Not a normal day

19.4K 764 42
                                    

„Was ist passiert?", fragte ich drängend. Ryan sah mich unwillig an.

„Wir hatten in der Gang ein paar Probleme. Nichts, was dich beunruhigen müsste", er zog mich an sich und gab mir einen Kuss auf die Stirn, „mach dir keine Sorgen." Ich runzelte die Stirn. Damit wollte er mich abfertigen?

„Ich habe mir aber Sorgen gemacht", meinte ich einigermaßen sauer und brachte wieder etwas Abstand zwischen uns. „Was war so wichtig, dass du mir nicht mal eine kurze Nachricht schreiben konntest, dass es dir gut geht?"

„Liz, bitte, sei doch nicht so. Ich hatte einfach keine Zeit, ok?" In seiner Stimme klang ein bittender Unterton mit, doch gleichzeitig wirkte sein Blick so ungeduldig, dass ich Mühe hatte, ihn nicht anschreien zu wollen.

„Zwei Minuten! Es hätte dich nicht einmal zwei Minuten gekostet. Ich habe mir den ganzen Tag Sorgen gemacht, weil ich nicht wusste, was los ist und als ich versucht habe dich anzurufen, hast du mich einfach weggedrückt!", fauchte ich. Ich wusste selbst, dass ich mich aufführte wie die letzte Zicke, doch ich hatte mir solche Sorgen gemacht. „Weißt du, was das für ein Gefühl war?"

Ryan sah mich verzweifelt an. Dann rieb er sich einmal mit der Hand quer übers Gesicht. „Ok, es tut mir leid. Ich hätte dir einen Nachricht schreiben sollen und ich habe nicht dran gedacht, weil bei uns total die furchtbare Stimmung war und wir was auf die Reihe kriegen mussten und ich habe nicht eine Stunde geschlafen heute Nacht, aber es tut mir trotzdem leid." Er seufzte tief. „Verzeihst du mir?" Als ich ihn ansah und die Erschöpfung in seinem Blick sah, verpuffte all mein Ärger auf einen Schlag.

„Tut mir leid, dass ich so gemein war. Ich habe mir nur so sehr Sorgen gemacht. Ich wusste einfach nicht was los ist.", erklärte ich wieder ruhig. Ryan lächelte leicht.

„Schon in Ordnung, du hattest alles Recht, sauer zu sein." Er breitete die Arme aus und diesmal schmiegte ich mich an ihn. Erleichtert atmete ich seinen typischen Geruch ein und tiefe Zuneigung erfüllte mich.

Wir verkrochen uns die Mittagspause über in unserem Versteck in der Bibliothek und ich konnte ihm endlich erzählen, dass Marc nach Hause gekommen war. Obwohl er sich für mich freute, konnte ich mich nicht gegen den Gedanken wehren, dass er mit den Gedanken eigentlich ganz woanders war.

Ich hätte auch gern gewusst, was in der Gang so furchtbar schief gelaufen war, doch ich traute mich nicht, zu fragen. Bisher hatte Ryan immer alle meine Versuche, mehr über sein Leben bei der Gang herauszufinden, mit den Worten, das sollte mich nicht interessieren, abgeblockt. Ich hatte nicht das Gefühl, er wäre besonders gern bei der Gang, aber er wollte nicht darüber reden und das musste ich wohl oder übel akzeptieren.

Als es fünf Minuten vor Pausenende zum ersten Mal klingelte, wollte ich schon aufstehen, doch Ryan hielt mich nochmal zurück. Sanft nahm er mein Gesicht in beide Hände und küsste mich. Ich erwiderte den Kuss, obwohl ich ihm eigentlich das Versprechen abgerungen hatte, mich in der Schule nicht zu küssen. Wir küssten uns eine ganze Weile und als wir uns wegen dem Zeitdruck schließlich doch voneinander lösen mussten, strich mir Ryan zärtlich eine Strähne aus dem erhitzten Gesicht.

„Mach dir keine Sorgen, wenn du in den nächsten Tagen nicht viel von mir hörst", meinte er und ich sah ihn nichtsdestotrotz beunruhigt an. Ich hatte wirklich nicht das Gefühl, die Gang würde ihm gut tun. Doch ich versprach ihm, mir keine Sorgen zu machen, auch wenn ich wusste, dass ich mir sowieso Sorgen machen würde.

Ich kam schon wieder zu spät zur Chemiestunde und der Lehrer, bei dem ich zwischenzeitlich das Gefühl hatte, er würde mich regelrecht hassen, ließ einen bissigen Kommentar fallen. Mit hochrotem Kopf ließ ich mich auf meinen Platz fallen und verzichtete auf eine Erwiderung. Mir wäre zwar genug eingefallen, jedoch nur Sachen, die mir wieder Nachsitzen eingebracht hätten.

Als die Stunde irgendwann endlich vorbei war, sprang ich erleichtert auf. Ich hatte wirklich Schwierigkeiten gehabt, nicht einzuschlafen, was gleichermaßen meiner kurzen Nacht, als auch dem einschläfernden Unterrichtsstil meines Chemielehrers geschuldet war. Sobald ich zuhause wäre, würde ich mich wie ein Stein ins Bett fallen lassen.

Tatsächlich wäre ich fast schon in der U-Bahn eingeschlafen und hätte fast meine Station verpasst, so müde war ich. Als ich endlich die Wohnung betrat, war ich unglaublich erleichtert. Endlich schlafen! Von den nächsten Stunden bekam ich rein gar nichts mit. Meine Geschwister würden den Nachmittag schon ohne mich überleben.

Als ich gegen halb neun Uhr abends wieder aufwachte, fühlte ich mich zwar immer noch nicht ausgeschlafen, aber wesentlich besser als am Morgen. Zum Glück musste ich heute nicht arbeiten, ich war erst morgen wieder dran.

Ich quälte mich aus dem Bett. David und Lily brauchten Abendessen und Tyler auch. Doch schon bevor ich in die Küche kam, roch ich den leckeren Geruch von Steak. Verwundert folgte ich dem Geruch in die Küche und kam in den Genuss, Marc mit Küchenschürze vor dem Herd stehen und Steak wenden zu sehen.

„Ich dachte, ich gönn uns mal was Leckeres", meinte er, als er mich bemerkte. Ich hatte Mühe, das Lachen zu unterdrücken.

„Kannst du dich bitte zwei Sekunden nicht bewegen", bat ich ihn, flitzte in mein Zimmer und holte mein Handy. Als Marc klar wurde, dass ich ein Foto von ihm in Schürze machen wollte, griff er empört nach dem Handy, doch ich zog es schnell genug zurück und rettete mich kichernd auf die Küchenbank.

„Na warte, irgendwann komm ich an dein Handy und dann lösche ich das Bild!", drohte Marc mir spaßhaft und ich streckte ihm fröhlich die Zunge raus. Es war so schön, dass er wieder da war.

Bevor ich irgendetwas Freches entgegnen konnte, ging plötzlich die Wohnungstür mit einem Knall auf. Eine Sekunde später schloss sie sich mit einem ebenso lauten Knall und auf einmal stand Mary in der Küche.

Sie hatte Tränen in den Augen und atmete stoßweise ein und aus. Pure Panik spiegelte sich in ihren Augen und sie murmelte die ganze Zeit „Oh mein Gott!" vor sich hin. Erschrocken sprang ich von der Küchenbank und legte meinen Arm um ihre Schultern.

„Mary, was ist los?", fragte ich. Sie öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen... und schluchzte auf. Ich wechselte einen besorgten Blick mit Marc. „Ganz ruhig", versuchte ich, Mary zu beruhigen und streichelte ihr über den Rücken, „ganz ruhig. Was ist passiert?" Mary holte tief Luft.

„Sie haben sie erschossen! Oh mein Gott, die Hounds of Hell haben sie erschossen!"


So, jetzt die Frage aller Fragen, wer wurde erschossen? ;) Voten und kommentieren nicht vergessen. Schönes Wochenende euch :)

The dark inside meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt