11| Einer zu viel

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"Noch eine Runde, das schaffen wir! Nur noch eine", sagte Taehyung, hob beschwörend die Hand und bestellte für uns alle noch einen Cocktail. "Ich kann nicht mehr, das war zu viel.", seufzte ich, kippte mit dem Kopf nach hinten auf Jimin's Arm, den er dort abgelegt hatte und schloss die Augen. "Ich kann deinen Cocktail trinken!" Sofort war Jungkook zur Stelle, doch er hatte die Rechnung nicht mit Jin gemacht. Dieser schlug direkt mit der Hand auf den Tisch, um den wir alle saßen und starrte ihn bestimmt an.

"Für dich keine Cocktails, junger Mann. Das ist Alkohol und das ist nicht gut für dich!" "Aber-" "Kein Aber! Du hast Jin gehört. Sei leise und trink deine Cola." Namjoon ließ ebenso wenig mit sich reden wie Jin, und das, obwohl beide schon sehr viel mehr intus hatten als einen harmlosen Cocktail. Jungkook hatte über den ganzen Abend versucht auf Jin und Namjoon einzureden. Vergeblich. Er durfte nicht einmal  probieren, sondern bekam nur einen Softdrink, während wir anderen genüsslich an unseren Cocktails nippten. Zugegeben, er tat mir leid, aber ich wollte mich auf keinen Fall gegen Jin stellen, da das sowieso unmöglich war. So viel hatte ich bereits gelernt.

Der Kellner kam mit einem weiteren Tablett Cocktails und die Jungs, ausgenommen Jungkook natürlich, fingen an zu jubeln. Er bekam mal wieder nur ein neues Glas Cola vorgesetzt und schmollte. Ich saß lachend in der Ecke des Sofas und beobachtete alles. Das Geschehen um mich herum drehte sich bereits und ich versuchte mich zu konzentrieren. Die wievielte Runde war das jetzt genau? Ich hatte ab Runde vier aufgehört zu zählen und das wurde mir in diesem Moment schmerzlich bewusst. Oje, bitte kein Kater morgen. Ich nahm mir eine Hand voll Knabberzeug, welches hier auf jedem Tisch stand, und fing an zu essen. Wahrscheinlich sollte es gerade helfen, sich nicht volllaufen zu lassen, aber das nützte ja anscheinend nicht viel.

Taehyung saß kichernd auf einem Stuhl und fiel andauernd runter, selbst Yoongi, der bei allen Aktionen bisher eingeschlafen war, erblühte zu neuem Leben, machte Witze und schwärmte vor allem von seiner Musik. Der Rest war einfach die ganze Zeit am Lachen und ich schlief an Jimin gelehnt beinahe ein. Wäre ich nüchtern gewesen, wäre mir das sicher peinlich gewesen, aber sein Pullover war so weich und ich kuschelte mich noch weiter an ihn. Das Personal und die anderen Leute in der Bar sahen uns belustigt an. Von allen Menschen in dem großen Raum waren wir mit Abstand die Lautesten und ich wusste, dass mir das spätestens am nächsten Morgen total peinlich werden würde, aber in diesem Moment war ich seit langem einfach nur glücklich.

Wir schafften es nach gefühlt hundert weiteren 'nur noch eine' Runden, aufzustehen und uns auf den Ausgang zuzubewegen. Jungkook stützte seine Freunde wo es nur ging und auch ich, obwohl auch schon sehr angeschlagen, half wo ich nur konnte. Der Weg zu den Kabinen dauerte eine Ewigkeit, weil die Hälfte von uns nur schlurfen konnte. Das das Schiff schaukelte machte die ganze Angelegenheit auch nicht gerade leichter.

Bis wir dann vor den Zimmern standen und einer seine Bordkarte bereit hatte, vergingen weitere fünf Minuten. Ich half zusammen mit Jungkook alle ins Bett zu bringen.

Namjoon schaffte es noch alleine ins Bett, aber Tae brauchte dringend Hilfe. Er stand am Fenster und schaute staunend in den Nachthimmel. Ich zog in sanft aber bestimmt zum Bett, in dem Namjoon bereits friedlich vor sich hin schnarchte. Tae rollte sich sobald er im Bett lag zusammen, nahm sein Kopfkissen und umarmte es, wie einen Menschen. Ich hätte am Liebsten noch eine Weile da gestanden und hätte ihnen beim Schlafen zugesehen, weil es einfach zu niedlich aussah, aber ich wollte ihnen ja auch ihre Ruhe geben.

"Isch libe dsch Sudschi..", nuschelte Tae in sein Kissen und ich kicherte leise. Wenn er wieder nüchtern war, musste ich ihm das unbedingt erzählen, gesetzt den Fall natürlich, dass ich es dann auch noch wusste. Ich nahm die Decke und legte sie über die beiden. Das war leichter gesagt als getan, denn hatte die Decke einen der beiden überdeckt, rutschte sie bei dem anderen wieder weg. Irgendwie hat es dann aber doch funktioniert. Zum Glück.

Nachdem ich Taehyung und Namjoon ins Bett verfrachtet hatte, ging ich auf den Gang und traf dort auf Jungkook, der leise aus seinem Zimmer trat und die Tür hinter sich schloss. "Sind alle im Bett?", fragte er leise und ich nickte erschöpft. Der ein oder andere Cocktail war wohl doch zu viel gewesen und ich wusste, dass ich das am nächsten Morgen bitter bereuen würde. Eigentlich bereute ich es bereits zu diesem Zeitpunkt, denn ich konnte weder richtig sehen, noch richtig laufen "Komm ich bring dich auf dein Zimmer" Jungkook, der ja als einziger nichts getrunken hatte, nahm mich am Arm und stützte mich. "Danke", lächelte ich ihn an und er grinste breit.

"Weißt du, als ich dich das erste Mal gesehen habe, dachte ich du wärst wie so ein schüchternes, ängstliches Häschen, aber du bist echt in Ordnung", brabbelte ich los und fast augenblicklich meldete sich meine innere Stimme. Sei bitte still! Und red nicht weiter! Leider war in solchen Momenten mein Mundwerk schneller, als mein Gehirn und ich konnte mich nicht davon abhalten zu reden. Bei zu viel Alkohol mutierte ich immer zu einem redseligen Menschen. Leider. Jungkook kicherte nur. "Los weiter."

"Nein, wirklich, du bist echt in Ordnung und deine Muskeln", ich pfiff anerkennend und Jungkook starrte mich entgeistert an. Bitte nicht. "Die sind wirklich krass. Also eigentlich bei euch allen.", kicherte ich und Jungkook schüttelte den Kopf. "Du hattest wirklich einen Cocktail zu viel, Suji", lachte er und hielt meinen Arm fester, damit ich nicht hinfiel. Dann kehrte Stille ein und ich versuchte mich auf das Laufen zu konzentrieren.

"Ich könnte jetzt eigentlich zurück und mir auch einen Cocktail holen. Keiner würde es bemerken", überlegte Jungkook irgendwann und ich blieb mitten im Gang stehen. "Nein, tu das nicht.", sagte ich und als Jungkook mich weiterziehen wollte, entriss ich mich seinem Griff. Ich konnte besser denken, wenn ich nicht gleichzeitig auf meine Beine aufpassen musste.

"Das würde dir nachher nur noch leid tun.", sagte ich und schaute ihm in die Augen, er senkte den Blick. "Es ist nur so, dass sie mich immer wie ein kleines Kind behandeln. Aber das bin ich nicht." Er verschränkte die Arme und schob trotzig das Kinn nach vorne. Dadurch sah er leider wirklich wie ein kleines Kind aus und ich musste das Lachen unterdrücken. "Ihr kennt euch nun so lange. Sie wollen dich nur beschützen!", versuchte ich auf ihn einzureden. Er nahm nur stumm meine Hand und zog mich weiter den Gang entlang.

Nach einer Zeit blieb er wieder stehen und sah mich ernst an. "Weißt du, es hilft einfach nicht, wenn sie mich so behandeln. Ich fühl mich dadurch nur beengt.", sagte er bedrückt. "Glaub mir, morgen wirst du ihnen dankbar sein.", brachte ich leise lachend hervor und er fiel in mein Lachen mit ein. Dann schaute er jedoch traurig auf den Boden. "Ich würde ja noch nicht einmal viel trinken, es ist nur... sie sollen mir endlich vertrauen." Ich legte eine Hand auf seine Schulter und lächelte schwach. "Ich versteh das, aber ich glaube sie haben einfach Angst um dich. Red einfach mal mit ihnen.", riet ich ihm "Aber besser in nüchternem Zustand." Jungkook lachte auf "Ich werds mir merken." Wie setzten unseren Weg fort.

"Sag mal, wo war nochmal dein Zimmer?", fragte er und blieb stehen. Ich blickte mich verwundet um. An einer Tür stand mit großen Zahlen 9083. Wir waren schon längst an meinem Zimmer vorbei gelaufen. Ups. Lachend drehten wir uns wieder um, um schließlich vor der richtigen Tür stehen zu bleiben. "Das Gespräch bleibt unter uns, ja?", verlegen fuhr sich Jungkook durch die Haare und schaute mich beinahe bettelnd an. "Na klar, du kannst mir vertrauen", sagte ich. "Ich weiß", sagte er und ich meine Augen weiteten sich vor Überraschung. "Und danke..." Ich lächelte ihn an, holte meine Bordkarte hervor und öffnete die Tür. Das leere Zimmer sah ziemlich einladend aus. Endlich hatte ich meine Ruhe.

"Gute Nacht. Und dann bis morgen... denke ich." Hoffentlich war ich dann wieder nüchtern. Selber schuld. Ja ja. Jungkook schaute mich stolz an. "Schlaf dich aus und dann sehen wir morgen weiter." Ich nickte stumm. "Bis bald", flüsterte ich und sah ihm solange nach bis er hinter einer Ecke verschwand. Ich schloss die Tür leise, um die Nachbarn nicht zu wecken.

Die kalten Wände schienen mich beinahe zu erdrücken und ich schob die Vorhänge zurück, um das mulmige Gefühl zu verdrängen. Ich atmete tief durch und bewegte mich mit schwankenden Schritten ins Badezimmer, um mich bettfertig zu machen. Ohne meine persönliche Stütze namens Jungkook war es um einiges schwieriger zu laufen. Ich schaute in den Spiegel und erschrak. Meine Wangen waren gerötet und meine Haare waren verstrubbelt. Und so bin ich die ganze Zeit herumgelaufen? Ach herrje.

Als ich endlich in meinem Bett lag, starrte ich an die Decke und dachte über den Tag nach. Was alles passiert war. Entspannen, das Fitnessstudio, die Bar, das Essen. Na gut, hauptsächlich essen, aber es hatte sich gelohnt. Und am nächsten Tag würden wir Norwegen unsicher machen. Darauf freute ich mich schon. Das würde sicher interessant werden. 

Bon Voyage - cruise (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt