62| Seoul

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Jimin  POV

"Schon wieder nur die Mailbox!" Frustriert warf ich mein Handy auf das nächste Sofa und ging in dem Raum auf und ab. Sechs Augenpaare lagen beunruhigt auf mir und ich ließ mich seufzend auf einem Sessel nieder. Sie hatte meine Anrufe immer angenommen, egal wann. Immer wenn ich angerufen hatte, hatte sie nur Sekunden später abgenommen. Doch seit vierTagen war sie unerreichbar. Es war, als wäre sie wie vom Erdboden verschluckt. Es herrschte komplette Funkstille. Ich hatte es sogar per Festnetz versucht, aber auch hier sprang nur die Mailbox an. Auch auf meine SMS reagierte sie nicht. Sie waren noch nicht einmal angekommen. Ich spielte schon mit dem Gedanken, dass sie ihr Handy vielleicht verloren hatte oder es ihr vielleicht geklaut wurde, aber dann hätte sie bestimmt angerufen. Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare und verstrubbelte sie so nur noch mehr. Meine Stylistin sah mich böse an und ich setzte mich wortlos wieder auf den Stuhl, während sie meine Haare wieder in Ordnung brachte. Das Fotoshooting sollte bald beginnen. "Tut mir leid.", murmelte ich leise vor mich hin und meine Stylistin seufzte nur. Hier schien jeder zu glauben, er wüsste wie es in meinem Inneren aussah, denn egal wo ich auch hinblickte, mir begegneten nur mitleidige Blicke. Dabei hatten sie keine Ahnung. Sie wussten nicht wie es war eine Fernbeziehung zu führen. Ich hatte Suji mittlerweile zwei Monate nicht mehr gesehen. Wir hatten telefoniert und geskyped und natürlich ganz oft miteinander geschrieben, aber mir fehlte ihr Lächeln. Ich wollte sie vor mir stehen sehen, wenn sie mich mit diesem breiten  Grinsen im Gesicht ansah. Ich wollte sie endlich wieder umarmen können. Anfangs hatte ich das Ganze noch herunter gespielt und so getan, als wären die tausenden an Kilometern, die zwischen uns lagen, kein Problem, aber das war es. Ich vermisste sie einfach so sehr.

Ich sah aus den Augenwinkeln, wie Taehyung langsam auf mich zu kam, sich einen Stuhl schnappte und sich neben mich setzte. Meine Stylistin hatte in der Zeit meine Frisur wieder gerichtet und lächelte mir aufmunternd zu, bevor sie ging. Ich blieb auf dem Stuhl sitzen. "Alles okay bei dir?" Taes Stimme drang wie aus dem Off zu mir durch und ich holte tief Luft. "Sie hat sich nicht mehr gemeldet." Tae klopfte mir auf die Schultern. "Sie hat vielleicht einfach gerade viel zu tun. Hm?" Er lächelte, doch ich schüttelte den Kopf. "Sie hat mir sonst immer geschrieben, wenn sie viel Stress hatte.", sagte ich und sah Taehyung zum ersten Mal in die Augen. "Was, wenn sie anfängt mich zu vergessen?" Ich schluckte schwer. Tae schnaubte. "Als ob sie das könnte. Sie liebt dich. Glaubst du da kann sie dich wirklich vergessen?" Ich zuckte mit den Schultern. Sie hatte sich noch nie so lange nicht gemeldet ohne nicht wenigstens eine Nachricht zu schreiben. Diese Nervosität schien auch auf die anderen Member überzuspringen und diese stetige Spannung war bereits seit Tagen zu spüren. "Es ist einfach so-so... und ich mache mir solche-" Ich brach seufzend ab und  stützte mein Gesicht auf meinen Händen ab. Tae nickte langsam. Er legte eine Hand auf meine Schultern und sah mich ruhig an. "Ich weiß."

Suji POV

Bald war es soweit. Ich würde ihn endlich wiedersehen. Meine Füße scharrten nervös über den Boden und ich blickte hibbelig aus dem Fenster der Flugzeuges. Vor zehn Minuten wurde uns mitgegteilt, dass wir uns nun im Landeanflug befanden. Wir musste uns wieder auf unsere Plätze setzen und uns anschnallen. Wir sollten uns ruhig verhalten, aber bei mir funktionierte das überhaupt nicht. Ich wusste nicht, wann ich das letzte mal so aufgedreht war. Mein Blick huschte zu meiner Mutter, die neben mir saß und zu Kelsey eine Reihe weiter. Sie war freiwilig mitgekommen, damit ich mich in den ersten Wochen eingewöhnen konnte. Mein Herz fing wieder an schneller zu schlagen, bei dem Gedanken daran, was ich gerade tat. Ich war wirklich gerade dabei nach Seoul zu ziehen.

Ein Lächeln schlich sich, wie die letzten Tage bereits auf mein Gesicht bei dem Gedanken, was sich nun alles ändern würde und ganz besonders lächeln musste ich bei dem Gedanken an eine ganz bestimmte Person. Jimin wusste noch nicht, dass ich nach Seoul kommen würde. Wir hatten es ihm alle verschwiegen. Es sollte eine Überraschung sein. Natürlich wussten die sechs anderen Jungs über alles Bescheid. Durch sie war ich überhaupt an meinen zukünftigen Job gelangt. Choreografin bei Big Hit Entertainment. Vor einem Monat ungefähr hatte ich eine Nachricht erhalten, mit der Aufforderung, dass ich mich dringend beim Big Hit Entertainment melden sollte. Etwas verwirrt hatte ich die hinterlegte Nummer angerufen und als plötzlich Hoseok am anderen Ende der Leitung den Hörer abnahm, bestand mein Gesicht sicher nur noch aus tausenden Fragezeichen. Hobi hatte mir die ganze Situation erklärt, dass Jimin bei den Proben nicht mehr richtig bei der Sache war und überhaupt nicht selten mit seinen Gedanken woaders war. Das fiel ihm natürlich auch auf und er arbeitete meistens bis spät in die Nacht, um alles aufzuholen, was er den Tag über verpasst hatte. Das war für seine Gesundheit natürlich nicht besonders gut und die Member machten sich zunehmend Sorgen um ihn. Daraufhin machte mir Hoseok ein ziemlich gutes Jobangebot. "Natürlich muss ich vorher alles abklären und das ist ein großer Schritt für mich, aber wann würde ich anfangen?" "So schnell wie möglich." Ich runzelte die Stirn. "Was heißt bei dir 'So schnell wie möglich'?" Hoseok zögerte. "Ein Monat, länger können wir die Stelle nicht freihalten." Ich seufzte. Das war wirklich nicht viel Zeit. Andererseits würde mir der Tapetenwechsel sicher gut tun und meiner Mutter auch. In letzter Zeit sprach sie wieder sehr viel von Südkorea. Und was könnte ihr bei ihrem Heimweh besser helfen, als in die alte Heimat zurückzukehren? Da war nur eine Sache, die mich zurück hielt. In Deutschland hatte mein ganzes Leben stattgefunden. Ich war dort aufgewachsen. Dort hatte ich meine Freunde. Konnte ich das alles einfach so hinter mir lassen? "Ich brauche Bedenkzeit.", hatte ich leise gesagt und auf der anderen Seite war es eine Zeit lang still, bis Hobi das Wort ergriff. "Das hab ich mir schon gedacht. Aber lass dir nicht zu viel Zeit.", sagte er und ich versprach mich so schnell wie möglich bei ihm zu melden. Die nächsten fünf Minuten unterhielten wir uns noch über unseren Tag, bis Hoseok schließlich auflegen musste, weil allem Anschein nach Jimin in sein Studio geplatzt kam. Als er sich dann mit den Worten 'Bye Mom' verabschiedete, konnte ich nicht anders als unter einigem Kichern mit 'Auf Wiedersehen mein Sohn' zu antworten, was ihn auch noch zum Lachen brachte. Das ganze sollte vor Jimin so gut wie möglich geheim gehalten werden. Das könnte noch ein Problem werden. Ich war noch nie sonderlich gut darin gewesen ein Geheminis für mich zu bewahren. Und Yoongi hatte schließlich Recht behalten. Wir hatten eine Lösung gefunden. Letztendlich war es meine Mutter gewesen, die mich dazu überredet hatte, diesen großen Schritt in meine Zukunft zu machen.

Bon Voyage - cruise (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt