Young Blood

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„Ja, ich arbeite für die Hounds of Hell!", gab ich zu, ich verstand nicht, auf was er hinaus wollte.

„Hast du eigentlich eine Ahnung, wie gefährlich die sind?" Marc hatte Mühe, seine Stimme zu mäßigen.

„Ja, das weiß ich", auch ich wollte laut werden, „aber glaub mir, ich hatte keine große Wahl! Glaubst du etwa, ich mache das hier freiwillig?" Meine Brust bebte beim Gedanken daran. „Du warst zwei Jahre weg. Bilde dir nicht ein, du könntest jetzt einfach so wieder auftauchen und mir sagen, wie ich mein Leben zu leben habe. Du hast doch keine Ahnung!" Marc ballte seine Hände.

„Dann erklär es mir!"

„Vater hat Schulden gemacht bei denen! Einen riesigen Haufen Schulden hat er angesammelt und weil die darauf bestehen, ihr Geld wieder zu bekommen, muss ich für sie arbeiten!", versuchte ich, die Situation so gut es ging zusammen zu fassen. Marc wandte sich ab. Ein paar Sekunden war er still, doch seine Brust hob und senkte sich heftig.

„Wie hoch sind die Schulden?", wollte er schließlich wissen. Er klang wieder einigermaßen ruhig.

„Als ich angefangen zu arbeiten, um die 15 000 Dollar zusätzlich Zinsen. Ich habe fast zweitausend schon zurückgezahlt, aber das reicht gerade mal um die Zinsen zu tilgen." Ich hatte ausgerechnet, dass ich bis alle Schulden zurückgezahlt waren, etwa 30 Monate im Dirty Love arbeiten musste. Das waren noch über zwei Jahre, bis ich mir einen anderen Job suchen konnte. Obwohl ich es nicht zugeben wollte, hatte ich Angst, was die zwei Jahre mit mir machen würden.

„Fuck!", machte Marc seinem Frust Luft und verlieh damit gleichzeitig meiner Verzweiflung ein Wort.

„Du sagst es", seufzte ich. Marc drehte sich wieder zu mir um. Sein Blick war weich geworden. Er ging zu mir und nahm mich in die Arme. Kurz zögerte ich, doch dann lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter. Der Streit hatte mich mehr erschöpft, als ich zugeben wollte.

„Du musst das nicht machen", murmelte Marc, „wir können bestimmt eine andere Lösung finden." Wie sehr ich mir doch wünschte, dass er recht hatte.

„Ich fürchte, das wird schwierig. Panther will mich für den Club. Er findet meinen Körper passend und wenn ich mich weigere, wollen sie Mary zwingen...", wandte ich ein. Ich spürte, wie Marc sich versteifte.

„Diese Wichser! Sie ist doch erst sechzehn. Das können sie nicht machen...", seine Stimme war schon wieder voller unterdrückter Wut. Ich wusste genau, wie hilflos er sich fühlte. „Wer ist denn Panther?"

„Er heißt eigentlich gar nicht so. Er leitet den Club stellvertretend. Aber er arbeitet eigentlich nur für jemand anderen." Ich löste mich aus Marcs Umarmung und sah auf mein Handy. Es war höchste Zeit, wieder rein zu gehen, bevor wieder jemand nach mir geschickt wurde.

„Ich muss wieder rein. Wir können morgen darüber reden, ok?" Marc nickte und ich beeilte mich, wieder hinter die Bar zu kommen. Den restlichen Abend passierte nichts besonderes mehr, aber ich war ausgesprochen froh, als ich um fünf Uhr nach Hause gehen konnte. Obwohl es eigentlich keinen Sinn machte, sich nochmal ins Bett zu legen, gab ich der Versuchung nach.

Anderthalb Stunden später quälte ich mich mit einiger Mühe wieder in die Senkrechte und verfluchte ein weiteres Mal mein Leben. Mein Job war eindeutig nicht mit der Schule vereinbar. Der Fakt, dass ich immerhin nur noch einige Monate in die Schule gehen musste, war nur ein schwacher Trost.

Apathisch saß ich einige Zeit später am Frühstückstisch und umklammerte eine Tasse Kaffee, die Mary mir gemacht hatte. Seit ich nachts nur noch so wenig schlief, konnte ich mich morgens nicht mehr überwinden etwas zu essen, was dazu geführt hatte, dass ich um eine ganze Kleidergröße abgenommen hatte. Marc lag noch auf dem Sofa und schlief, als wir die Wohnung verließen. Ich hatte mit ihm ausgemacht, dass er auf Finn aufpassen würde, sodass wir nicht mehr Miss Mueller fragen mussten. Hoffentlich würde er wach werden, wenn Finn aufwachte und anfing, laut zu werden.

An diesem Tag hatte ich bis zur vierten Stunde kein Fach zusammen mit Ryan. Ich hatte immer noch nichts von ihm gehört und schwankte zwischen Sorge und Wut. Ich konnte nicht verstehen, dass er sich nicht meldete. Ich war doch seine Freundin, war es da zu viel verlangt, dass er mir eine kurze Nachricht schickte, wenn ich ihn nicht in der Schule sah? Auf dem Gang sah ich ihn auch nicht und so war meine Anspannung ziemlich groß, als ich um elf Uhr dreißig den Mathefachraum betrat. Ryan saß nicht an seinem Platz. Ein Stich fuhr mir in den Bauch. Was stimmte da bloß nicht?

Aufgewühlt ließ ich mich auf meinen Platz fallen und checkte nochmal mein Handy. Immer noch keine Nachricht von Ryan. Als mein Mathelehrer das Zimmer betrat, wollte ich schon alle Hoffnung fahren lassen, dass ich Ryan heute noch sehen würde. Doch direkt hinter Mr. Pollakowski drückte sich das Objekt meiner Gedanken durch die Tür und beeilte sich, zu seinem Platz hinter mir zu kommen.

Ryan sah übernächtigt aus. Die Haut unter seinen Augen schimmerte in einem ungesunden Blau und auch ansonsten sah er ziemlich abgespannt aus. Er streifte mich nur kurz mit einem Blick, als er an mir vorbei ging. Doch er war hier und es ging ihm einigermaßen gut.

Da unser Mathelehrer direkt mit dem Unterricht begann, konnte ich mich nicht umdrehen und mit ihm reden und so riss ich ein Blatt aus meinem Block.

Was ist passiert? Ist alles in Ordnung mit dir?, kritzelte ich. Dann faltete ich ihn klein zusammen und tat so, als würde ich mich strecken. Dabei ließ ich unauffällig den Zettel auf Ryans Tisch fallen.

Die Antwort ließ einige Minuten auf sich warten, doch schließlich kam der Zettel zurück.

Mir geht es gut. Ist nichts Schlimmes passiert, erzähl ich dir nachher. Ich runzelte die Stirn. Für den Moment gab ich mich damit zufrieden, aber sollte er nach Mathe keine gute Erklärung haben, warum er sich gestern den ganzen Tag nicht gemeldet hatte, konnte er was erleben.

Nach Mathe wartete ich auf ihn. Er brauchte nervenaufreibend lange, um seine Sachen zusammen zu packen. Doch als wir den Raum verließen, packte ich ihn am Arm und zog ihn an den Rand des Ganges.

„Also, was ist los? Warum hast du dich gestern den ganzen Tag nicht gemeldet?" Ich konnte nicht vermeiden, dass in meiner Stimme eine gewisse Wut mitschwang. Ryan seufzte einmal schwer.

„Gestern war kein guter Tag..."


So, weil ich Lust drauf hatte, kommt heute schon das nächste Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch. Was glaubt ihr, wird Ryan ihr sagen? Voten und kommentieren nicht vergessen ;)

The dark inside meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt