18 - Matthi

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Achtung, Kapitel mit Überlänge incoming. Nehmt euch Zeit ;)

Auch an den folgenden Tagen, wollte es sich das Wetter nicht nehmen lassen, den Regen loszuwerden, der sich in den letzten heißen Wochen angestaut hatte. Die Erde konnte die Wassermassen kaum fassen und die ersten kleinen Bäche traten schon über die Ufer.

Es war Mittwoch und Thomy hatte Raphael schon eine Nachricht gesendet, in der er verkündete, dass sie die gesamten Getränke umlagern mussten, da der Kühlwagen erst morgen geliefert und der Schuppen im Garten seiner Großeltern vom heftigen Regen weggeschwemmt worden war.

Raphael hatte die Nachricht an Rica weitergeleitet, gemeinsam würden sie sich am Nachmittag wohl ihrem Schicksal ergeben müssen. Doch bis dahin musste Raphael noch eine gesamte Stunde Erdkunde überstehen. Er konnte nicht nachvollziehen, wie so viele das Fach mögen konnten. Gelangweilt verfolgte er die Regentropfen, die die Fensterscheibe entlangliefen. Hin und wieder war ein Donnergrollen zu hören, aber selbst das konnte den Unterricht nicht spannender gestalten.

Seine Gedanken schweiften ab. Zunächst zu seinem Regenschirm, den er auf Grund der wenigen regenfreien Minuten am Morgen im Flur vergessen hatte. Dann zu der Autowerkstatt, in der Thomy gearbeitet hatte. Raphael überlegte, ob es schlauer war, Thomy weiter über die verwendeten Lacke oder besondere Vorkommnisse auszufragen, oder ob es besser war, direkt bei der Werkstatt anzurufen.

Und wie genau er es Matthi beibringen konnte, dass er sich bereits erkundigt hatte.

Mit leerem Blick schaute Raphael durch die Tafel und die aufgehängte Landkarte Asiens hindurch. Er musste sich keine Sorgen machen, vom Lehrer aufgerufen zu werden. Das war der Vorteil, wenn man weder sehr schlau, sehr aufmüpfig oder sehr dumm war. Als die Mitte des Durchschnittes wurde man häufig übersehen und solange man sich am Anfang meldete um den Inhalt der letzten Stunde wiederzugeben, war man den Rest der Zeit sicher.

Am Ende der Stunde hätte Raphael schwören können, dass niemandem im Raum seine geistige Abwesenheit aufgefallen war. In der Traube der anderen Schüler ließ er sich zum Ausgang treiben, zog sich die Kapuze tief ins Gesicht und wich in geübten Manövern Herrn Büchners Blicken aus, der die Idee vom Schulpsychologen zu seinem Leidwesen immer noch nicht aufgegeben hatte.

Raphael hoffte, dass Rica sich wirklich an ihre Absprache gehalten hatte und den Bus später nahm, um mit ihm zusammen ein paar Minuten zu spät bei Thomy aufzukreuzen. Schnellen Schrittes passierte Raphael das Schultor und steuerte auf die Bushaltestelle zu. Mittwochs kam der Bus so passend, dass man sich nicht lange mit anderen Dingen aufhalten durfte.

Aber er schien Glück gehabt zu haben, denn ein Junge aus der Stufe über ihm stand auch noch Matthis Haus gegenüber und wartete. Der Junge war mit Matthi in eine Stufe gegangen und schien jeden Blick auf das gegenüberliegende Haus meiden zu wollen. Er trug lediglich einen schwarzen Kapuzenpullover, der schon vollkommen durchnässt war.

Hätte Raphael seinen Regenschirm dabei gehabt, hätte er ihm einen Platz darunter angeboten, aber dem war nicht so. Der Pulli begann, immer enger an seinem Körper anzuliegen, Raphael zog sich seine Kapuze noch tiefer ins Gesicht. Doch auch sie konnte nicht verhindern, dass seine Jeans langsam aber sicher immer schwerer wurde.

„Weißt du, ob der Bus noch kommt?" Raphael sah auf, die Kapuze rutschte nach hinten. Regentropfen trafen ihm im Gesicht. „Wie viel Uhr ist es denn?", gab Raphael die Frage zurück, denn er hatte nur wenig Lust, jetzt sein Handy hervorzuholen. Der Junge kam näher und streckte ihm sein Handgelenk entgegen. „Zehn nach", sagte Raphael erstaunt. „Der Bus müsste schon längst hier gewesen sein."

Der Junge stöhnte auf. „Na super. Ausgerechnet heute", sagte er verärgert und drehte sich wieder um. In diesem Augenblick nahm Raphael aus den Augenwinkeln den Druck seines Pullovers wahr. Yoshi stand darauf, wobei das Ypsilon durchgestrichen und durch ein J ersetzt worden war. „Du bist Joshi!", entfuhr es Raphael und er erinnerte sich wieder an die Nachrichten auf Lissas Handy. Juna war mit Joshi im Freibad gewesen, als Lissa von dem Auto angefahren wurde.

Uranus ist auch nur ein PlanetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt