1| Ankunft

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Ich staunte nicht schlecht, als ich in der großen Halle des Cruise Centers stand. Hier war alles so riesig! Hinter der mit Glas verkleideten Wand sah man sogar schon den Bug des Kreuzfahrtschiffes, auf welchem ich die nächsten drei Wochen verbringen sollte. Ich hatte es endlich geschafft bei meinem Chef meinen wohlverdienten Urlaub durchzusetzen. Seit ich denken kann arbeitete ich fast jeden Tag in einem kleinen Café, um mir diese Reise zu finanzieren.

Mein Traum war es schon immer eine Kreuzfahrt zu machen. Man legt an den verschiedensten Häfen der Welt an, sieht Städte, bei denen man im Traum nicht daran gedacht hat, dass man sie mal sehen würde und das ganze auf einem Schiff, welches fast selbst so ist wie eine kleine Stadt. Was da alles angeboten wird! Mehrere Restaurants, Bars, ein Theater, ein Kino, ein Fitnessstudio, sogar eine Einkaufspassage war vorhanden. Also wenn man da nichts findet, weiß ich auch nicht weiter. Ich sah es schon kommen, dass ich am Ende meiner Reise ein paar Kilo zunehmen würde.

Beim Anblick der großen Schiffes hüpfte ich vor Freude die nächsten paar Schritte auf die Rezeption zu, vor der bereits eine lange Schlange stand, um sich anzumelden. Ich grinste wahrscheinlich wieder von einem Ohr zum anderen, seit Tagen tat ich nichts anderes, aber ich konnte es einfach nicht abschalten. Es ging sogar so weit, dass meine beste Freundin Kelsey sagte, sie vermisse meinen normalerweise gelangweilten Gesichtsausdruck. "Suji," hätte sie gesagt, "hör auf so dämlich zu grinsen, das ist ja schrecklich" woraufhin ich nur noch breiter gegrinst habe. Ja, im alltäglichen Leben war ich meistens gehetzt und schlecht gelaunt, aber wer war das schon, wenn man bereits um 5 Uhr morgens aufstehen und dann trotzdem bis spät in die Nacht arbeiten musste? Ich war ganz bestimmt kein Frühaufsteher. In diesem Moment freute ich mich einfach auf ein paar Wochen Ruhe und Erholung.

Ich stellte mich an das Ende der Schlange und schaute mich noch einmal genauer in der Halle um. Es sah ungefähr genau so aus wie in einem Flughafen. In der Mitte und an den Seiten gab es einige Sitzmöglichkeiten und an der Vorderseite gab es sogar eine kleine Bar, an der man sich mit einem schönen Cocktail auf den Urlaub freuen konnte. An der Seite befand sich ein Gate zur Kontrolle. Von dort aus kam man dann über eine Treppe zum Terminal. Ich hätte mich auch noch etwas hinsetzen können, das Schiff war lange noch nicht abfahrbereit und das Gepäck, welches ich bereits am Eingang abgegeben hatte, war auch noch nicht beladen, aber ich konnte es einfach nicht erwarten endlich auf dem Schiff zu sein.

Ich konnte mir das Grinsen einfach nicht verkneifen und wäre Kelsey dabei gewesen, hätte sie mich bestimmt schon wieder geschlagen. Sie ist wirklich konsequent, was so etwas anbelangt, aber im Inneren freute sie sich für mich mit. Sie wusste, dass ich quasi schon mein ganzes Leben auf diesen Augenblick hin gearbeitet habe und sie wäre bestimmt auch gerne mitgekommen, aber zum einen hatte sie keinen Urlaub bekommen und zum anderen hatte ich mich schon auf einen Urlaub alleine vorbereitet. So gerne ich auch die Zeit mit meiner besten Freundin verbrachte, umso mehr freute ich mich auf diese Zeit für mich alleine. Einmal konnte ich für mich entscheiden, was ich unternehmen wollte und niemand konnte mir da rein reden.

Die Schlange bewegte sich allmählich vorwärts, wurde hinter mir aber auch immer länger. Kaum zu glauben wie viele Leute auf so ein Schiff passen! Hauptsächlich sah ich Familien mit Kleinkindern oder ältere Menschen, kaum jüngere Menschen wie mich. Kein Wunder eigentlich. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Ferien und die wenigsten würden sich für eine dreiwöchige Kreuzfahrt entscheiden, geschweige denn sich so eine Reise überhaupt leisten können.

Die aufgeregte Stimmung, die mir schon beim Betreten der Halle entgegen geschlagen ist, wurde plötzlich von lauten Stimmen unterbrochen. Im Eingangsbereich gab es einen kleinen Auflauf und man hörte hauptsächlich Mädchen irgendetwas kreischen. Ein schwarzer Van fuhr vor und mehrere Menschen stiegen aus, woraufhin der Lärm noch weiter anstieg. Was war denn hier los? Die Menschen in der Schlange drehten sich ebenfalls verwundert um und streckten sich um besser zu sehen, wegen wem dort gerade so ein Aufstand gemacht wurde. Meine Neugier wurde jedoch im nächsten Moment zerschlagen.

"Der nächste, bitte!" Ohne es zu merken, war ich am Anfang der Schlange angelangt und bewegte mich auf den Mann an der Rezeption zu, der mich freundlich anlächelte. "Guten Tag, darf ich ihr Ticket sehen?" Ich nahm mein Portemonnaie hervor und entnahm diesem meine etwas unordentlich zusammengefalteten Unterlagen. Der Mann überprüft alle Angaben auf meinem Personalausweis und hält dann eine Kamera hoch. "Bitte lächeln!" Etwas überwältigt schaute ich hinein und lächelte verlegen. Ich wollte gar nicht wissen, wie das Bild aussieht. Wahrscheinlich genauso schlimm, wie die alljährlichen Bilder in der Schule. In der letzten Stunde, nach dem Sportunterricht und mit hochrotem Kopf. Schlimmer geht es nicht. "Sehr schön," sagte der Mann hinter der Rezeption höflich und überreichte mir schließlich meine Bordkarte, die ich direkt in meinem Portemonnaie verstaute. "Ich wünsche Ihnen eine schöne Reise!" Ich bedankte mich und der Mann lächelte mich noch ein letztes Mal an, bevor er sich dem nächsten Passagier zuwendete.

Ich ging durch die Absperrung auf die Kontrolle zu, wo man mir erklärte, dass ich alle elektronischen Geräte und meinen Rucksack auf ein Band legen soll, wo sie dann mit Hilfe von Röntgenstrahlen durchleuchtet wurden. Danach ging ich ebenfalls problemlos durch das Gate und nahm meine Sachen wieder an mich. Ich ging die große Treppe zum Terminal hinauf und auch hier befand sich wieder eine lange Schlange. Weiter vorne wurden schon die ersten Erinnerungsfotos gemacht.

Zu meiner Linken sah man wieder das Schiff, diesmal noch näher, wodurch ich mich unwillkürlich ganz klein fühlte und mich fragte, ob ich das alleine auf so einem großen Schiff überhaupt aushalten werde. Ich überspielte das mulmige Gefühl in meinem Bauch jedoch und sah mich noch etwas um, bevor ich an der Reihe war mit den Fotos. Wenn ich nach rechts sah, schaute ich auf die Halle herunter. Die Schlange vor der Rezeption war immer noch lang und es sah nicht so aus als würde es demnächst weniger Menschen werden. Immer mehr Leute drängten sich in die Schlange.

Besonders eine Gruppe fiel mir in der Halle auf. Es war eine Gruppe von sieben Leuten, die alle stylisch gekleidet waren und Kopfbedeckungen trugen, sodass ich ihre Gesichter nicht genau erkennen konnte. Flankiert wurden sie von einigen grimmig schauenden Männern in schwarzer Kleidung. Sie standen wartend am Rande des Geschehens bis ein Mann auf sie zuging und mit sich führte. Sie gingen hinter die Absperrung und wurden auch bei dem Gate vorgezogen. Ihr Auftreten machte mich neugierig. Wer waren diese Leute, dass man sie so behandelte?

Schließlich drückte mir eine Frau einen Rettungsring für das Foto in die Hand. Wow, das waren ja tolle Aussichten. Ich musste über mich selber lachen und positionierte mich vor einem Bild des Schiffes. Die Fotografin schoss ein paar Fotos und winkte mich dann weiter. Den Rettungsring übergab ich wieder der Frau. Hoffentlich würde ich diesen in den drei Wochen nicht benötigen.

Am Eingang des Schiffes wurde bereits meine Bordkarte überprüft und für einen kurzen Augenblick blitzte das Bild, welches der Mann hinter der Rezeption gemacht hatte, auf einem Bildschirm auf. Es war gar nicht mal so schlimm. Meine braunen Haare fielen mir wellig über die Schultern und ich lächelte fast schüchtern. Okay, ein neues Profilbild war es auf jeden Fall nicht, aber für diesen Moment war es gar nicht mal so schlecht. Immerhin war ich ja auch seit 6 Uhr auf. Undzwar vor Aufregung. Ich nahm meine Karte und betrat lächelnd zum ersten Mal in meinem Leben ein Kreuzfahrtschiff. Hätte ich gewusst, was alles auf mich zukommen wird, hätte ich vielleicht nicht mehr gelacht.

Bon Voyage - cruise (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt