Das Wiedersehen

4K 281 22
                                    

Das ist eines der beiden Bilder, die Haruka_Surimi für mich gemalt hat (das zweite veröffentliche ich im nächsten Kapitel). Die Bilder sehen beide wirklich klasse aus, vielen Dank also!

Jaime

Mir gingen noch immer die Worte von Mrs. Moon durch den Kopf: "Du machst anderen Kindern Angst." Das hatte mich tiefer getroffen, als ich mir eingestehen wollte. Es erinnerte mich nur zu sehr an meine Verwandtschaft mit Voldemort. Die Menschen trauten sich noch nicht einmal, ihm beim Namen zu nennen. War das bei mir möglicherweise ähnlich?
In der ersten Ferienwoche hatte ich mich am Esstisch heftig mit Mrs. Moon gestritten. Ich hatte angefangen sie anzuschreien. Dabei waren fünf der Gläser am Tisch zersprungen. Einige Sekunden lang hatte nur Stille geherrscht, dann hatte eines der kleineren Kinder angefangen zu weinen und hatte mich aus großen runden Augen ängstlich angesehen.
Waren sie in diesem Moment erleichtert, dass ich weg war? Verspürten sie eine nagende Furcht, dass ich zurückkehrte? Trauten sie sich Mrs. Moon nach mir zu fragen? Oder wollten sie am liebsten gar nicht mehr an mich erinnert werden?
Ich lächelte bitter. Während Allana Probleme mit der Welt der Zauberei hatte, war es bei mir genau anders herum.

Ich öffnete die Tür zum Anwesen der Blacks und trat ein. Hinter mir hörte ich die Schritte von Sirius und Allana. Der Flur roch alt und modrig. Es war dunkel.
Sirius drückte sich an mir vorbei. ,,Es geht hier lang", flüsterte er, ,,und ihr müsst aufpassen, sonst-"
Ich vernahm das Rascheln von Stoff, der zur Seite gezogen wurde. Dahinter befand sich das Porträt einer äußerst hässlichen alten Schachtel. Ihr Gesicht war faltig, ihre Zähne gelb und die Haare standen ihr fettig vom Kopf ab. ,,Schlammblüter besudeln das Haus meiner Vorfahren! Dreck! Abschaum! Wie könnt ihr es bloß wagen!"
Sirius fluchte und wollte die Vorhänge wieder über das Porträt ziehen. Die Alte kreischte nur noch lauter und fuchtelte mit ihren Klauenhänden. Ihre Augen wurden groß und zornig, als sie auf unseren Onkel fielen. ,,Duuuu!", schrie sie und Geifer tropfte aus ihrem Mund. ,,Besudelst den Namen der Blacks, Verräter-"
,,Halt's Maul!", fauchte Sirius und schaffte es endlich das Porträt wieder zu bedecken. Sofort schwieg die Alte wieder. ,,Was für eine herzerwärmende Begrüßung", ließ ich trocken verlauten, nachdem ich mich von dem ersten Schock erholt hatte. Jetzt war garantiert das ganze Haus auf den Beinen. Allana stieß mir in die Rippen.
Sirius seufzte. ,,Ja, jetzt habt ihr einen weiteren Teil der ach-so-tollen Familie Black kennengelernt.
,,Soll das heißen-?", stammelte Allana.
,,Ja, das war meine geliebte Mutter."
Allana und ich tauschten einen Blick.
Und im Nachhinein betrachtet fühle ich mich immer wohler, als ich noch nichts über unsere Eltern gewusst habe.
,, ... Okay, also in einer halben Stunde gibt es Essen, ihr könnt währenddessen nach oben gehen, erster Stock, dritte Tür von rechts ... ich muss zurück zur Besprechung."
,,Halt. Was genau ist das hier? Der Orden des Phönix, meine ich. Was wird da so besprochen?", wollte Allana wissen. Sirius kratzte sich an der Stirn. ,,Der Orden des Phönix steht unter Dumbledores Führung. Letztes Mal war er so aktiv, als Voldemort auf dem Höhepunkt seiner Macht war. Und jetzt, da er zurückgekehrt ist, versucht der Orden Voldemorts erneuten Weg zur Herrschaft zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Wir suchen nach Informationen, nach Hinweisen und nach Schwächen, die Voldemort vielleicht aufhalten können."
Und es wäre durchaus möglich, dass einige dieser Information direkt zu uns führen könnten.
Sirius warf uns noch einen ermutigenden Blick zu, bevor er durch eine Tür entschwand.
,,Toll", murmelte Allana, ,,ein ganzer Orden aus Zauberern versucht Informationen über unseren Vater"- sie spuckte dieses Wort förmlich aus -,,herauszufinden und wir sitzen hier wie auf dem Präsentierteller."
,,Aber, aber", mockte ich sie, obwohl ich auch durchaus anfing mir Sorgen zu machen. Der Orden stand unter Dumbledores Kommando. Und dieser hatte mir bereits von Anfang an immer misstraut ... ,,Ich dachte Pessimismus wäre mein Spezialgebiet." Ich wurde wieder ernst und überlegte einen Moment lang. Wir mussten aus dieser Lage doch irgendwelche Vorteile ziehen! ,,Wir könnten hier erfahren was sie über Voldemort wissen und ihnen immer einen Schritt voraus sein - nicht nur dem Orden, sondern auch Voldemort! Wir können vielleicht sogar auch andere von unserer Spur abbringen!
Allana warf mir einen nachdenklichen Blick zu. ,,Keine dumme Idee ... vorausgesetzt, sie wissen es noch nicht bereits!"
,,Dann befänden wir uns bereits mit einem One-Way-Ticket auf dem Weg nach Askaban, glaub mir."
Das brachte sie zum Grinsen. Ich fuhr ihr durch die Haare. ,,Komm schon! Gehen wir nach oben."

Wir nahmen unsere Koffer und bugsierten sie mit Mühe und Not in das erste Stockwerk.
,,Okay ... also zweite Tür von rechts, oder?"
,,Nein, Jaime, dritte Tür-"
Doch da hatte ich die Tür schon aufgerissen.
,,-WURDE VON DEMENTOREN ANGEGRIFFEN UND KEINER WILL MIR SAGEN, WAS LOS IST-"
Oha.
,,Harry, beruhig dich, wir wollten es dir sagen-"
Allana quetschte sich neben mich und lugte in das Zimmer. Potter, das Wiesel und - mein Herz machte einen kleinen Hüpfer - Hermine befanden sich dort. Potters Gesicht war rot vor Wut, während Hermine und Wiesel ziemlich schuldbewusst wirkten. Ihre Schultern hingen herab. Wie auf Kommando drehten sich alle drei zu uns um und starrrten uns an. Potters Kiefer klappte nach unten.
,,Überraschung", meinte Allana lahm und warf mir einen bösen Blick zu.
,,Öhm", stammelte ich, vollkommen überrascht von der Situation gerade, ,,falsche Tür."
Allana schien mich mit Blicken erdolchen zu wollen. ,,Jaime, geh schonmal ins Zimmer, ja? Ich komme gleich nach."
Ich nickte und ging in das Nebenzimmer und schloss die Tür hinter mir.

Allana

Eines musste ich meinem Bruder lassen: Er hatte das Talent in der denkbar schlechtesten Situation das Zimmer zu betreten. Ich trat über die Diele und schloss sorgfältig die Tür hinter mir. Die ganze Zeit über spürte ich die Blicke meiner Freunde auf mir ruhen.
,,Entschuldigung, dass wir hier einfach so hereingeplatzt sind. Jaime hat sich in der Tür geirrt."
,,Ach, das ist in Ordnung", meinte Hermine, die froh über den plötzlichen Themawechsel zu sein schien. Durchaus nachvollziehbar, bedachte man Harrys Wutausbruch. Dessen Gemüt schien sich etwas beruhigt zu haben, trotzdem zeichnete sich unverkennbarer Argwohn auf seinem Gesicht ab. Dieser galt vermutlich wieder Jaime.
Gedanklich rollte ich die Augen.
,,Wie bist du hierher gekommen?", fragte Hermine weiter, während bei den beiden Jungen ein unangenehmes Schweigen herrschte.
,,Mein Onkel - also Sirius - hat uns abgeholt."
,,Ah", meinte Hermine und nickte.
Einige Sekunden lang herrschte Stille und ich bereute es hier geblieben zu sein.
,,Und Gaunt?", wollte Harry wissen, ,,wie kommt der hierher?" Er klang vorwurfsvoll.
Ich holte tief Luft. ,,Ich war die Ferien über bei ihm."
Harrys Augen verengten sich und Rons Kopf ruckte herum.
,,Warum denn bei ihm? Wolltest du nicht lieber zu deiner Familie, nach allem, was ... du weißt schon ... passiert ist?", fragte Hermine zaghaft.
Cedrics Tod war wohl eher der Grund gewesen nicht in den Ferien zu meiner Familie zu gehen. Cedric war gestorben, weil mein Vater - Voldemort - es so befohlen hatte. Ohne ihn wäre mein Bruder vielleicht noch am Leben gewesen! Mein Vater war der Grund, weshalb eine ganze Familie zerbrochen war. Ich ertrug es einfach nicht, mit den Diggorys zu trauern, in dem Wissen, dass es unser Vater gewesen war, der für dieses ganze Elend verantwortlich gewesen war. Die Tochter eines verdammten Mörders, bei der Familie des Getöteten! Ich brachte es einfach nicht über mich mit diesem Wissen zu den Diggorys zu gehen.
Das alles erinnerte mich nur noch mehr an Voldemort. Oh, wie sehr ich ihn dafür hasste!
Die ganze magische Welt war von Voldemort geprägt. Er hatte überall seine Spuren hinterlassen, sogar hier. Er hatte Harrys Eltern getötet, Regulus Black, unsere Mutter Selena ...
Ich räusperte mich unbehaglich. ,,Er hat mich eingeladen. Und weil wir befreundet sind, habe ich natürlich Ja gesagt."
,,Na, dann schlage ich vor, du gehst am besten wieder gleich zu ihm", meinte Harry pampig.
,,Harry!", rief Hermine empört aus.
Ich zog nur spöttisch einen Mundwinkel nach oben. ,,Das hatte ich vor. Und Harry, dieses Rumgebrülle und Geschmolle ist äußerst reif von dir. Wirklich sehr erwachsen."
Ich verließ das Zimmer und knallte die Tür hinter mir zu.

Seine Erben (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt