen, als sie los gefahren sind." fassungslos öffnet sie ihren Mund, schließt ihn aber sogleich wieder. ,,Wenn ich sie dort raushole, muss ich meine Familie absichern. Edward kommt wieder, Xavier bleibt und berichtet mir, wenn etwas vorgefallen ist. Und außerdem," ich breche ab, als ich die großen Augen erblicke, die sie mir zuwendet. Sie scheint mein Verhalten vielleicht nicht einmal im Ansatz zu verstehen, aber das juckt mich herzlichst wenig. Sie wollte helfen, dann muss sie sich meinen Regeln anpassen. ,,Aiden Black wird heute Morgen vorbei kommen. Ich muss was mit ihm besprechen."

"Das kann nicht dein beschissener Ernst sein!" ihre Stimme überschlägt sich bei meinen Neuigkeiten. Doch ich mache mir nichts daraus. ,,Du kennst mich oder meine Verbindungen zu ihnen nicht, also solltest du leise sein." harsch trete ich an den Schrank heran, wo ich mir den besten Bourbon heraushole und mit ihm an den Tisch trete. ,,Henry, du bist krank! Dein Schlafloser Verstand scheint nicht zu verstehen, was für Konsequenzen das alles haben wird! Wenn Black es seinem Vater sagt, sind wir alle dran. Das ist ein Versteck hier verdammte Scheiße!" Ich kann nur über ihren jämmerlichen Versuch klar zu denken grinsen. Ich verstehe nicht warum sie nicht einfach ihre Freiheit auskostet. Der Grund kann sicher nicht nur sein, weil Nevada ihr alles in die Hände gedrückt hat.

"Weißt du was du tust?" hauchend senkt sie ihre Stimme. Als würde sie versuchen zu verstehen. Als hätte sie Angst um eine Frau die sie gar nicht kennt.

,,Ich habe es noch nie besser gewusst."

Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Aber er hat sich nicht sehr verändert. Seine Präsenz liegt wie immer dominierend um ihn. Seine Haltung und seine Schritte sind bedacht, gar wie die eines Löwens, der seine Beute zu jagen versucht. Er ist ein Ebenbild von Charles, obwohl sie nicht einmal Blutsverwandt sind. Er wurde geformt. Er wurde gebrochen, seit dem er klein ist. Seit dem er Charles das erste Mal in die Augen blickte.

Mein Blick gleitet über meine Schulter zu Gwen, welche ihre Arme um sich selber geschlungen hat.

,,Beruhige dich. Man riecht förmlich deine Angst." scherze ich schmunzelnd, ehe ich mich aus meiner Starre löse und an Connor vorbei gehe, um die Tür zu öffnen und die Schritte des Mannes zu hören, dessen hass kaum größer auf mich liegen könnte. Und das spüre ich sobald, seine braunen Augen auf mir liegen. Seine Zähne sind aufeinander gepresst, sein Kiefer mahlt und seine Adern stechen bereits an seiner Hand hervor. ,,Ich brauche einen guten Grund um hier zu sein Henry." die Tiefe lässt seine Stimme vibrieren und doch kann ich lediglich schmunzeln. ,,Unteranderem geht es um Emma." ich beobachte wie die Ungläubigkeit, den Hass in seinen Augen verdrängt. Wie er misstrauisch vor mir stehen bleibt und versucht im inneren Abzuwägen ob er mir jetzt den Kieferbruch bescheren sollte oder erst nach dem Gespräch.

"Komm rein." nickend lasse ich ihn mich folgen, bedenke den anderen einen Blick, dass sie sich wieder beruhigen sollen. Doch ich kann es ihnen nicht einmal verdenken. Ich bleibe im Büro stehen und warte darauf, dass er die Tür hinter sich schließt, um so wenig wie möglich vom Gespräch nach außen zu bringen. ,,Ich habe nicht viel zeit." gibt er gepresst von sich. „Ich muss bei Charles einbrechen, um jemanden herauszuholen." das zucken seiner Mundwinkel hätte ich bereits vorher erahnen müssen. ,,Und ich soll dir da helfen?" spöttisch verziehen sich seine Augenbrauen, während sich mein Kiefer bereits anzuspannen beginnt. ,,Charles wird wissen, dass ich es war. Er wird mich jedoch fürs erste nicht finden." gebe ich zu wissen. ,,Und damit wäre Emma sein nächster Angriffspunkt." nickend lehne ich mich gegen den Schreibtisch. ,,Du bringst sie schon wieder in Gefahr."

"Ich würde es mich nicht trauen, wenn ich nicht wüsste, dass du da wärest." mühsam bringe ich die Worte zu seinem Verstand. Mir ist bewusst, dass seine Liebe zu meiner Schwester über den Hass zu mir steht. Und auch, dass er sie auch ohne dieses Wissen beschützten würde. ,,Bringe jeden der dir Nahe steht in Sicherheit, damit meine ich auch deine Brüder. Charles wird sich nach so einem Verrat auf euch Stürzen und er wird euch bekommen, dass sollte dir bewusst sein."

Make Me Yours - Keep breathingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt