Kapitel 34

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Ariana

Während des Essens ist es still. Keiner sagt etwas, was zum einen erleichternd, zum anderen aber auch beängstigend ist. Denn normalerweise lachen und reden wir so durcheinander, dass wir am Ende die Hälfte des anderen nicht mitbekommen.

Doch nun ist nicht normalerweise. Schließlich haben Edon und ich uns vorhin geküsst. Und Lorena hat uns dabei erwischt. Sie hat gesehen, wie wir uns die Zungen in den Hals gesteckt haben und für mich fühlt es sich so an, als wenn mir meine eigene Mutter dabei zugesehen hätte. Schließlich ist sie in letzter Zeit sowas wie eine Mutter für mich geworden. Und für Edon muss es wahrscheinlich noch viel schlimmer sein, weil Lorena wirklich seine Mutter ist.

Ich versuche all die Gedanken abzuschütteln, doch es scheint zwecklos. Ich bin einfach so durcheinander. Denn ich kann nicht glauben und schon garnicht realisieren, dass Edon mich geküsst hat. Ich verstehe es nicht. Mein Herz schlägt schneller, macht sich Hoffnungen, während mein Kopf mir noch immer sagt, dass ich mir darauf nichts einbilden darf.

Doch warum sollte ich mir nichts darauf einbilden? Er hat mich verdammt nochmal geküsst! Das ist nichts normales, was man unter Freunden tut. Das ist nichts, was man mit der kleinen Schwester seines besten Freundes tut. Das ist nichts, was man mit seiner Nachbarin während des Mathelernens tut. Man tut es einfach nicht. Außer, man hat Gefühle für den anderen.

Und in meinem Fall stimmt es.

Doch tut es das auch in seinem?

Ich kann nicht anders, als den Blick von meinem noch immer vollen Teller zu heben und zu Edon zu schielen. Hat er vielleicht doch Gefühle für mich? Hat ihm der Kuss etwas bedeutet? Hat er auch das empfunden, was ich dabei empfunden habe?

Wenn ja, warum sieht er mich dann nicht an? Warum? Ich weiß, dass er weiß, dass ich ihn gerade anstarre. Und doch hebt er seinen Blick nicht. Er tut es nicht. Er starrt auf sein unberührtes Stück Lasagne und umklammert seine Gabel so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortreten. Seine dunklen Brauen sind zusammengezogen und in seinem Gesicht ist Verwirrung herauszulesen. Er ist verwirrt.

Verwirrt über mich, über ihn, über meinen Kuss und letztendlich darüber, dass er ihn erwidert hat.

Und was bin ich?

Ich... ich bin verängstigt. Ich bin glücklich. Ich bin traurig. Ich hab Angst davor, dass er so tut, als wäre nie etwas passiert. Dass er mir aus dem Weg geht und das er den Kuss bereut. Ich bin verdammt glücklich darüber, dass ich mich endlich getraut habe, ihm zu sagen, oder in diesem Fall eher zu zeigen, dass ich etwas für ihn empfinde. Etwas, dass weitaus mehr als nur Freundschaft ist. Und zu guter letzt bin ich traurig darüber, dass dieser intime Moment zwischen uns nicht länger angehalten hat.

»Und... wie lief das lernen? Ich.. ich meine, versteht Edon es jetzt besser?«

Erschrocken schießt mein Kopf in die Richtung von der die Stimme kommt und ich starre in Lorena's warme und in diesem Moment auch überforderten braunen Augen. Sie erwidert meinen Blick, nachdem sie bemerkt hat, dass Edon wohl nicht vorhat, seinen von dem Stück Lasagne zu nehmen und schluckt merklich.

»Was ist denn los mit euch?«, fährt sie dann fort, ehe ich überhaupt die Chance habe, ihr auf ihre vorherige Frage zu antworten. »Ihr seid doch nicht so leise, weil ich euch erwischt habe. Denn wenn ja, ihr habt keinen Grund dazu. Ich habe doch schon längst bemerkt, dass da mehr zwischen euch ist und es freut mich, dass ihr endlich weiter gekommen-«

»Mum.«, kommt es zum ersten Mal von Edon, der Lorena mitten in ihrem Satz unterbricht.

Mein Herz bleibt für einen Moment stehen, nur um dann noch schneller zu schlagen. Meine Finger zittern und ich bin sichtlich schockiert über Lorena's Worte.

»Was? Das ist doch nichts schlimmes. Warum stellt ihr euch so an. Ihr mögt euch und da ist es normal, dass aus Mathe lernen schnell einwenig mehr wird-«

Ehe sie zu Ende sprechen kann, ertönt Edon's tiefe Stimme erneut. »Mum, dass reicht.« Ich erkenne, wie er sich am ganzen Körper verspannt und ich habe keine Ahnung, ob ich dahin schmelzen soll, weil es einfach nur verdammt attraktiv aussieht, oder ob ich mich doch kleiner machen soll.

»Wieso? Ich verstehe das, wirklich. Das du dich nicht beherrschen konntest ist normal. Und wenn Ariana dann auch noch so gut aussieht, wie sie es heute tut...«

»Lorena.« Nun bin ich diejenige, die ihr den Satz abschneidet. Meine Brust zieht sich zusammen, denn mit einem Mal spüre ich Edon's Blick auf mir. Doch es ist kein Blick, der mir schmeichelt oder der mich rot anlaufen lässt. Sein Blick ist unangenehm und brennt auf meinem Körper. Denn ich kann seine Gedanken bis hierhin hören. Lorena hat gerade unbewusst etwas angesprochen, dass ich und wahrscheinlich auch Edon in den letzten Minuten total vergessen haben.

Und zwar meine vermeintliche Verabredung.

»Ja.«, höre ich seine wie erwartet nicht gerade erfreute, wenn nicht sogar spöttische Stimme. »Du hast recht, Mum. Heute sieht sie besonders gut aus.«

Ich schließe für einen Moment die Augen und versuche die Tränen zurückzuhalten. Verdammt, Edon denkt jetzt bestimmt, ich bin ein Flittchen. Ich könnte es ihm nicht übel nehmen. Erst erzähle ich ihm, dass ich später ein Date habe und dann falle ich ihn um den Hals. Ich küsse ihn, als wenn er der einzige wäre und doch denkt er, dass ich gleich ausgehe. Und das ausgerechnet mit Kieran.

»Ich... ich muss los.«, schießt es plötzlich aus mir heraus und ich stehe ruckartig auf. Meinen Stuhl schiebe ich dabei laut zurück und mit einem Mal liegen wieder alle Blicke auf mir.

Lorena zieht die Stirn kraus. »Was? Warum? Du hast doch noch garnicht zu Ende gegessen.«

Ich schüttle den Kopf und stolpere einen Schritt zurück. »Nein, ich.. ich habe keinen Hunger, tut mir wirklich leid. Danke trotzdem, Lorena.«

Sie sieht sichtlich irritiert aus und es tut mir unglaublich leid, sie so zurücklassen zu müssen. Doch ich kann einfach nicht mehr hier bleiben. Der Gedanke, dass Edon nun so schlecht von mir denkt... dass macht mich fertig. Das zerbricht mir das Herz. Er darf das einfach nicht glauben!

Nein, oh Gott.

Nein, nein, nein, nein.

»Soll Edon dich noch rüber begleiten?«

Ich schüttle abermals den Kopf und sehe von Lorena rüber zu Edon. Und genau in diesem Moment hebt auch er den Blick. Das braun seiner Augen trifft auf mein blau und ich halte den Atem an. Die Luft um uns herum scheint Feuer zu fangen, mein Herz zieht schmerzhaft und ich bewege mich nicht von der Stelle.

Ich bin einfach nicht in der Lage dazu.

»Ich glaube, dafür hat sie schon jemand anderen.«, erwidert Edon, unterbricht dabei jedoch für keine Sekunde unseren Blickkontakt. Ich kann etwas in seinen Augen aufflammen sehen. Etwas trotziges. Etwas wütendes. Und irgendwo - ganz tief drinnen - auch etwas verletztes.

Und das gibt mir den Rest.

Ich setze ein falsches Lächeln auf. Eines, dass ich in den letzten Monaten schon so oft benutzt habe und deshalb perfekt spielen kann. Und dann nicke ich mit feuchten Augen. »Bis bald.«, presse ich noch belegt hervor und drehe mich weg, um mit schnellen Schritten das Haus zu verlassen. Dabei halte ich das gekünstelte Lächeln stets aufrecht.

Ich erlaube mir erst zu weinen, als ich in meinem Zimmer angekommen bin und die Tür hinter mir zugeschlossen habe.

Gott, ich bin so dumm...

Ich habe alles kaputt gemacht.

Mal wieder.





A/N:

Guten Abend Friends

Hier bin ich wieder mit einem neuen Kapitel und ich bin proud auf mich, weil ich krasse Bauchschmerzen habe und es tro geschafft hab. (Ich hasse Mädchenprobleme)

Und was sagt ihr zu dem was passiert ist? Könnt ihr das Verhalten der einzelnen Protagonisten verstehen oder gar nachvollziehen?
Wie würdet ihr Handeln?

Ach übrigens: Ich arbeite ab jetzt an einer Lesenacht. Habe echt bock.

may we read again,
xx

Casanova ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt