33| Wie ein anderes Leben

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Sehr aufschlussreich... Ich fragte mich schon die ganze Zeit, was bei dem Kochkurs passiert war, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich das wirklich wissen wollte. Wer weiß schon was passiert war. Immerhin waren sie ja auch mehrere Stunden weg gewesen. Vielleicht hatte einer der beiden dem anderen ja sogar von seinen Gefühlen erzählt, wer weiß? So wie Namjoon seinen Arm um Jin gelegt hatte und wie beide automatisch rot wurden, als sie uns sahen, war echt alles möglich. Diese Unwissenheit machte mich schier wahnsinnig.

"Was geht gerade in deinem Kopf vor?" Jimin beugte sich zu mir vor und platzierte lächelnd einen Kuss auf meiner Stirn. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und zog die Jacke höher zu. Wir saßen draußen auf meinem Balkon und betrachteten den Nachthimmel. Die anderen Jungs waren nach dem Abendessen auf ihren Zimmern geblieben. So fanden wir etwas Zeit für uns alleine. Keine einzige Wolke war am Himmel zu sehen, was die Sterne nur noch mehr zum Leuchten brachte. Stumm sog ich die frische kalte Luft ein und lächelte vor mich hin. "Ich hab nur nachgedacht, was wohl vorgefallen ist.", sagte ich. Jimin wusste sofort, was ich meinte. "Namjin? Ich gehe mal davon aus, dass was Gutes passiert ist. So wie die sich gegenseitig angestarrt haben beim Essen." Er lachte leise in sich hinein. Es stimmte, die Stimmung beim Essen war irgendwie anders als sonst. Nicht gerade angespannt, aber man merkte, dass etwas in der Luft lag. Allerdings glaubte ich nach einigem Überlegen nicht mehr, dass sich Jin oder Namjoon getraut hatte etwas zu sagen, sonst wäre die Stimmung eindeutig besser gewesen.

"Hast du schon Pläne für morgen?", wechselte Jimin abrupt das Thema. Am nächsten Tag stand nämlich London auf dem Plan. Bei der Größe des Schiffes wurde die Einfahrt gerade noch so genehmigt. Zu unserem Glück. London war wirklich atemberaubend. Das letzte Mal, dass ich da war, war wirklich ewig her gewesen. Da war ich noch sehr klein gewesen. Wir sollten etwa um 7 Uhr morgens in Greenwich anlegen. Das hieß, wenn wir früh genug aufstanden, konnten wir auch die Fahrt über die Themse verfolgen. Ich freute mich schon wie ein kleines Kind. Meine Augen strahlten. "Erst mache ich eine Stadtrundfahrt, dann wollte ich in die Innenstadt und das London Eye besichtigen und dann, wenn ich noch Zeit habe einfach nur durch die Parks laufen. Chinatown soll toll sein, das hätte ich schon fast vergessen, da wollte ich auch schon immer hin.", sprudelte es aus mir heraus und Jimin beobachtete mich amüsiert. "Kommst du mit?", flüsterte ich und Jimin nickte. "Du wärst mich sowieso nicht los geworden, ob du willst oder nicht.", grinste er breit und ich lachte. "Gut zu wissen."

Schweigend betrachtete ich wieder den dunklen Himmel und genoss die Stille und das Rauschen der Wellen. Ich fing leicht an zu zittern, da der Wind wirklich eisig kalt war und Jimin holte eine Wolldecke und legte sie um unsere Schultern. Er zog mich näher an sich heran, sodass ich mich so an ihm aufwärmen konnte. Die ganze Stimmung war total romantisch und ich genoss es einfach so ruhig neben Jimin zu sitzen und alles zu beobachten. Sowas konnte wirklich die Sicht auf die Dinge ändern. Man hatte endlich mal Zeit zum Nachdenken.

"Ich weiß eigentlich gar nichts über dich.", fiel mir irgendwann auf und ich schaute ihn nachdenklich an. "Das stimmt nicht.", protestierte Jimin. "Du kennst mich." "Ich kenne dein jetztiges Ich, aber was ist mit deiner Kindheit?", fragte ich und setzte mich neugierig im Scheidersitz vor ihn hin. Er biss sich fast unmerklich auf die Lippe.  "Was willst du denn wissen?", fragte er schließlich mit einem dünnen Lächeln im Gesicht. "Was hast du gerne gespielt? Wer waren deine besten Freunde? Sowas zum Beispiel.", schoss es aus mir heraus. Jimin schien einen Augenblick lang nachzudenken, bis seine Augen schließlich anfingen zu leuchten. "Als ich klein war, hatte ich einmal eine Schulaufführung. Wir hatten alle unsere Kostüme an, ich weiß nicht mehr um was es genau ging, irgendwas mit Landwirtschaft. Wir waren als Kühe verkleidet.", lachte er leise und ich schmunzelte. "Auf jeden Fall, wir standen nachher alle auf der Bühne und das Publikum hat geklatscht und uns zugejubelt." Sein Gesicht nahm einen träumerischen Ausdruck an. "Ab da konnte ich an nichts anderes mehr denken. Ich wollte nur noch auf der Bühne sein. Ich wollte dieses Gefühl nicht verlieren.", sagte er vertäumt und lächelte schwach. "Und dann?" Jimin erwachte aus seiner Trance und sog scharf die Luft ein.

"Nichts und dann... ich- ich war dann in Busan auf einer Kunstschule und hab dort getanzt.", sagte er. Ja, dass er gut tanzen konnte hatte ich gesehen. Ich lächelte ihn an. "Mein Bruder hat sich darüber immer lustig gemacht, aber naja.", endete er und ich zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. "Du hast einen Bruder?" Jimin nickte. "Ja, einen jüngeren. Hast du Geschwister?" Ich schüttelte stumm den Kopf. Bei dem Gedanken an meine Familie sank ich etwas in mich zusammen. Meine Großeltern hatte ich nie kennen gelernt und meine Eltern hatten selbst auch keine Geschwister gehabt. Von meiner Familie hatte ich nur noch meine Mutter. Letztendlich war ich also so  gut wie allein. Würde ich Kelsey nicht haben, wäre ich schon längst verrückt geworden.

Jimin merkte, dass ich kurz zusammenzuckte und schaute mich fragend an. "Was ist los?" Ich lächelte, schüttelte aber den Kopf. Jimin's Augen lagen besorgt auf mir. "Mach dir keine Gedanken. Alles ist gut.", versicherte ich ihm und Jimin wendete sich etwas misstrauisch wieder dem Sternenhimmel zu.

"Du hast an einer Kunstschule getanzt?", fragte ich schließlich um mich von meinen Gedanken abzulenken und schaute ihn neugierig von der Seite an. Er lächelte bei dem Gedanken und nickte stolz. "Wie war das so?" "Es war anstrengend, aber es hat sich gelohnt.", sagte er. "Und da hast du auch die anderen Jungs kennengelernt?", fragte ich weiter. "Tae kenne ich seit der High School. Die anderen kamen später dazu. Sie sind schon ein besonderer Haufen.", lachte er und ich konnte ihm nur zustimmen. Ich hatte die Jungs echt lieb gewonnen.

"Sieh mal!" Jimin sprang prompt auf und stellte sich an das Gelände. Mit strahlenden Augen schaute er auf die Wellen und zeigte in die Ferne. Ich stellte mich neben ihn. Wir fuhren langsam an einem Leuchtturm vorbei. Das Licht schwenkte zu uns und blendete uns einen Augenblick und wir brachen in schallendes Gelächter aus, als wir vor dem Licht zurückwichen. Wir setzten uns wieder in unsere Decke gehüllt auf die Liege und unsere Blicke richteten sich nach oben. "Guck mal, da ist der große Bär. Und der Drache.", sagte Jimin und zeigte mit ausgestrecktem Arm in den Himmel. "Du kennst die Sternenbilder?", fragte ich verblüfft und er nickte. Lächelnd erklärte er mir noch weitere Sternenbilder, bis meine Augen immer schwerer wurden.

"Das hier ist wie ein ganz anderes Leben.", sagte ich leise. Jimin sah mich einfach nur stumm an. "Es ist, als könnte ich einen Moment einfach alle meine Sorgen vergessen und die Zeit einfach nur genießen.", sagte ich und schaute verträumt auf die Wellen, die sich langsam zu immer größer werdenden Wellen auftürmten. "Wie ein anderer Mensch...", murmelte Jimin schon fast zu sich selbst und ich sah ihn verständnislos an. Er lächelte mich warm an. "Komm, gehen wir rein, sonst werden wir noch krank.", sagte Jimin schließlich und zog mich auf die Beine. Kurz bevor ich durch die Balkontür trat, zog mich Jimin allerdings noch einmal zu sich und küsste mich sanft. Ich grinste in den Kuss hinein.

"Besser, wenn ich jetzt gehe. Immerhin haben wir morgen einen langen Tag vor uns.", bemerkte Jimin mit einem Blick auf die Uhr. Es war bereits nach Mitternacht. Ich nickte. "Und Mission Namjin geht in die nächste Runde. Ich habe sogar schon eine Idee.", sagte er verschwörerisch und ich fragte nicht weiter nach, was er sich schon wieder ausgedacht hatte.

Jimin öffnete die Kabinentür und lehnte sich an den Türrahmen. "Gute Nacht.", sagte er und grinste mich breit an. "Schlaf gut, Jiminie." "Träum was schönes von mir.", sagte er verschmitzt und zwinkerte mir zu und ich lachte. "Bestimmt." Er drehte sich noch einmal um und lächelte mich an, bevor er hinter der nächsten Ecke verschwand und ich schloss die Tür. London wird bestimmt super! Mit einem guten Gefühl glitt ich letztendlich in einen traumlosen Schlaf.

Bon Voyage - cruise (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt