19.6

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Nevada

Es stellte sich heraus, dass dies nicht mein neuer Aufenthaltsort ist. Scheinbar war dies nur eine Art Gefängnis für Kayla, die sich noch mehr Geld anschaffen möchte, bevor sie zu ihrem Bruder gelangt und sich ihre Tochter wiederholt. Mein Respekt und meine Sympathie ihr gegenüber ist vollkommen verschollen und ich wünschte ich hätte mich gegen Timothy mehr gewehrt, damit ich ihr alles heimzahlen könnte, was sie uns nun angetan hat. Letztendlich hoffe ich einfach nur, dass Edward von all dem mitbekommen hat und er die Flucht erschlägt. Wenn Sophie in die Hände ihrer Mutter gelangt, ist ihre Zukunft verkorkst und ich wünsche es keinem anderen mehr, als ihr, normal zu leben.

In dem Auto hatte ich selber Schwierigkeiten Timothy von mir zu halten. Jedes Mal, wenn ich mich gegen seine Berührungen oder Versuche mich zum Sex zu bringen, abgestoßen habe, schlug er zu. Mit jeder Faser meines Körpers habe ich mich gegen seine widerlichen Hände auf meinem Körper gewehrt, habe geschrien, habe gebetet. Nur keines dieser Gebete wurde erhört, sodass ich halb bewusstlos das weitere Ausmaß seiner Güte gespürt habe.

Seit dem sind bereits sechs Wochen vergangen. Statt das die Blutergüsse verschwinden und mich endlich in frieden lassen, zeigen sie mir jeden Morgen, in welcher Stellung ich mich befinde. Bisher hat mich jedoch nur Timothy angefasst und kein anderer, da er dies ausdrücklich nicht wollte. Scheinbar ist das wohl das einzige Privileg das ich als seine Assistäntin besitze. Und doch kratze ich ihm noch immer die Augen aus, sobald er mir zu Nahe kommt.

„Woher kommt das?" Ich zucke zusammen, als sich die Blauen Augen in den Spiegel bohren und mich mit wütender Miene betrachtet. Aber er ist nicht wütend auf mich, er ist nie wütend auf mich. Mein Mundwinkel zuckt ein Stück nach oben. Ich würde mich am liebsten umdrehen, doch dann wüsste ich, dass er fort ist. „Unwichtig." Hauche ich schmunzelnd, während ich meinen Ärmel wieder über die Blutergüsse ziehe. Jedoch verblasst mein Lächeln, als ich ihm weiter in die Augen blicke. Das Blau, dass mich immer vergessen ließ. Das Blau, dass mich die schlimmsten Wunden überstehen ließ. Das Blau, dass sich so sehr in mich gebohrt hat, dass ich nicht ohne ihn kann. Mein Hals schmerzt sich brennend und heiß zu, während ich den Boden zu fixieren beginne. „Ich kann nicht mehr, Henry." Meine Hand bohrt sich um das Regal, seine Atmung hält inne, ehe er weiter an mich tritt. Ich sehe es durch den Spiegel, ich sehe es mit meinen eigenen Augen, doch ich spüre ihn nicht. Nicht seine wärme, nicht ihn selbst. Ich kann nicht einmal seinen Duft aufnehmen, weil dort bloß der des widerlichen Raumes ist.

„Ich kann das nicht." Schmerzend fällt mein Körper ein, lässt mich schluchzend auf meinen zitternden Beinen zurück, die mit aller Macht zu stehen versuchen. „Du hast bisher alles geschafft, Nevada. Du schaffst das und jede weitere Hürde. Glaube einfach an dich." Heiße Tränen rinnen meine Wange hinunter und brennen sich in meine Wange ein. „Nein! Nein, verstehe es! Ich. Kann. Nicht. Mehr!" Meine Augen schlagen sich instinktiv wieder in den Spiegel, doch der Platz ist leer. Henry ist fort, wodurch die Einsamkeit durch mich flutet und mich wie eine Welle mit sich reißt. Bis ich auf den Klippen aufschlage.

Meine eingefallenen Hände streichen über meine Wangen, während ich mich auf der kleinen Sitzbank vor dem Fenster setzte. Meine Finger streichen über den Einschlag, des getönten Glases. Mehr habe ich nie hinbekommen, mehr lässt sich auch nicht machen. Ich habe alles dagegen geworfen, in der Hoffnung, dass es endlich zerspringt. Die Trümmer der Stühle und der Bilder liegen noch immer auf dem Boden verteilt. Selbst mit der Gabel habe ich es nicht hinbekommen, das Einschlagloch zu vergrößern. Es ist aussichtslos. Das einzige was ich in den letzten sechs Wochen gesehen habe, war dieses Zimmer und mit Begleitung einige Räume des Hauses. Ansonsten bin ich abgeschnitten und weggesperrt.

Make Me Yours - Keep breathingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt