Slughorns Erinnerung

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Allana

,,Wir müssen unbedingt herausfinden, was Slughorn über die Horkruxe weiß."
Ich stieß ein schnaubendes Lachen aus. ,,Und wie willst du das anstellen? Hi, Professor, ich weiß, Sie hegen eine besonders große Abneigung mich, aber ich bräuchte mal kurz diese eine Erinnerung über einen schwarzmagischen Weg zur Unsterblichkeit ... Ach, Voldemort wollte diesen Weg auch kennenlernen? Ja, scheint mir auch so eine Familieneigenschaft zu sein." Ich beendete meinen kleinen Monolog und blickte meinen Bruder mit einer hochgezogenen Augenbraue an. ,,Er wird es uns nie um Leben sagen."
Mein Bruder verzog nur den Mund zu einem schmallippigen, berechnenden Lächeln. ,,Korrektur, liebste Schwester. Er wird es uns nie im Leben freiwillig sagen."
Ich legte den Kopf leicht schief und musterte Jaime genauer. Seine Augen glitzerten verschmitzt und sein triumphierendes Grinsen war breiter geworden.
,,Was hast du vor?", fragte ich ihn argwöhnisch. Er hatte definitiv einen Plan, aber sein überheblicher Gesichtsausdruck zeigte mir, dass dieser Plan vermutlich vollkommen wahnwitzig war.
Ich sollte Recht behalten.

Ein paar Tage später stiegen Jaime und ich die Stufen zu Slughorns Büro hinauf. Wir hielten beide unsere Zauberstäbe in den Händen und Jaime hatte zusätzlich einen kleinen Tarnzauber gewirkt. Denn es war bereits Abend und eigentlich durften wir aufgrund der Ausgangssperre gar nicht im Schloss herumwandern ...
Endlich erreichten wir Slughorns Büro. Natürlich war es verschlossen, doch ich zweifelte nicht daran, dass Slughorn noch wach war.
,,Was sollen wir jetzt machen?", zischelte ich meinem Bruder zu und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
Dieser stieß nur ein amüsiertes Scbnauben aus. ,,Du klopfst an." Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, trat er zurück und verschmolz mit den schwarzen Schatten.
Na, schönen Dank auch!
Mit einem Seufzen löste ich den Unsichtbarkeitszauber auf, der mich bisher versteckt hatte, richtete meine Haare und klaubte etwas Dreck von meinem Pullover. Ich zögerte für einen Moment. Holte tief Luft. Dann klopfte ich einmal gegen das dunkle Holz. Gleich darauf wanderte meine Hand wieder unauffällig zum Zauberstab und ich zwirbelte nervös an diesem herum.
Zuerst vernahm ich kein Geräusch und glaubte schon, dass Slughorn das Pochen vielleicht nicht gehört hatte ... Doch dann vernahm ich Schritte, die sich langsam der Tür näherten.
Der Professor öffnete die Tür und blinzelte mich sichtlich verwirrt an. Er wirkte ermattet und dunkle Falten hatten sich an seinen Augen eingegraben. Auch trug er bereits seinen Schlafanzug. ,,Miss Diggory, was tun Sie denn hier? Sie- Sie wissen, dass Sie schon lange in Ihrem Gemeinschaftsraum sein sollten und-"
Jaimes ungesagter Zauber traf Slughorn mitten auf der Brust und ich sah wie der alte Mann die Augen verdrehte. Dann sackte er in Zeitlupe zu Boden.
Jaime steckte den Zauberstab in einer flüssigen Bewegung wieder in seine Hosentasche. ,,Keine Angst, nur ein kleiner Betäubungszauber", erklärte er, als er meinen vorwurfsvollen Blick bemerkte. ,,Komm, tragen wir ihn schnell hinein."
Er schob die Ärmel seines Pullovers bis zu den Ellenbogen hoch und machte Anstalten die Beine des Professors anzuheben. Doch ich wedelte nur mit meinem Zauberstab und murmelte kurz: ,,Wingardium Leviosa."
Jaime grummelte darauf ein ,,Hab ich ganz vergessen" in seinen nicht vorhandenen Bart und folgte mir in das Büro.
Ich steuerte den bewusstlosen Körper von Slughorn in dessen komfortables Wohnzimmer und lenkte ihn dann einige Zentimeter über einen plauschigen Sessel. Als ich den Schwebezauber auflöste, fiel der ohnmächtige Professor direkt zwischen die gepolsterten Armlehnen des Sessels, woraufhin sich sein Oberkörper gefährlich zur Seite neigte. Slughorn bemerkte davon natürlich nichts, sondern schnarchte nur leise. Jaime murmelte währenddessen ,,Accio", woraufhin Slughorns Zauberstab in seiner Hand landete. ,,Reine Vorsichtsmaßnahme", meinte er darauf leichthin und legte den Zauberstab so weit weg von Slughorn wie nur möglich. Er rieb sich die Hände, in seinem Blick erkannte ich diese angespannte Erwartung, die auch mich gerade vollkommen einnahm.
Mit einem Schlenker seines Zauberstabs beschwor Jaime zwei einfache Stühle herauf, die er vor dem Schreibtisch positionierte. Er klopfte auf dem Stuhl neben sich und warf mir einen auffordernden Blick zu, Platz zu nehmen.
,,Also bist du doch zu dem Schluss gekommen, das Gespräch mit Slughorn auf zivilisierte Weise zu führen?", meinte ich und hob eine Augenbraue.
,,Sozusagen." Er streckte die Beine aus. Dann platzierte er seine Füße auf dem Schreibtisch.
Nun saßen wir also direkt gegenüber von Slughorn.
,,Zeit ihn aufzuwecken, findest du nicht?", meinte Jaime, der mit seinem weißen Zauberstab herumspielte. Dann richtete er diesen auf Slughorn und murmelte einige Worte.
Der Professor öffnete blinzelnd die Augen und regte sich schwach. Er hielt sich stöhnend den Kopf. Dann hob er den Blick. Und erstarrte. Slughorn riss die Augen auf und wollte aufspringen, aber ein Zauber von Jaime genügte und er sackte geschlagen wieder zurück in den Sessel.
,,Guten Abend, Professor", meinte ich höflich und mit neutraler Stimme. ,,Wir haben etwas mit Ihnen zu besprechen."
Slughorn schluckte merklich. ,,Diggory, Gaunt ... ich weiß nicht, was Sie hier verloren haben, aber ich schlage vor, Sie beide kehren unverzüglich in Ihre jeweiligen Schlafsaale zurück!"
,,Ich fürchte, das geht nicht, Professor", meinte ich weiterhin ruhig und beobachtete, wie Slughorns Blick nervös zwischen Jaime und mir hin und her zuckte. Ich hörte sein rasches Atmen.
,,Wissen Sie, wir sind an einem gewissen Ereignis interessiert ... an einer Erinnerung."
,, ... Und um Ihnen auf die Sprünge zu helfen: Die Erinnerung thematisiert einen raffinierten kleinen Zauber namens Horkrux ...", meinte Jaime und meldete sich so zum erstem Mal zu Wort. ,,Fällt es Ihnen wieder ein?"
Slughorns Augen weiteten sich bei der Erwähnung der Horkruxe und er wurde schlagartig aschfahl. ,,I-Ich- ... Mr Gaunt ..." Slughorn holte tief Luft. Dann reckte er leicht das Kinn und legte seine Arme auf den Lehnen ab. ,,Ich muss Sie jetzt wirklich auffordern zu gehen. Was immer Sie mit dieser - nun - lächerlichen Vermutung bezwecken wollen, ist mir unklar und auch, warum Sie Miss Diggory in diese gefährliche Aktion miteingezo-"
,,Sie scheinen uns nicht ganz zu verstehen", unterbrach Jaime ihn schneidend. Er hatte sich ruckartig von dem Stuhl erhoben und stützte sich mit den Händen nun drohend auf der polierten Oberfläche des Tisches ab. ,,Es geht nicht darum, ob Sie uns die Erinnerung geben, sondern darum wie wir die Informationen erhalten."
Ich stand nun ebenfalls auf, nahm jedoch keine so bedrohliche Pose wie mein Bruder ein, sondern hielt die Hände hinter meinen Rücken. Wenn Jaime sich als geheimer krimineller superschurkischer Boss aufspielen wollte, konnte er das ruhig tun. Ich bevorzugte die ... etwas höflichere Variante. ,,Was mein geschätzter Freund aus Slytherin damit sagen wollte, ist, dass wir durchaus weniger angenehmere Wege kennen, um Ihnen die Wahrheit zu entlocken. Leichter wäre es für uns alle also, wenn Sie uns einfach den Inhalt der Erinnerung sagen könnten." Mit unterschwelliger Erheiterung wurde mir klar, dass ich gerade wohl genauso sprach wie Jaime im Unterricht. Auch meinem Bruder war dies offenbar aufgefallen, denn er hob unauffällig eine Braue und unterdrückte scheinbar ein Grinsen.
Slughorn war bei meinen Worten nur noch bleicher geworden. ,,D-das würdet ihr nicht wagen!" Doch das Zittern in seiner Stimme strafte ihn Lügen. ,,Ihr- ... ihr seid dazu nicht in der Lage", stotterte Slughorn und blickte sich nun panisch in alle Seiten um, auf der Suche nach einen Fluchtweg. Fast schon tat er mir leid. Aber wir brauchten unbedingt diese Erinnerung!
Jaime legte den Kopf leicht schief. ,,Sprechen Sie gerade von der moralischen Ebene - also, dass unsere unglaublich große Güte uns daran hindern würde?", fragte er spöttisch. Er machte einen Schritt auf Slughorn zu. ,,Das tut sie nämlich nicht."
,,Oder meinen Sie, dass unsere magischen Fähigkeiten für solch ein Unterfangen zu gering wären?" Ich hob eine Braue und trat ebenfalls näher an Slughorn heran. ,,Das sind sie nämlich nicht."
Und damit legte ich meine Hände an Slughorns Schläfen.

Seine Erben (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt