Betrayed

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Ryan sah mich an, als sei ihm gerade erst etwas eingefallen. „Oh Liz, bitte sag mir, dass Marc nicht mit einem Jimmy zusammengewohnt hat..."

„Doch hat er. Marc war total fertig, weil ihr seinen Kumpel erschossen habt...", gab ich irritiert zu. Ryan schloss die Augen und atmete langsam aus.

„Scheiße", fluchte er dann inbrünstig. Einen Moment später machte er Anstalten, aufzustehen. „Warte hier kurz, ich muss etwas abklären."

„Hey, was?", ich hielt ihn am Arm fest und zwang ihn, hierzubleiben. „Was soll das heißen? Ryan, sag mir was los ist!" Ryan versuchte, sich aus meinem Griff zu winden, doch ich umklammerte seinen Arm nur noch fester. „Nein, du bleibst hier und erklärst mir den ganzen Scheiß. Das bist du mir schuldig!", fauchte ich ihn an. Nun sah Ryan mich an wie ein Kaninchen in der Falle. Doch er stellte seine Befreiungsversuche ein und setzte sich wieder hin.

„Also gut, ich versuche, das mal kurz zusammenzufassen. Wir hatten Jimmy im Verdacht, die Seiten gewechselt zu haben und für die Carazzas zu arbeiten. Wir haben ihm eine Falle gestellt und tatsächlich hatte er Dreck am Stecken. Wir haben ihn zusammen mit dem Mann der Carazzas erschossen. Allerdings hat sich danach rausgestellt, dass er uns Koks geklaut hatte, nicht nur ein bisschen, sondern richtig viel, zehn Kilo, mit einem Gesamtwert von etwa zwei Millionen Dollar. Wir müssen wissen, was damit passiert ist. Das war der Grund, weswegen wir Marc gesucht haben die letzten Tage und dann hat Mary die Hinrichtung gesehen. Sie wäre das perfekte Druckmittel gewesen..." Ryan sah mich an und mir wurde klar, dass nicht nur Mary, sondern auch Marc in riesiger Gefahr waren.

„Aber... Das würde er doch nicht tun, er ist doch bei euch ausgestiegen vor einem Jahr. Marc hat doch mit Drogen nichts am Hut", wendete ich ein. In Ryans Blick schlich sich eine gewisse Traurigkeit. 

„Du hast ihn jetzt wie lange nicht gesehen? Zwei Jahre? Das ist eine lange Zeit, Liz. Vielleicht kennst du ihn nicht mehr so gut, wie du es gerne hättest..." Ich starrte ihn an und versuchte, das Gesagte zu verarbeiten, als Ryan aufstand. Diesmal hatte ich nicht die Kraft, ihn festzuhalten. Zusammengesunken kauerte ich auf dem Boden.

„Du wirst es ihnen sagen, oder?", fragte ich schwach. Ryan nickte.

„Ich muss. Wenn ich gar keine Ergebnisse liefere, wird mich mein Vater umbringen..." Schon wieder traten mir Tränen in die Augen, doch ich schluckte sie runter.

„Bitte, tu es nicht, für mich!", flehte ich, doch ich sah ihm schon an, dass es keinen Zweck hatte. Er würde mich verraten. Die Gewissheit kam langsam, doch unaufhaltlich und sie verpestete mein Herz.

„Es tut mir leid.", murmelte Ryan, dann verließ er den Raum.

Ich starrte ihm hinterher und als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, zuckte ich zusammen. Ich hätte ihm nie von Marc erzählen sollen. Ich hätte auch nicht sagen sollen, dass ich Mary und ihn weggeschickt hatte. Ich war so dumm. Vielleicht kannten die Hounds die Orte, an denen Marc sich verstecken würde. Falls sie sie finden würden, wäre ich schuld, weil ich Ryan trotz allem noch vertraut hatte.

Die Mauer in meinem Inneren, von der ich geglaubt hatte, Ryan hätte sie erfolgreich eingerissen, baute sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit wieder auf, wurde noch höher und dicker als sie jemals gewesen war. Ich hatte mich Ryan geöffnet und er hatte mich verraten. Sollte ich hier irgendwie herauskommen, würde ich das nicht so schnell vergessen. Falls ich es ihm überhaupt jemals verzeihen würde.

Mein Schock und mein Entsetzen, von ihm geschlagen und gefoltert worden zu sein, ließen langsam nach und während sie verschwanden, kam die Wut. In meinem Kopf benannte ich Ryan mit allen Schimpfwörtern, die ich kannte. Irgendwann reichte das nicht mehr und ich begann, laut vor mich hin zu fluchen. Ich untersuchte den Brandfleck, den er auf meiner Haut hinterlassen hatte. Eine riesige rote Brandblase hatte sich gebildet und ich war mir sicher, ich würde mein Leben lang eine Narbe davon tragen. Als ich die Blase vorsichtig berührte, schoss wieder Schmerz durch mich, nicht ganz so schlimm, wie als er mich verbrannte, aber doch so stark, dass ich impulsiv aufsprang und die Fäuste ballte. Hell loderte die Wut in mir auf. Der Bastard würde sich wünschen, nie geboren worden zu sein, sollte er mir jemals wieder unter die Augen kommen.

Ich hielt es in dem Raum nicht mehr aus, ging zur Tür, rüttelte am Türknauf und stellte, welch große Überraschung, fest, dass sie abgeschlossen war. Beinahe blind vor Wut, Schmerz, Enttäuschung und Demütigung, begann ich, mit den Fäusten gegen die Tür zu hämmern.

„Lasst mich raus!", schrie ich. „Ich könnt mich nicht ewig hier einsperren!" Ich rief eine ganze Weile. Zuerst verlangte ich, rausgelassen zu werden, irgendwann bettelte ich darum. Als ich einsah, dass all mein Flehen nicht erhört werden würde, begann ich zu schimpfen. Ich wusste nicht genau, ob mich überhaupt jemand hörte, doch falls mich jemand hörte, wollte ich sie wenigstens von meiner schlechten Kinderstube überzeugen.

Irgendwann wurde ich müde. Mein Zorn brannte noch hell und heiß, doch mein Körper konnte nicht mehr. Ich hatte immer noch keine Ahnung, wie spät es war, doch ich war mir sicher, dass es schon einige Stunden her war, dass Mitch und Cassel bei uns gewesen waren.

Erschöpft setzte ich mich auf den Boden, von der ekeligen Matratze hielt ich mich lieber fern und wickelte mich in die dünne Decke, die auf der Matratze gelegen hatte. Ich lehnte mich an die Wand und dachte an meine Geschwister.

Ich hoffte so sehr, dass Lily den Krankenwagen gerufen hatte. Hoffentlich ging es David und Tyler wieder gut. Ich wusste nicht, um wen ich mir mehr Sorgen machen sollte. Weder David noch Tyler war bei Bewusstsein gewesen, als ich aus der Wohnung geschleift worden war. Aber momentan konnte ich nichts tun, außer mir Sorgen zu machen.

Auch an Mary und Marc dachte ich. Um sie machte ich mir fast mehr Sorgen. Ich hätte Ryan nie sagen sollen, dass sie zusammen unterwegs waren. Ich hoffte, sie hatten die Stadt verlassen, weil sie dann, so glaubte ich, nicht so leicht von den Hounds zu finden wären. Aber ich wusste nicht, ob sie dafür genug Geld gehabt hatten. Unwahrscheinlich, falls Marc nicht doch die zehn Kilo Koks versteckt hatte. So sehr Ryan auch davon überzeugt gewesen war, konnte ich mir das einfach nicht vorstellen. Marc hatte doch noch nie irgendwas mit Drogen am Hut gehabt. Hoffentlich fanden die Hounds sie nicht...

Irgendwann begannen meinen Gedanken, zu wandern und ich dachte an alte Erinnerungen. Obwohl ich es mit aller Kraft versuchte, zu vermeiden, wanderten meine Gadanken immer wieder zurück zu Ryan. Er hatte mich verraten und jegliche Gedanken an ihn vergifteten meinen Kopf. Als mir die Augen zufielen, schwor ich mir, mit ihm Schluss zu machen, wenn wir uns das nächste Mal sehen würden.


So, das wars mal wieder, ich hoffe, es gefällt euch. Voten und kommentieren nicht vergessen. Vielleicht kommt das nächste Kapitel schon heute Abend ;)

The dark inside meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt