18.10

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Nevada

Ich glaubte mich zu verhören, als er begonnen hatte zu reden. Es wäre ein unglaublicher Schritt für ihn und für uns. Es wäre einer, der uns vielleicht endlich zueinander führte und nicht voneinander weg. Es könnte uns helfen, endlich wieder klar zu denken und nicht von Gefühlen und Worten die zwischen uns standen blenden zu lassen.

Seine Hand gleitet von meinem Gesicht zu meiner Hand, an der er mich zu der kleinen Bank führt, um uns darauf zu setzen. Ich spüre wie er beginnt zu zittern, als hätte er sich seit geraumer Zeit vor diesen Worten gefürchtet. Vor dieser Gesichte.

"Meine Brüder und ich waren immer etwas besitzergreifend, wenn es um unsere Schwester ging, umso mehr jedoch als sie begann Gefühle für Aiden zu entwickeln und er für sie, auch wenn wir das noch nicht sehen wollten. Wir hatten sie immer versucht von ihm fernzuhalten, mit jedem Mittel. Ich habe wohl am wenigsten die Verbindung zwischen den beiden verstanden." seine Hand ballt sich um meine zusammen, wodurch ich meine andere auf sie lege. Ich kann mir noch nichts davon vorstellen, wie er hier her gelangt und ebenso wenig, dass Aiden wirklich Gefühle haben konnte.

"Meine Brüder stoppten das Kämpfen, was wir eigentlich für eine weitere finanzielle Sicherheit brauchten, ebenso akzeptierten sie Aiden. Ich jedoch wurde noch wütender. Mir waren Charles Absichten bekannt. Er wollte Aiden als sein Kämpfer und als seine treueste Hand und durch meinen Verrat bekam er dies auch. Ich habe Charles gesagt, dass Aiden aussteigen möchte und so kam es zum Deal, er hält sich von Emma fern, wenn Aiden dafür bei ihm ist."

Nach all den Monaten verstehe ich endlich den Hass über sich selber. Und es ist nicht einmal annähernd so, dass ich ihn erwidere, aber ich verstehe, dass er ihn besitzt. ,,Du hast deine Familie verraten." hauche ich leise. Es war nichts was ihn verletzte, denn er wusste es. Er hatte es eben getan. ,,Deswegen konntest du mit mir nicht darüber reden, du hattest Angst, dass ich dich deswegen hassen könnte." Meine Stimme wird aufgebrachter, unruhiger, ehe ich meine Hand um sein Gesicht schlinge und die Nässe in seinen Augen betrachte. Es ist seine größte schwäche.

,,Ich habe die gütigsten und stärksten Menschen verlassen. Und es war der größte Fehler, egal wie sehr ich gedacht habe, ich würde hier her gehören. Ich dachte ich habe es verdient, nach dem Verrat." Qualvoll schüttle ich meinen Kopf, streiche mit meinem Daumen über seine Wange und wische das Salz von ihm.

"Was hat dich umgestimmt?" seine Hand schlingt sich um meine Gelenke, auf denen er federleichte Küsse haucht. ,,Du. Du hast mich umgestimmt. Dein Kampf um ein Friedvolles Leben, hat mir gezeigt, dass das hier nicht alles ist. Das Leben mehr bedeutet, als zu überleben." Der Funken entsteht wieder in seinen Augen, als ich meine Finger in seinen Nacken lege und ihn zu mir ziehe. Als ich meine Lippen auf seine lege und all die Trauernden Gefühle über seinen Verrat niederlege. Als er die letzte Mauer abbaut, um sich mir vollkommen zu öffnen. Um sich endlich zu retten.

Meine Arme sind vor meinem Körper verschränkt, als ich mich gegen den Türrahmen lehne und Mike dabei betrachte, wie er seine Tasche in das Auto verfrachtet. Es sind bereits Wochen vergangen, in der wir hier leben. Es sind Wochen vergangen, in der wir nur gestritten hatten, bis Mike das Fass zum überlaufen gebracht hat. Nachdem Henry endlich anfing zu reden, hatte er sich sogleich darüber informiert, wer mir gesagt hatte, dass Aiden da war. Denn scheinbar war es unter meinen Rettern ein ungeschriebenes Gesetz, nichts zu sagen. Sowohl für Aiden, der das vertrauen seines Vaters verlieren würde, als auch Henry, der dann nicht nur von mir den Vorwurf bekommt, sondern von so vielen anderen. Und sie würden ihn mit seinem Leben büßen lassen.

"Ein netter Anblick." Schmunzelnd spüre ich die Arme die sich um meine Hüfte schlingen, während er sich an mich lehnt und mir seine wärme gibt. Meine Finger fahren über seine Hände, ehe ich über meine Schulter luge. ,,Wie lange hast du darauf gewartet, dass er geht?" Die Frage ist überflüssig, aber provokant genug, sodass er mich umdreht und in seine Augen blicken lässt. ,,Lange genug." meine Finger schmiegen sich um sein Kinn, dass von einem leichten Bartschatten bezogen ist. Unsere Lippen schweben voreinander, sie necken sich, sie provozieren einander. Und ich genieße es mit vollen Zügen, bis sich der Knall einer Autotür dazwischen schiebt. Genervt blickt Henry an mir vorbei, sodass auch ich seinen Punkt fixiere.

"Hast du alles?" Neugierig löse ich mich aus dem Griff von Henry, um auf Mike zuzugehen, welcher nun mit verschränkten Armen vor mir steht. Mir genügt ein nicken von ihm, um zu Henry zu schauen und ihn zu bitten zu gehen. Doch ich erkenne den Trotz in seinen Augen, als er meiner Bitte nachkommt und ins innere geht.

"Was hast du nun vor?" Seine Lippen pressen sich aufeinander. ,,Ich gehe nach England zu meinem Onkel. Vielleicht finde ich dort einen Job." Gleichgültig zucken seine Schultern nach oben, sodass sich meine Augen zu schlitzen verziehen. ,,Was hast du wirklich vor?" Erstaunt legt sich seine Stirn in Falten, als ich meine Worte schneidend über meine Lippen gleiten lasse.

"Weiß ich noch nicht."

"Es tut mir alles so leid." Hauchend trete ich einen Schritt auf ihn zu, spüre wie er seine Arme um mich wickelt, wie ich meinen Kopf auf seine Schulter platziere. ,,Verzeih mir, dass ich dich in all das reingezogen habe." meine Finger verkrampfen sich in den Stoff seiner Jacke. ,,Glaube mir, ich bereue nichts davon."

Make Me Yours - Keep breathingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt