23| Halbe Wahrheiten

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Seufzend ließ ich mich auf den Platz neben Jin fallen, welcher mich bereits beim Betreten des Busses mit einem breiten Grinsen empfing. Er war allen Ernstes den ganzen Weg zum Bus alleine vorgerannt und ich bin, etwas verwirrt von seinem Verhalten, einfach nur wortlos hinterher gedackelt. Warum konnte er mir nicht einfach sagen, was sich in ihrem Leben abspielte? Konnte das denn so schwer sein? Woher kannte das Mädchen im Café zum Beispiel seinen Namen? Mir fielen beim weiteren Überlegen auch die anderen komischen Momente wieder ein, auf die die Jungs gar nicht weiter reagiert hatten, wie die Frau, die Taehyung unbedingt umarmen wollte. Oder auch, wie sie bis zur Unkenntlichkeit getarnt das Schiff verließen.

Ehrlich gesagt, hatte ich das alles schon beinahe wieder vergessen, wären die Mädchen im Café nicht gewesen. Es machte einfach so viel Spaß, Zeit mit den sieben Jungs zu verbringen, dass mir die ganzen Geschehnisse drum herum irgendwie unwichtig erschienen. Aber dieses Mal wollte ich nicht locker lassen.

Ruckelnd setzte sich der Bus in Bewegung und ich nutzte die Chance. Jetzt könnte Jin nirgendwo hin ausweichen. Jetzt musste er einfach mit mir reden. "Also los, erzähl! Was hatte es mit den Mädchen eben auf sich?", fragte ich gerade heraus. Seine Lächeln verschwand etwas und er atmete hörbar langsam ein und aus, bevor er mir vorsichtig antwortete. "Mach dir keine Gedanken darüber. Das ist-... Das war nichts weiter.", versuchte er mich zu besänftigen und ich zog eine Augenbraue hoch. "Und sie kannte deinen Namen weil...?"

Jin fuhr sich etwas aufgebracht durch die Haare, während er verzweifelt nach einer Antwort suchte, die mir ausreichte. Seine Augen blitzten plötzlich energiegeladen auf "Weißt du, meine Eltern haben eine große und berühmte Firma, deswegen kannten die Mädchen meinen Namen." Misstrauisch kniff ich meine Augen zusammen und starrte ihn weiterhin an. "Außerdem bin ich mit diesem hübschen Gesicht gesegnet. Mich kann man gar nicht übersehen.", sagte er überzeugt und in der Hoffnung, ich würde ihm seine Geschichte abkaufen. Irgendwie machte es Sinn, diese Geschichte des reichen Unternehmersohns. In den Medien wurden dann immer die ganzen Familien mit hinein ins Rampenlicht gezogen, also wäre es verständlich, wenn Leute wie Jin ab und zu erkannt wurden. Selbst in Ländern wie Norwegen, die ein paar Tausend Kilometer von Korea entfernt lagen, war das nichts Ungewöhnliches. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass ein ganz bestimmtes Puzzleteil zum Lösen des Rätsels noch fehlte. Eines, das er mir absichtlich vorenthielt.

"Und du denkst ich kaufe dir das ab?" Ein kurzes Zucken mit den Schultern. Ich seufzte ergeben. "Wie heißt die Firma denn?", fragte ich stattdessen. "Yumanghan.", sagte er schon beinahe desinteressiert und ich schaute ihn überrascht an. "Yumanghan. Die Yumanghan? Ist das dein Ernst?" Selbst wenn es manchmal so aussah, als würde ich hinter dem Mond leben, aber diesen Namen hatte ich schon gehört. Yumanghan ist immerhin eine der größten Industrien der Welt. Und ich dachte Jin übertrieb maßlos, als er sagte seine Eltern besäßen eine große und berühmte Firma. "Das ist nichts, worüber ich gerne rede, weißt du? ... Normalerweise erzähle ich sowas auch nicht weiter, also...", sagte er zögernd und hielt warnend seinen Zeigefinger an den Mund. Ich lächelte ihn warm an. "Versprochen. Ich werde nichts weitersagen." Zufrieden lehnte sich Jin in seinem Sitz zurück und ein selbstbewusstes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Wusste ich doch, dass man dir vertrauen kann.", sagte er noch, bevor er mir hinterhältig mit seiner Hand durch die Haare wuschelte und so meine Frisur zerstörte. Schnell hob ich meine Arme, um mich vor seinem plötzlichen Angriff zu schützen.

"Hey!", rief ich fassungslos und mit weit aufgerissenen Augen. Jin lachte bei meinem Anblick nur noch mehr und schaute dann den Rest der Fahrt über, ab und zu kurz auflachend, aus dem Fenster. Ich konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, dafür freute es mich zu sehr, dass mir Jin nach ein paar Tagen schon so sehr vertraute. In der Zwischenzeit versuchte ich meine Haare wieder ordentlich hinzubekommen, was sich bei dem ganzen Herumgekurve jedoch als kontraproduktiv herausstellte. Seufzend machte ich sie mir schließlich in einem einfachen Pferdeschwanz zusammen.

Bon Voyage - cruise (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt