Kapitel 8( Valerie)

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Ich erwachte am nächsten Tag relativ früh. Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass die Sonne erst vor kurzem aufgegangen sein konnte. Bis zum Frühstück hatte ich also noch Zeit. Das Frühstück, ich seufzte. Ich war nicht besonders erpicht darauf, mich mit allen Erwählten in einem Raum zu befinden und noch weniger , die Prinzen zu sehen. Keine Ahnung, warum es mir so viel ausmachte.

Vielleicht war es die flüchtige Begegnung gestern Abend gewesen, die mir immer noch in den Knochen steckte, vielleicht aber auch die Aussicht in den Vordergrund treten zu müssen. Darin war ich noch nie besonders gut gewesen. Bevor ich mein Zuhause verlassen hatte, hatte ich mich über die vorausgegangenen Selectionen informiert. Sie alle hatten mit einer privaten Vorstellung begonnen und genau das machte mir Angst. Ich hatte es gestern Abend noch nicht einmal geschafft, William von Anfang an in die Augen zu sehen, wie sollte ich heute ein ganzes Gespräch meistern?

Es gab Dinge, in denen war ich besser als alle anderen. Dazu zählte besonders nicht aufzufallen. Darin war ich sogar ziemlich gut. Ich gehörte nicht zu den Mädchen, die mit ihrer Präsenz den gesamten Raum sofort für sich einnahmen und bewundernde Blicke auf sich zogen. Diese waren schön, witzig und beliebt. Das bedeutete nicht, dass ich nicht meine Meinung auch durchsetzen konnte. Zu Hause schaffte ich das sehr wohl. Wenn ich wollte, nahmen mich die Menschen war. Nur war das selten der Fall. Ich interessierte mich für andere Dinge. Ich liebte lesen. Schon als kleines Mädchen hatte ich meine Begeisterung für Geschichten entdeckt. Es begann mit Geschichten über Abenteuer, Freundschaft, Liebe, aber schließlich fand ich meine Begeisterung für die Bücher, die weit vor der Zeit von Illeá geschrieben worden waren. Damals, als es noch Nordamerika war, vor Beginn des dritten Weltkrieges.

"Sie sind schon wach Miss ?", ertönte eine Stimme hinter mir. Lächelnd drehte ich mich herum und sah in das Gesicht von Claire.

"Ja. Ich konnte nicht mehr schlafen."

"Das ist verständlich, wenn man bedenkt, was für ein Tag heute ist", sie nickte mir zu und trat dann zu dem Kleiderschrank.

"Haben Sie eine bestimmte Vorliebe?", wandte sie sich an mich und deutete auf die Kleider vor ihr.

" Etwas Schlichtes wäre schön", schlug ich vor und sah sie erwartend an. Sie überlegte einen Moment, dann griff sie in den Schrank. In ihrer Hand hielt sie ein einfaches und doch schönes hellblaues Kleid. Es war weder aufwendig verarbeitet, noch besonders verziert. Einzig und allein das Emblem einer Jasminpflanze, welches auf das Kleid gestickt war, diente als Verzierung. Ich strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über den Faden. Die Pflanze als Symbol meiner Heimat.

"Es ist wirklich wunderschön", fügte ich hinzu, nachdem Claire mir beim Anziehen geholfen hatte.

"Das werde ich an die Schneiderin weitergeben. Es wird sie bestimmt freuen." Sie nahm sich eine Nadel und begradigte noch eine letzte Falte. Erst dann schminkte sie mich mit ein wenig Make-up. Gerade soviel, dass man es sah, aber viel zu wenig um aufzufallen.

"Danke", sagte ich schließlich, als sie den letzten Schliff vorgenommen hatte.

"Gern geschehen Miss. " Sie lächelte und nickte mir zu.

"Ich fürchte ich habe die Zeit vergessen. Sie müssen sich beeilen, damit Sie nicht zu spät zum Frühstück erscheinen."

"Stimmt", ich nickte ihr zu und verließ dann das Zimmer. Glücklicherweise erinnerte ich mich noch größtenteils an den Weg, der den Speisesaal mit meinem Zimmer verband. Es war nicht weit, weswegen ich schon nach ein paar Minuten an der aus Eichenholz gefertigten Tür ankam. Ein Diener nickte mir zu und öffnete die Tür.

Das Klicken von Absätzen auf dem gewachsten Boden konnte man schon von weitem hören. Alle Mädchen standen in kleinen Gruppen und unterhielten sich leise. Die Stimmung war angespannt. Niemand wusste genau, was uns heute erwarten würde, geschweige denn, was von uns verlangt werden würde.

~Between Always and Forever~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt