Oder auch nicht

39.8K 1.4K 236
                                    

Der Donnerstag war so angstrengend gewesen wie der Mittwoch, von daher war es kaum ein Wunder, dass ich am Freitag aufwachte und mir einfach nur wünschte, wieder einschlafen zu können. Aber es war Freitag und wir hatten Biologie, ich musste also zur Schule, auch wenn ich am Donnerstag nicht mehr besonders viel hatte vorbereiten können.

In der Schule überstand ich die ersten vier Stunden nur, weil es Fächer waren, die ich mochte, mit Lehrern, die ich gut fand. In den letzten beiden Stunden hatten wir Biologie und ich wusste kaum noch, wie ich meine Augen aufhalten sollte. Wahrscheinlich hielt mich nur meine Nervosität wegen Ryan davon ab, einfach nicht zu Biologie zu gehen.

Als es klingelte und er noch nicht im Biologiesaal erschienen war, konnte ich nicht anders, als kurz enttäuscht zu sein. Aber was hätte ich auch anderes von ihm erwarten können. Er war ein Badboy, er kümmerte sich doch nicht darum, dass wir eine Partnerarbeit abliefern mussten. Andererseits würde ich mich nun auf das Thema konzentrieren können, auch wenn ich wahrscheinlich alle Arbeit alleine machen musste.

Ich hatte schon angefangen, mir eine Gliederung für meinen Teil zu überlegen und wollte gerade fragen, ob ich in den Computerraum dürfte, um dort weiter zu recherchieren, als die Tür aufging und Ryan, cool wie immer, mit zwei Freunden hereinspaziert kam. Der Lehrer schaute kurz auf und seufzte nur, als er sie sah. Er hatte schon vor langer Zeit aufgegeben, sie zurecht zuweisen.

Als Ryan näher kam, riss ich meinen Blick von ihm los und schaute schnell auf meinen Block. Ohne ein Wort setzte er sich neben mich und packte seine Sachen aus. Verstohlen schielte ich auf seinen Block und war überrascht, wie viel er schon aufgeschrieben hatte. Dagegen wirkte mein Aufschrieb schon fast halbherzig. Er musste diesen Fakt auch bemerkt haben, denn er schnappte sich meinen Block und schaute ihn sich an.

„Ist das alles, was du gemacht hast? Ich dachte, du willst eine gute Note." Ich konnte deutlich den Vorwurf in seiner Stimme hören. Verunsichert zog ich meine Schultern hoch.

„Ich hatte keine Zeit..." Selbst ich wusste, wie schwach diese Ausrede klang. Er gab ein skeptisches Geräusch von sich.

„Lass uns fragen, ob wir in den Computerraum dürfen, um noch mehr zu recherchieren. Das Buch ist ja nicht so wahrsinnig ergiebig...", versuchte ich erfolgreich, von meinem Versagen als gute Partnerin abzulenken.

Wenige Zeit später saßen wir im Computerraum. Es war erstaunlicherweise recht angenehm, mit ihm zusammen zu arbeiten. Er nahm meine Vorschläge auf und verbesserte sie durch seine eigenen Ideen. Er war schlau, soweit ich das beurteilen konnte, ein Aspekt von ihm, der sonst immer unter den Tisch fiel, wenn er den Macho raushängen ließ. Nachden zwei Stunden waren wir schon sehr weit gekommen. In der nächsten Stunde würden wir mit dem Erstellen der Präsentation anfangen.

Doch dann, als ich meine Sachen zusammen packen wollte, spürte ich plötzlich zwei Hände um meine Taille. Ich erstarrte. Unfähig, etwas zu sagen, geschweige denn mich zu wehren, atmete ich flach ein und aus. Ryan konnte mit seinen Händen meine Taille fast vollständig umfassen.

„Hey, Sweetie", flüsterte er mir ins Ohr, während er sich von hinten an mich schmiegte.

In meinem Kopf legte sich ein Schalter um. Ich wirbelte herum, schubste ihn von mir weg und verpasste ihm impulsiv eine Ohrfeige.

„Bist du verrückt? Ich bin nicht so eine!", schrie ich ihn an, packte schnell meine Sachen und eine paar Sekunden später war ich aus dem Raum. Ich schäumte vor Wut. Fast hätte ich meine Meinung über ihn geändert und dann so etwas. Er war halt doch der Player, für den er sich ausgab. Er wollte eben doch nur das eine und anscheinend sogar von jedem Mädchen, nicht nur von den Hübschen. Aber nicht mit mir! Ich würde nicht mit ihm schlafen, nur weil er es wollte und weil er beliebt war und gut aussah. Er war einfach nur ein Arschloch.

