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Nevada

Die Wolken ziehen sich in dunkle Kreise zusammen, als ich aus dem Wagen meines Vaters aussteige und meine Jacke enger um mich schlinge. ,,Hier soll ich also wohnen?" Frage ich skeptisch nach, als ich die Villa von Edward und Rodery erkenne. ,,Nicht auf Ewig. Aber bis Ende deines Vertrages." Gibt er von sich, als er mir meine Tasche und damit mein jetziges Leben überreicht. ,,Und dann, Matthew?" Müde betrachte ich das Licht, dass die Villa zu durchfluten scheint. ,,Dann werde ich dir alles erklären." Fügt er Selbstverständlich hinzu, doch ich schüttle meinen Kopf. ,,Das reicht mir nicht." Murmle ich trist, erahne wie Kayla in der Tür steht und sich das Licht von hinten um sie hüllt, sodass ihre Shillouette zu erkennen ist.

„Du solltest eigentlich verstanden haben, dass das keine Rolle spielt." Er schnaubt laut aus, bevor er sich umdreht und wieder auf die Rückbank des BMWs steigt. Das getönte Fenster hinunter gelassen, während er sich seine Zigarette anzündet. ,,Ich regele das mit deiner Uni, halte dich an Edward und begehe keine Fehler, sonst garantiere ich für nichts mehr." Die Reifen gleiten ins Rollen, während das Fenster sachte hoch fährt und ich nur noch die letzte Rauchwolke erhasche, die sich in meinem Gesicht breit macht, bevor ich dem schwarzen Wagen hinterher schaue- bis es gänzlich mit der Nacht getarnt ist.

Meine Schritte sind ermüdend und triste, als ich die niedrigen Stufen hinauf zu Kayla gehe, die ihre Arme um sich selber gewickelt hat, bis ich vor ihr stehe und sie mich Still in den Arm nehmen will. Jedoch blocke ich ab.

Ich schaffe es nun nicht auch nur irgendeine Nähe zu irgendjemanden zu haben- dafür ist sie mir zu viel. Ich würde anfangen zu schreien, ich würde anfangen zu verzweifeln und die Wut, die sich in mir tarnt würde beginnen die Oberhand zu gewinnen und das möchte ich niemanden zu muten. ,,Nevada-" Ich schüttle erschöpft meinen Kopf und hebe meine Hand, was sie zum seufzen bringt. ,,Sophia ist da." Haucht sie leise, wodurch sich mein Kopf automatisch hebt und ich nur noch die Reste ihres Baby Bauches wahrnehme.

"Und Babys- sie sollen helfen, sich wieder gut zu fühlen. -"

,,Kayla, ich bin wirklich kein Mensch für Kinder." Murmle ich entschuldigend, doch es hat sich noch immer das stolze Lächeln auf ihre Lippen gelegt. ,,Das braucht man bei ihr auch nicht. Sie verzaubert jeden und ich glaube du brauchst gerade etwas, was dich ein wenig aufmuntert." Sie schließt leise die Tür hinter mir und deutet mir an ihr die Treppen hoch zu Folgen. Wir kommen in der zweiten Etage an und steuern auf die erste Tür zu, wo sich hinter ein wahrer Mädchentraum verbirgt. Die Wände sind in einem hellen rosa, während die Möbel weiß sind und das kleine Himmel-Kinderbett alle Augen auf sich zieht. Ich stelle die Tasche neben der Tür ab und schleiche ebenso leise an das Kind heran, wie Kayla, die das leuchten ihrer Augen nicht verbergen kann.

„Irgendwann," sie bricht ab, als sie dem kleinen Wesen über die aufgeplusterten Wangen streicht. ,,werden wir abhauen. Sophia und ich werden einen Neuanfang schaffen und sie wird nichts hier von erleben." Erneut löst sich der Kloß in meinem Hals nicht auf, stattdessen wird er größer und wächst zur vollen Ladung heran, sodass die Tränen in meinen Augen stechen. ,,Ich würde dir gerne helfen, Nevada. Aber wir kennen uns zu wenig, um dir eigene Tipps zu geben, wie du damit zurecht kommst. Aber eins ist unglaublich wichtig: versuche in allem ein Stück gutes zu sehen. In allem. Das ändert die ganze Sicht auf dein Leben. Versprochen."

Ich zwinge mich zu einem Lächeln und streiche mir die Tränen fort, um Platz für neue zu schaffen. ,,Du wirst heute Nacht bei Rodery schlafen. Er ist nicht da und sonst hätten wir nur die Couch zur Verfügung." Ich nicke auf ihre Aussage hin und richte mich zögerlich auf, bis das kleine Wesen zu schreien beginnt und sie ihre Augen öffnet. Und ich erkenne deutlich die Augen von Kayla. Sophia verzieht ihr dunkles Gesicht, wodurch sanfte Falten entstehen, während sie ihre winzigen Hände in die Luft schlägt und sich beginnt zu strecken. ,,Ich schätze sie hat Hunger. Möchtest du noch reden? Dann komm ich noch vorbei." Ich schüttle dankend meinen Kopf. ,,Ich glaube Schlaf wäre etwas angebrachter." Gebe ich zu bedenken, was sie mit einem verständnisvollen nicken hinnimmt, ehe sie ihre Tochter leise lachend aus ihrem Bett nimmt und gegen sich drückt, um sie bereits ein Stück zu beruhigen.

Ich gehe mit einem sanften Lächeln aus dem Zimmer, nachdem ich weiß wo Roderys liegt und nachdem ich meine Tasche ergriffen habe und in das weiße und Ausdruckslose Zimmer gehe, welches Minimalistisch eingerichtet wurde. Mir entkommt ein seufzen, als ich die Tür hinter mir zu schmeiße, die Tasche vor das Bett werfe und mich auf das weiche Bettzeug lege, um den Druck auf meinem Herzen, auf jede erdenkliche Art und Weise auszuleben.

Ich zucke auf, als sich das Gefühl in mir breit macht, dass ich falle. Mein Mund steht offen, sodass der Speichel raus rinnt. Meine Augen sind verklebt, mein Körper dehydriert und in allem schmerzt mein Kopf. Stöhnend rolle ich mich auf meinen Rücken und fahre mit meinen Händen durch mein Gesicht, ehe ich aufstehe und von dem Mondlicht gefolgt zur Tür tapse. Aus dem Erdgeschoss kommt noch Licht, sodass ich mich nicht unbeholfen nach dem Schalter umsehen muss, sondern gleich das Wohnzimmer betreten kann, wo ich Edward und Henry ausfindig machen kann.

Ihr Gespräch verstummt jedoch sogleich als sie mich erblicken und ich augenblicklich stehen bleibe. ,,Geht es dir gut?" hakt Edward besorgt nach, ehe er das Glas in seiner Hand abstellt. ,,Können wir reden? Allein." Ich werfe einen Blick zu Henry, der mit den Augenrollt, aber Wortlos aufsteht und mir im vorbei gehen sein Glas in die Hand drückt. Edward wirft mir einen noch beunruhigenden Blick zu, was ich jedoch mit einem zwanghaften Lächeln versuche zu verringern- vergeblich.

„Ich muss mit dir was besprechen." Murmle ich leise, als ich mich neben ihn auf die Couch setzte und ihn dabei mustere, wie er die Schachtel Zigaretten vom Tisch nimmt. ,,Habe ich gemerkt. Auch?" Ich nicke auf das Angebot und nehme mit zitternden Händen den Stängel in den Mund, um ihn mir anzünden zu lassen. Edward nickt noch hastig mit seinem Kopf in Richtung Terrasse. ,,Kayla hat seit der Schwangerschaft ein Rauch Verbot im Haus erstattet." Ich schmunzle auf diese Aussage hin und beginne den ersten Zug der Zigarette zu nehmen. Der Rauch füllt meine Lungen, ehe ich es in das Wohnzimmer entlasse und spüre, wie meine Muskeln zu entspannen beginnen und ich für einen Augenblick all den Stress vergesse. ,,Gibt es eine andere Möglichkeit Xavier noch irgendwie... zu retten?" Ich beiße mir auf die Lippe und senke meinen Blick, als ich den ungläubigen Ausdruck auf seinem Gesicht erkenne.

,,Nevada, hast du Kontakt mit ihm?" Ich schüttle sogleich meinen Kopf und möchte ansetzten zu sprechen, doch sein inbrünstiges seufzen bringt mich schon dazu zu verstummen.

"Ich verstehe. Nevada, ich weiß du hast großes Mitgefühl, aber schaffe es ab, solange du dich nicht zu sehr mit ihm beschäftigt hast, wird es, naja, einfac-" ,,Edward, sein kleiner Bruder war bei mir. Er hat mich angebettelt, etwas für seinen Bruder zu tun. Liams Vater ist Tod und er wird es auch bald sein, wenn man Xavier nicht bald findet. Dieser will sich jedoch stellen und Liam versucht alles daran zu setzten, dass er es nicht tut, denn-" Ich breche ab, als erneut die Tränen in meine Augen stechen und ich hastig einen Schluck aus dem Glas nehme. Bitternis legt sich über meine Zunge und dennoch tut es ungemein gut, als ich den Geschmack wahrnehme und auf die Wirkung warte.

„Schon gut." Murmelt er verständlich, was ich mit einem sanften Lächeln quittiere. ,,Ich möchte dich nicht enttäuschen, aber nein. Sobald Xavier erwischt wird, werden sie keinen halt machen, ihm letztlich alles zu nehmen, was er hat. Damit auch Liam." Ich zucke bei dem Gedanken zusammen und nehme weitere Züge des Nikotins auf. ,,Das ist unfair."

"Nein. Das ist unser Leben."

Make Me Yours - Keep breathingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt