Kapitel 3

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| Ariana |

Die Klingel ertönt und erlöst mich zugleich von meinem Leid. In Blitzgeschwindigkeit packe ich meine Materialien zusammen und stopfe sie anschließend in meinen Rucksack, um ihn mir dann über die Schulter zu werfen.

Das Einzige, an das ich gerade denken kann, ist mein warmes, kuscheliges und einsames Bett, dass Zuhause auf mich wartet. Es ist beinahe so, als wenn es in Gedanken nach mir rufen würde. Ich schätze auch das ist der Grund, weswegen ich wie von der Tarantel gestochen aufspringe, mich flüchtig von meinem Lehrer verabschiede und dann aus dem Klassenzimmer stürme.

Gottseidank ist nun auch die letzte Stunde vorbei und ich kann endlich nach Hause. Dort kann ich Mace dann auch gleich mitteilen, dass Edon heute bei uns übernachtet.

Oh man.

Früher sah ich es immer als Segen oder aber auch Gottesfügung an, dass mein Bruder und Edon beste Freunde sind, doch momentan ist es eher zu einem Fluch geworden. Denn es ist schon schlimm genug für mein Herz, dass er mein Nachbar ist.

Seufzend schließe ich mich dem Strom von Schülern an, die auf den Ausgang des Gebäudes zusteuern. Die meisten haben nun Schulschluss und ich bin mehr als nur glücklich, dass ich zu diesen gehöre.

Als ich nach gefühlten Jahrzehnten auf dem Hof angekommen bin, krame ich mein Handy heraus. Ich kann einfach nicht bis Zuhause warten, weswegen ich mich dazu entschiede, Mace jetzt schon anzurufen, um ihm die neuste Nachricht zu überbringen.

Einige Male ertönt ein Piepen, ehe er endlich abhebt und das qualvolle Warten ein Ende findet.

»Hallo?«

»Mace!«, rufe ich erfreut, während ich den Hörer fester umklammere.

»Wer ist da?«

»Deine Schwester, du Vollidiot.«, brumme ich augenrollend. Ich lasse meinen Blick über den Hof schweifen und bemerke, dass er sich allmählich leert. Ich sollte mich auch langsam auf den Weg machen.

Einige Sekunden höre ich ein Rascheln am anderen Ende der Leitung, ehe Mace wieder das Wort ergreift. »Oh Ariana, du bist es.«, lacht er, doch ich kann deutlich hören, dass er keine Lust hat, mit mir zu telefonieren.

Ich seufze. »Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass Edon heute bei uns übernachtet.«

»Okay, und warum sagt er mir das nicht selbst?«, fragt Mace, hörbar verwirrt. Ich kann mir gut vorstellen, wie er nun die Stirn runzelt.

»Weil er dich nicht erreichen konnte«, antworte ich, während ich einer Gruppe Mädchen Platz mache, die durch das Tor wollen.

Einige Sekunden bleibt es still, ehe ich wieder etwas rascheln höre. »Okay, sag ihm, dass ich bis Nachmittag in der Uni bin und ihn anrufe, wenn er rüberkommen soll. Spätestens um fünf bin ich Zuhause.«, erklärt Mace, doch es ist wirklich schwer seinen Worten zu folgen, da seine Stimme zum Ende hin an Lautstärke verliert.

Ich nicke, doch bemerke dann, dass er mich ja nicht sehen kann. »Okay, mach ich. Bis später.«

»Adios.«

Und schon ertönt das altbekannte piepen. Genervt stecke ich mein Handy weg und drehe mich zum Tor, doch ehe ich überhaupt einen Schritt nach vorne gehen kann, höre ich, wie eine mir bekannte Stimme meinen Namen ruft.

»Ariana!«

Langsam drehe ich mich um und sehe einen lächelnden Edon auf mich zukommen. Mein Herz schlägt schneller und ich werde nervös, doch ich versuche mir von alldem nichts anmerken zu lassen, indem ich mir gespielt unberührt eine Haarsträhne zurückstreiche.

»Edon«, entgegne ich, doch bei mir hört es sich leider nicht halb so schön an.

»Ein Glück, dass ich dich treffe.«

Mit großen Augen sehe ich ihm dabei zu, wie er sich durch seine dichten Haare fährt und einwenig aus der Puste vor mir zum stehen kommt. Unbewusst bleibt mein Blick an seinen Armmuskeln hängen. Verdammt, er sollte aufhören, so viel zu trainieren. Denn so macht er es mir nur noch schwerer, nicht hinzusehen.

»Hm?« Ist das einzige, was meinen Mund verlässt. Zu mehr wäre ich in diesem Moment einfach nicht fähig, denn sein ganzes Auftreten wirft mich wie sonst auch aus der Bahn. Und für einen Moment schäme ich mich sogar dafür. Ich komme mir selbst so oberflächlich vor, obwohl ich das eigentlich nicht bin.

»Meine Mutter hat mir gerade geschrieben, sie bestellt dich rüber. Sie möchte über irgendetwas wichtiges mit dir sprechen.«

Überrumpelt blicke ich zu ihm auf und es dauert einen Moment, bis ich seine Worte so richtig verdaue.

Lorena möchte mit mir sprechen?

»Warum möchte sie mit mir sprechen?«, hake ich irritiert nach und verlagere mein Gewicht auf mein anderes Bein, da das ganze Stehen langsam anstrengend wird.

Kurz scheint Edon zu überlegen, da er sich angestrengt auf die Unterlippe beißt, was mich wortwörtlich irre macht. Angestrengt zwinge ich mich dazu, wegzusehen, was klappt, denn nun sehe ich ihm wieder in die Augen. Doch besser macht es die ganze Situation auch nicht. Denn ich habe seine Augen schon immer am meisten geliebt.

Das braun ist einfach so intensiv und warm, dass es mich beinahe umhaut. Die hellen Sprenkel, die einen beinahe schon goldenen Unterton haben und sich um seine Iris strecken, verleihen dem ganzen Farbspiel etwas noch spezielleres.

Einfach nur wunderschön...

»Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung, aber du kennst sie ja.«, kommt es urplötzlich von ihm. Seine Augen mustern mich kurz, ehe er seufzt und mit einer Handbewegung auf sein Auto deutet, dass sich einige Meter entfernt auf dem Parkplatz befindet. Für einen Moment starre ich einfach nur vor mich hin, ehe ich mich an Edon wende.

»Möchte sie denn sofort mit mir sprechen?« Ich würde mich um ehrlich zu sein gerne erst einmal umziehen, denn diese enge Jeans nervt einfach nur.

Edon nickt. »Ja und jetzt komm, oder willst du lieber laufen?« Belustigt hebt er eine Augenbraue und genau wegen dieser einfachen Geste hätte ich beinahe vergessen zu atmen.

Warum?

Warum verdammt muss er es mir so schwer machen?

Edon mustert mich abwartend und mir fällt erst jetzt wieder ein, dass er mir ja eine Frage gestellt hat. »Ja... - ich meine, nein! Nein, ich möchte natürlich nicht zu Fuß gehen! Also das... ach - vergiss es einfach.« Peinlich berührt räuspere ich mich und versuche seinem mehr als nur amüsierten Blick auszuweichen.

»Dann ist ja gut.« Er schenkt mir ein breites Grinsen, ehe er seinen Arm um meine Schultern legt und mich an seine Brust zieht. »Denn ich will ungern auf deine Anwesenheit verzichten.«, fährt er dann fort. Seine Worte und der plötzliche Körperkontakt scheinen mein Herz in meiner Brust verrecken zu lassen.

Ich sammle mich, ehe ich zu ihm aufblicke und mein überzeugendstes Lächeln aufsetzte. »Das ist mir natürlich bewusst.«

Edon schmunzelt und meine Wangen fangen an zu glühen. Diese Auswirkung, die Edon auf mich hat, ist nicht gesund. Ein Blick von ihm kann mein Inneres zum schmelzen bringen. Ein Wort und ich würde alles für ihn tun.

Gott, dass darf doch nicht wahr sein. Er hat die volle Macht über mich und das ist noch nicht einmal das Schlimmste. Das Schlimmste ist nämlich vielmehr, dass es wahrscheinlich immer so sein wird. Er wird wenn es so weiter geht für immer der Einzige sein, der solche Gefühle in mir auslösen kann. Der einzige, der mein Herz mit dieser Art von Liebe füllen kann. Und dementsprechend auch der Einzige, der es mir zur selben Zeit brechen kann.


A/N:

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