18.8

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Nevada

Schmerzend beiße ich meine Zähne auf meine Lippe, um die kommende Welle des brennenden Gefühles zu überstehen. Um die Hitze die in mir aufsteigt zu unterdrücken, um die Stiche auf mir zu vergessen. Mein Kreuz biegt sich durch, meine Augen beginnen zu zittern, zu flackern, sie verziehen sich, während ich bereits den schwarzen Punkten entgegenblinzle und mit jeder Faser versuche all dem Schmerz auszuweichen. All das Leid umzuleiten. All die Übelkeit, der Schwindel, die krächzenden Laute die meine Lippen verlassen zu ignorieren. Irgendwie.

Und sobald die Atemlose Starre über mich gegangen ist, versuche ich um mein Leben zu atmen. Kralle meine Finger in die Laken, spüre die Nässe unter mir. Spüre sie an meinem Leib, spüre sie an meinen Wunden, an meinem Körper, in meinen Haaren. Ich sehe das Bild vor mir. Blut. Alles voller Blut in den weißen Laken. Mein Blut. All mein Blut, dass in den Laken, auf den Laken tropft, fließt, ist. In dem ich Bade. In dem ich die Schmerzen ertrage, die ich seit langem nicht mehr so gespürt habe. Die ich noch nie so gespürt habe. Die ich noch nie so zugelassen habe. Niemals. Denn es ist Schwäche. Schwäche die nicht existieren darf. Schwäche die nicht sein darf. Schwäche die einen alle Kraft nimmt. Egal ob vorhanden oder nicht. Sie ist mein Gegner.

Ich beginne mich zu winden. Ich beginne jede verheilte Wunde, jeden Faden der meine Haut zusammenhält aufzureißen. ,,Nevada." meine Augen kneifen sich bei dem plötzlichen Lichtstrahl zu. Alles an mir schmerzt. Und ich beginne mein Bewusstsein zu verlieren. So schmerzhaft. So unkontrollierbar.

"Nevada!" Mein Körper übernimmt jede Bewegung, jeden Zug der so schmerzt. Jede Berührung die auf meiner Haut aufkommt. Jede Berührung die ich abzuwehren versuche. Die Panik bricht in mir aus. Die Panik bricht in dem Raum aus. Und sie schwindet erst, als ich eine Lähmung meiner Gelenke bemerke. Als ich meine Augen zäh zu öffnen beginne. Als ich verschwommen in das Gesicht mit den grünen Augen blicke, dass sich aufrichtet. Das die Spritze fest umklammert. Seine Hand legt sich an meinem Kopf, während sich ein Lächeln auf seine Lippen stiehlt. Eines, welches nicht dem gleicht, dass ich kenne. Eines das nicht dem Frieden angehört, dass ich eigentlich haben wollte. Das mir für den Moment versprochen wurde. Hektisch gleiten meine Augen durch den Raum. Versuchen mich, meinen verstand, meinen Körper dazu zu bringen aufzustehen. Sich zu bewegen. Zu rennen. Aber ich spüre mich nicht mehr. Ich spüre nicht das Blut, die Laken unter mir. Ich spüre nicht den Schweiß auf mir. Ich spüre nicht einmal mehr meinen rasenden Herzschlag. ,,Nevada." Erschreckend blicke ich zurück, beginne meinen Mund zu öffnen, beginne in meinem Kopf zu schreien. Laut, so unglaublich laut. Doch es verlassen bloß die Tränen meine Augen, als ich Charles grau erkenne. Als ich sein Lächeln erkenne, in dem Körper meines Cousins.

Besorgt blicken mich die Augen an, welche durch den schmalen Spalt der offenen Tür lugen. Meine Mundwinkel zucken sogleich nach oben, ehe sich mein Gesicht wieder gequält verzieht. ,,Sei nicht so grob." murrend umklammern meine Finger das Waschbecken, fester, schmerzender. Es ist als würde er an meinem Körper ziehen, reißen, mich umher schubsen. ,,Dann halte endlich still." meine Augen rollen sich bei seinem knurrenden Unterton, der mein Leib zusammenziehen lässt. ,,Dir ist wohl bewusst, dass du es bist, der mich zum Bewegen bringt." fauchend lasse ich meinen Blick über meine Schulter gleiten, um in die strahlend blauen Augen zu schauen. Ihr Funkeln scheint sowohl alle negative Energie auf sich zuziehen, als auch all die Leidenschaft zu besitzen, die mich anzieht.

"Liam." säuselnd lasse ich meine Augen wieder zur Tür gleiten und betrachte den ertappten Jungen und das seufzen von Henry. ,,Wir hatten dir gesagt, dass-"

"Xavier hatte mich ihr anvertraut, Henry, nicht euch. Also lasst mich sie sehen." ich könnte meinen den Stolz in mir wachsen zu spüren, als er seine Worte gar spielerisch von sich gibt und sich das provozierende Lächeln in seinem Gesicht bildet. ,,Ihr hattet es ihm verboten?" skeptisch schaue ich wieder zu Henry, der die nächste Schicht an Verband um mich legt. ,,Du brauchst Ruhe, Nevada. Und nach dem Vorfall heute Nacht noch mehr." mir entkommt ein patziges schnauben, ehe ich zu Liam schaue, der noch immer an der Tür steht. ,,Kann ich dir irgendwas Gutes tun?"

Seufzend stellt er sich ins Bad. ,,Mike ist gerade unten und wartet darauf das ich irgendwelche Neuigkeiten bringe." ich kann kaum reagieren, als ich bereits den fester werdenden Verband um meine Rippen spüre, während sich jeglicher Druck auflöst und Henry an mir vorbei stürmt. Seine leisen Schimpfteraden lässt er ungehindert über seine Lippen gleiten. ,,Henry!" vergeblich versuche ich meine Lungen von der Luft zu entlassen und spüre doch das ziehen in meinem Körper, welches von all den Wunden stammt. Von all den aufgerissenen Narben. ,,So ein Vollidiot." ich ziehe zischend meine Luft ein, um mich mit aller nötigen Kraft von dem Waschbecken abzustützen und an Liam vorbei zu stürzen.

Meine Hände zerren an dem losen Verband, während ich die schreienden Laute von Henry wahrnehme. Bereits als ich an der Brüstung stehe, erkenne ich wie der störrische Blondschopf Mike gegen die Wand presst und ihm den Lauf seiner Waffe an die Schläfe hält.

"Henry!" warnend lasse ich seinen Blick zu mir gleiten, erkenne die lodernden Flammen in seinen strahl blauen Augen und die geballte Kraft seines Kiefers. Mikes Gesicht ist verzerrt, wahrscheinlich ebenso vor Zorn, aber auch vor einer Angst. ,,Er tut nichts." füge ich hinterher, lasse meine Stimme ruhiger, gedehnter klingen. Zeige ihm wie ein Hund, dass von ihm keine Gefahr ausgeht. Ich spüre wie sich meine Finger um das Geländer schlingen, als mir jede Kraft aus den Knochen gezogen wird. ,,Henry." mit Nachdruck versuche ich alles mögliche, um Mike lebendig aus seinen Händen zu bringen. Doch er schafft es kaum sich zu beruhigen. Es ist als würde ihn eine vollkommen andere Hand steuern. Seine Waffe schlägt gegen das Gesicht von Mike, wodurch dieser stöhnend zu Boden fällt.

Fassungslos reiße ich mich von dem Geländer fort und schmeiße die Tür hinter mir zu, sobald ich in meinem Zimmer angekommen bin und Liam wieder entgegen schaue. ,,Er ist es nicht Wert, dass du dich aufregst." gibt er leise von sich, was ich mit einem tonlosen Kofpschütteln quittiere. ,,Ich wünschte es wäre so, aber Henry ist so ein Sturkopf." fauchend stemme ich meine Hände in die Bettdecke, während meine Zähne aufeinander gleiten. Die Schmerzen lassen mich schwarze Punkte vor meinen Augen haben. Sie tanzen, sie umschwärmen, sie verblenden. ,,Ich habe nicht von Henry gesprochen, sondern von Mike." meine Brauen ziehen sich zusammen, als er mit dem, von ihm, aufgerollten Verband auf mich zukommt und mir andeutet, dass er dies macht. ,,Es war glaube ich nicht die beste Idee ihm im Bh entgegen zu treten."

"Redest du wieder von Mike?" er braucht nicht nicken, um mich in meiner Vermutung zu bestätigen. Das tue ich bereits ganz alleine. Es war wirklich nicht schlau, aber es hat nicht dazu beigetragen, dass er ihn umbringt. ,,Ich habe Mike in all das hineingezogen, ich kann nicht zulassen, dass ihm was passiert."

"Rede mit Henry."

Erneut verstehe ich nur in Bruchstücken was er mir zu sagen hat. Seine Hände lassen von mir und den Wunden auf meinem Rücken ab, wodurch ich nach der Jacke greife und sie um mich Schlinge, während ich zu ihm schaue. ,,Du weißt mehr als ich." sein kopf schüttelt sich zu meiner Vermutung. ,,Ich weiß genauso viel wie du, versprochen. Aber dir muss selber aufgefallen sein, dass Henry sich nicht normal benimmt, wenn es um ihn geht. Und es wird nicht der Grund sein, dass es dein Ex ist. Das muss dir auch aufgefallen sein."

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