Mittlerweile war ich bei meinem Schließfach angekommen und pfefferte mein Biobuch hinein. Okay Liz, Zeit, sich wieder zu beruhigen. Ich atmete einmal tief durch und packte dann noch meine anderen Bücher in mein Schließfach, abgesehen von denen, die ich für die Hausaufgaben brauchen würde. Die Schule hatte sich in den letzten fünf Minuten geleert und nun waren kaum noch Schüler auf den Gängen. Mary und Tyler warteten sicher schon auf mich. Freitag hatten wir immer zur gleichen Zeit aus und fuhren gemeinsam mit der U-Bahn nach Hause.

Doch als ich auf dem Weg nach draußen war, hörte ich plötzlich Stimmen. Zum Glück machte ich Ryans Stimme aus, bevor ich um die Ecke gebogen war. Er redete nicht gerade leise, schrie schon fast vor unterdrückter Wut. Ich wollte gerade umdrehen und einen anderen Ausgang nehmen, als ich eine andere Stimme hörte, die mich erstarren ließ.

Tyler!

Unwillkürlich war ich wütend auf Tyler, nahm automatisch an, dass er schon wieder irgendwelchen Scheiß am laufen hatte. Doch dann nahm ich wahr, was er gerade gesagt hatte.

„Alter, was ist dein Problem? Ich habe dir nichts getan!" Er schien leicht zu nuscheln.

„Mein Problem ist, dass du atmest!", fauchte Ryan.

Ich hielt es nicht mehr aus. Vorsichtig guckte ich um die Ecke und keuchte erschrocken auf. Zwei Freunde von Ryan hielten Tyler an seinen Armen fest, sie waren schmerzhaft nach hinten verbogen. Ryan stand direkt vor Tyler und hatte ihn am Kinn gepackt, vermutlich der Grund, weswegen Tyler so undeutlich geredet hatte.

In diesem Moment trat Ryan einen Schritt zurück und rammte Tyler eine Faust in den Bauch. Tyler unterdrückte einen Schrei.

Noch bevor ich wusste, was ich tat, lief ich auf die Jungen zu.

„Hey, hört auf! Hört sofort auf, seid ihr wahnsinnig geworden?"

Ryan wandte sich um, als er meine Stimme hörte. Kurz schien er überrascht, dann wurde sein Gesicht eine Maske aus überheblicher Grausamkeit.

„Ach ja, was machst du dir denn Sorgen um diesen dummen Jungen? Er braucht dich nicht zu interessieren, sei einfach froh, dass ich meine Wut nicht an dir auslasse..." Er funkelte mich so böse an, dass ich fast einen Schritt zurück gemacht hätte.

„Ich denke, ich habe das Recht, es nicht gut zu finden, dass du hier meinen Bruder zusammenschlägst!", giftete ich zurück, ohne zu wissen, woher ich auf einmal dieses Rückgrad nahm. Ohne Ryan noch weiter zu beachten, wandte ich mich an seine Freunde, Kyle und Ian hießen sie, auch mit ihnen hatte ich schon so meine Erfahrungen gemacht.

„Lasst ihn los!" Ich versuchte, alle Autorität in meine Stimme zu legen, die ich hatte. Sie schauten kurz zu Ryan. Er musterte mich mit einem undefinierbaren Blick, dann nickte er.

So schnell wir konnten, gingen Tyler und ich von ihnen weg. Ich war misstrauisch und behielt die drei Jungen weiterhin im Auge. Erst als wir einen gewissen Abstand zwischen uns und sie gebracht hatten, drehten wir uns um und liefen normal weiter.

„Irgendwann bist du dran, Brooks!", hörte ich noch Ryan mir nachrufen, oder vielleicht auch Tyler, dann schloss sich die schwere Schultür hinter uns.


Ich hoffe, es gefällt euch. Findet ihr Ryan zu gemein? Beim Hochladen gab es irgendein Problem und dann waren plötzlich viele Wörter zusammen geschrieben. Ich habe versucht, alles wieder zu berichtigen, aber verzeiht mir, wenn ich etwas übersehen habe :)

The dark inside meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt