25 - Celine

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„Verschwinde einfach. Die Party ist vorbei", schleuderte Raphael Paul entgegen, obwohl er spürte, dass er schon längst gewonnen hatte. Paul war ein Idiot, hatte all das verdient und Raphael ihn am Treppenende verschwinden sah, verspürte er eine befriedigende Genugtuung, die sein schlechtes Gewissen noch überflügelte.

Vor ein paar Wochen war er noch mit Jonathan verwechselt worden und jetzt schickte er Typen nach Hause, die mindestens doppelt so breit waren wie er.

Raphael legte den Kopf in den Nacken und strich vorsichtig über seine Schläfen. Das berauschende Gefühl von Macht und Stärke verflog und wich einem beständigen Kopfschmerz.

Der Türrahmen hatte sich angefühlt, als sei er aus Granit. Wenn er besonders großes Glück hatte, würde sich dort lediglich ein blauer Fleck bilden. Raphael stöhnte leise auf, als er kurz vor seinem Haaransatz eine klebrige Wunde ertastete. Nicht groß, aber dennoch hätte er nicht damit gerechnet.

Die Musik aus dem Keller war immer noch zu hören, klang jedoch gedämpft, als befände Raphael sich in einer riesigen Wattewolke.

„Alles in klar bei dir? Celine hat gesagt Paul macht wieder Probleme." Mit einem kleinen Seufzer öffnete Raphael die Augen, Justus stand vor ihm und der kleine Moment der Ruhe war vorbei. „Ja, er war hier", sagte Raphael, deutete aber gleichzeitig zur Treppe. „Ich hab ihn nach Hause geschickt." Justus schenkte ihm einen verblüfften Blick, dann weiteten sich seine Augen. „War das Paul?" Er zeigte auf Raphaels pulsierende Schläfen. „So schlimm ist es nicht", winkte er ab und schüttelte schnell den Kopf.

„Wenn du meinst", gab Justus zurück, sah aber nicht sonderlich überzeugt aus. Raphael seufzte leise, denn selbst im schummrigen Licht des Treppenhauses hätte Justus, ganz im Gegensatz zu ihm selbst, noch eine gute Figur als Werbemodel abgegeben. Celines Bruder war ein kleiner als Raphael, trug sein leicht arrogantes Grinsen jedoch mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass er um Meilen größer wirkte. „Im Kühlschrank müsste noch was Eis sein. Das sieht schon jetzt nicht sehr gesund aus."

„Nein, wirklich. Das geht", bestätigte Raphael etwas nachdrücklicher. Indianer kennen keinen Schmerz hörte er die leise Stimme seiner Mutter hören und der scherzhafte, aber mit Sicherheit ernstgemeinte Einwurf seines Vaters Mann oder Milbe. Und Raphael hatte nicht vor, von Justus als Milbe abgestempelt zu werden.

„Mit Celine alles in Ordnung?", fragte Raphael, als Justus immer noch keine Anstalten machte ihn wieder alleine zu lassen, aber ebenso wenig ein neues Gesprächsthema begann. „Ich denke schon. Sie ist draußen, um sich ein bisschen zu beruhigen. Wenn ich den in die Finger bekomme-" Er atmete lautstark aus und trat mit dem Fuß gegen die erste Treppenstufe. „Es ist nicht nur, dass er ihre Entscheidung nicht akzeptiert, sondern-" Justus stöhnte auf und schüttelte dann energisch den Kopf. „So ein riesiges Arschloch habe ich selten gesehen", schloss er dann, Raphael stimmte ihm nickend zu.

Plötzlich schlug die Kellertür mit einem lauten Poltern gegen einen metallenen Schirmständer. Zwei Mädchen, Raphael kannte sie vage vom Sehen und war sich sicher, dass sie insgeheim schon lange zu Hause in ihren Betten liegen müssten, drängten sich an ihnen vorbei und warfen Justus lange Blicke zu. Er schien sie gar nicht mehr wahrzunehmen.

„Also weißt du schon mal Bescheid." Justus grinste, seine geraden Zahnreihen strahlten Raphael entgegen. „Wenn du genauso ein großer Idiot bist, hab ich noch ganz andere Türrahmen auf Lager." Raphael räusperte sich verlegen.

Wieso schien jeder schon zu wissen, dass Celine ihn mochte, oder noch viel wichtiger, wieso nahm jeder an, dass er sie ebenfalls mochte?

„Danke für den Hinweis, aber ich glaube, das wird kein Problem werden." Justus rollte nur mit den Augen und klopfte ihm dann auf die Schulter. „Keine Panik, ich glaub nicht, dass es jemandem gibt, der Paul noch große Konkurrenz machen kann. Zum Türrahmeneinsatz wird es also schon nicht kommen."

Uranus ist auch nur ein PlanetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt