Kapitel 4 (Valerie)

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Der Tag war gekommen. Der Tag, den ich in den letzten Tagen am meisten gefürchtet hatte. Mom kam, wie jeden Morgen, um mich zu wecken, doch ich lag schon seit Stunden wach. Ich starrte an die Decke und überlegte. Was sollte schon passieren, wenn ich einfach liegen blieb ? Vielleicht würde alles wie ein Traum an mir vorbeiziehen. Natürlich wäre das nicht der Fall. Sie würden mich trotzdem holen. Also blieb mir nichts anderes übrig ,als aufzustehen, zu duschen und die Uniform der Erwählten anzuziehen.

Dieses Mal bestand sie aus einer schwarzen Hose und einer weißen Bluse. Es war nichts Besonderes, weswegen sie mir auch so gut gefiel. Ich fühlte mich wie ich selber und nicht wie jemand anderes. Vor dem Spiegel hielt ich an. Meine Haare waren noch leicht feucht und durch das Wasser schienen sie dunkler als gewöhnlich. Ich war meiner Meinung nach nie besonders schön gewesen. Alle anderen Mädchen in der Schule trugen Make-up und hatten den typischen Cheerleader Körperbau. Ich war zwar schlank aber nicht sehr sportlich. Ich hatte auch nie die Chance gehabt einen auszuüben, da wir das Geld für andere Dinge brauchten. Wobei so kann man das nicht sagen, ich hatte sehr wohl einen Sport. Ich ritt gerne. Wir hatten zwei Pferde auf unserer Farm, die wir für die Feldarbeit benötigten. Aber wenn sie nicht benötigt wurden durfte ich mit ihnen reiten. Dad hatte es mir schon früh beigebracht. Grace hingegen ritt nicht. Sie hatte etwas Angst, auch wenn sie das niemals zugeben würde. Ich war das Mädchen vom Land. Das würde ich bleiben.

Zum letzten Mal ließ ich meine Augen durch das Zimmer wandern. Gab es etwas, was ich unbedingt mitnehmen wollte ? Ich hatte schon Kleidung eingepackt für den Tag, an dem ich den Palast verlassen müsste, aber ansonsten hatte ich nichts. Mein Blick blieb deswegen an meiner Kette hängen. Es war ein Medaillon, welches man aufklappen konnte. Es war Platz für drei Bilder. Eines zeigte unsere ganze Familie vor unserem Haus, eines Grace und das dritte mich, wie ich auf unserem Pferd durch den Wald galoppierte. Dieses Medaillon war ein Stück zuhause. Ich schloss also den Verschluss und ging die Treppe herunter. Grace und meine Eltern saßen schon am Frühstückstisch. Grace trug ein blaues Kleid und hatte die Haare hochgesteckt. Sie sah aus wie eine Prinzessin. Selbst Dad trug ausnahmsweise kein kariertes Hemd. Die Stimmung war eigenartig. Wir versuchten ein Gespräch stattfinden zu lassen, was uns aber nicht wirklich gelang. Wir waren alle zu aufgeregt.

Schließlich beendeten wir das Frühstück und standen zögernd auf. Langsam wurde allen bewusst, dass dieses unsere letztes gemeinsames Essen war, bevor ich in eine neue Welt eintauchen würde.

Nervös knetete ich meine Hände und wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Mein Vater unterbrach dann die Stille mit einem Räuspern und hielt mir die Tür auf. Langsam liefen wir alle zum Wagen und stiegen ein . Auf unserer Farm befanden sich zum Glück noch keine Reporter. Vorsichtig stieg ich in die Limousine ein, welche schon auf uns wartete und betrachtete mit einem leichten Lächeln, wie meine Schwester sich begeistert umsah. Sie saß gegenüber von mir und neben mir meine Mutter. Auch sie schien angetan vom schwarzen Leder. Ich hingegen blickte verträumt dem Haus nach , als der Wagen langsam losrollte.

Plötzlich spürte ich, wie meine Mutter meine Hand in ihre nahm und mich so stolz anlächelte. Ich lächelte zögernd zurück und in diesem Moment fasste ich einen Entschluss. Ich würde mir Mühe geben . Nicht für den Prinzen , sondern für meine Familie. Damit sie von dem Geld profitieren konnten.

Meine Schwester redete seit dem wir eingestiegen waren ununterbrochen vom Haus und der Familie und zum ersten Mal schaltete ich mich dazu. Wir lachten viel und ich genoss die Zeit mit ihnen wahnsinnig. Doch irgendwann endete auch das und die schwarze Limousine blieb vor einer riesigen Menschenmenge stehen. Erschrocken schnappte ich nach Luft und drehte mich zu meiner Familie um. Mein Vater zwinkerte mir daraufhin aufmunternd zu und ich musste kurz lachen. Dann würde die Tür aufgerissen und alles begann.

~Between Always and Forever~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt