Magie ist Macht

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Jaime

Ron schien es nach und nach wieder besser zu gehen, was durchaus eine Erleichterung war. Schließlich waren Allana und ich es, die Draco Unterstützung zugesichert hatten. Dabei war es auch unser Ziel gewesen zu verhindern, dass weitere Unschuldige zu Schaden kommen würden.
Die Mission war es gewesen Dumbledore zu töten. Sonst niemanden. Wir waren in dieses Geheimnis eingeweiht und somit hatten wir auch eine immense Verantwortung, denn wir wussten Bescheid. Wir hätten eingreifen können. Wir hätten Dracos schlecht ausgearbeiteten Plan verbessern oder ablehnen können, doch wir hatten zugelassen, dass Draco sich von uns distanziert hatte und - obwohl ich es nicht gerne zugab - ihn irgendwie im Stich gelassen. Und jetzt war schon der zweite Schüler nur knapp dem Tod entronnen. Dumbledore musste sterben, bevor noch ein weiterer Schüler verletzt werden konnte. Das war die einzige Lösung.
Doch wie konnten wir dies schaffen? Der Schulleiter von Hogwarts war einer der mächtigsten und intelligentesten Magier dieses Jahrhunderts und wir waren nur drei magisch begabte Jugendliche - dabei auch vorrausgesetzt, dass Allana, Draco und ich tatsächlich gemeinsam gegen Dumbledore vorgehen würden. Und bis jetzt war selbst dies noch nicht geschehen.
Dracos bisherige Pläne waren relativ simpel gewesen: Ein verfluchter Gegenstand und darauffolgend Gift. Beide Male hatten unglückliche Umstände verhindert, dass die Anschläge Dumbledore direkt erreicht hatten ... das war ungünstig, denn es war für uns unklar, wie Dumbledore darauf reagiert hätte. Wäre er in die Falle getappt, so wie Bell und Weasley und nur knapp mit dem Leben davongekommen? Oder hätte er den Anschlag schon davor als solchen erkannt und nur einen kleinen Zauber gewirkt um diesen zu verhindern? Die zweite Theorie erschien mir wahrscheinlicher, bestimmt hatte es bereits während Voldemorts Terrorherrschaft dutzende Angriffe auf Dumbledore gegeben und trotzdem lebte dieser noch.
Aber vielleicht hatte Draco noch einen Trumpf im Ärmel ...
Warum war der Raum der Wünsche so bedeutsam für ihn? Was tat er darin? Wer oder was befand sich womöglich darin? Und inwiefern war dies für seinen Plan bedeutsam?
Oder war es doch womöglich ein anderes, noch geheimeres Projekt?
Seufzend verließ ich den Gemeinschaftsraum und ging durch die gewohnten schummrigen Gewölbe des Kerkers in Richtung Große Halle. Ich hoffte, dass Draco dort war ... wir mussten dringendst miteinander sprechen ... er musste uns sagen, welche weiteren Pläne er verfolgte, ansonsten würden wir es unmöglich schaffen, noch vor Ende des Schuljahres Dumbledore zu töten. Denn wenn dies nicht gelang ... Dracos Eltern würden mit ziemlicher Sicherheit sterben. Letztes Jahr hatte Lucius Malfoy Voldemort schwer enttäuscht, als er der Prophezeiung nicht habhaft werden konnte. Und Draco musste es ausbaden. Dieser hatte gemeint, dass Voldemort ihn töten würde, sollte er seinen Auftrag nicht zuende bringen.
Ich trat um die Ecke und stieg langsam die Treppen nach oben.
Doch stimmte das? Draco war für Voldemort nicht mehr als ein nützliches Druckmittel gegen Allana - und auch gegen mich, auch wenn Voldemort davon noch keinen offensichtlichen Gebrauch gemacht hatte. Draco verband Allana und mich. Ganz genau wie auch Hermine uns beide verband.
Ich seufzte bei dem Gedanken.
Wir sollten wegrennen. Wir vier. Draco und Hermine werden ihre Feindschaft bestimmt auch irgendwann überwinden ... Wir wären sicher. Wir könnten auf den Kontinent flüchten. Nach Deutschland. Spanien. Italien. Wenn schließlich Europa unter Voldemorts Kontrolle stehen würde, könnten wir auch nach Amerika ... Ich wollte schon immer mal nach New York.
Ich betrat die Große Halle. Ich entdeckte meine Schwester sofort am Tisch der Gryffindors und hob kurz die Hand zur Begrüßung. Sie schenkte mir sogleich ein Lächeln. ,,Wie geht es dir?"
Ich zuckte die Schultern. ,,Ganz okay, denke ich ..."
,,Klingt aber nicht so."
Ich seufzte und legte den Kopf auf die Tischplatte. Allana strich mir durch das Haar.
,,Al ... Was hälst du davon, nächstes Schuljahr auf eine andere Zaubererschule zu gehen? Oder ein Jahr einfach herumreisen ... Ich war noch nie im Leben außerhalb von Großbritannien ... das siebte Schuljahr können wir bestimmt nachholen. Nur wir zwei ... und meinetwegen auch Draco und Hermine." Ich hob den Kopf und blickte sie aus großen Augen an. ,,Das wäre bestimmt lustig."
Weg von Voldemort, weg von den Horkruxen, weg von dem drohenden Krieg, weg von unseren Geheimnissen, weg von unserer Vergangenheit. Und anstelle davon ein neues Leben beginnen. Wäre das nicht wundervoll?
Ich hatte damit gerechnet, dass Allana leise lachen und mir sagen würde, ich solle mich auf das hier und jetzt konzentrieren. Aber dem war nicht so. Stattdessen war sie nachdenklich geworden als würde sie meinen Vorschlag ernsthaft in Erwägung ziehen. Ihr Blick schweifte in die Ferne. ,,Draco und Hermine haben hier Verwandte ... sie werden diese nicht im Stich lassen wollen ..." Ihr Blick klärte sich wieder. ,,Es wären also nur wir beide."
,,Das reicht ja auch."
Ihre Lippen zuckten. ,,Stimmt. Ich würde gern mal nach Frankreich reisen."
,,Sprichst du Französisch?"
Allana gluckste leise. ,,Ich habe das Vokabular für das Kaufen eines Croissants."
,,Na, zumindest werden wir nicht verhungern." Ich stand auf und fuhr mir durch die zerwuschelten Haare. ,,Warum ich eigentlich hier bin ... weißt du, wo Draco ist?"
,,Klar, es sitzt da hin-" Allana stockte und runzelte die Stirn. Ihr Blick verfinsterte sich. ,,Er ist weg."
,,Ach, das ist nicht weiter schlimm, ich sehe ihn ja no-"
,,Das ist es nicht", unterbrach Allana mich und ihre Augen huschten suchend umher.,,Harry war auch eben noch da. Er fehlt auch."
,,Ich- nun, das wird bestimmt nicht weiter schlimm sein", stotterte ich, obwohl sich ein kalter Schauer auf meiner Haut ausbreitete. ,,Ich suche ihn einfach kurz ..."
Allana hielt meinen Arm fest umschlossen. ,,Jaime, wenn etwas geschieht ... es Komplikationen gibt ... ich möchte, dass du mir dann augenblicklich Bescheid gibst."
,,Alles klar", meinte ich knapp und ging mit zügigen Schritten Richtung Ausgang. Wie von selbst hatte mein weißer Zauberstab seinen Weg in meine Hand gefunden, aber ich würde ihn bestimmt nicht brauchen ... wahrscheinlich nicht brauchen ...
Mein Schritt verschnellerte sich und nun rannte ich förmlich aus der Großen Halle.

Seine Erben (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt