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Als wir nur eine halbe Stunde später bei mir zuhause eintreten, mustert Liv wieder mal, die kahlen Wände in meinem Zimmer.

„Wir müssen wirklich mal was gegen dein leeres Zimmer tun." Sagt sie und reibt sich die Stirn. Ihre roten Haare fallen glatt und seidig über ihren Rücken, welchen ich vor mir sehe. „Außerdem solltest du wirklich mal duschen gehen. Wir müssen uns dann fertig machen." Sagt sie und zieht mich neben sich, nur um mich ins angrenzende Bad zu schubsen.

Wenig später stehe ich mit feuchten, wilden Locken und, über meiner Unterwäsche, in einen Bademantel gehüllt vor ihr.

„Was soll ich nur anziehen?" frage ich eher mich selbst und gehe auf meinen Kleiderkasten zu. Trotzdem bekomme ich eine Antwort.

„Zieh eine High-Waist, Skinny Jeans an, dazu ein enges T-Shirt mit Ärmel, dann bindest du den um deine Taille." sagt sie und hält einen roten Pulli hoch, auf dem in weißen, golden umrahmten, Buchstaben ‚Golden Meadow Wolves' steht.

„Wo hast du den bloß her?" frage ich sie und staune nicht schlecht.

„Naja, er sollte ein ‚Willkommensgeschenk' von uns allen sein, aber irgendwie sind wir nicht dazu gekommen ihn dir zu geben." Lacht sie und wirft den Pullover nach mir. Es ist zwar zu groß, aber es passt zu mir. Ich liebe große Schlabberpullis und das ist genau so einer.

Als ich nach dem Kramen im Kleiderschrank endlich alles in der Hand halte, was ich anziehen will, lasse ich den Bademantel fallen und ziehe mich um. Gut, dass mir das vor Liv nicht peinlich ist. Wir sehen uns ja auch jeden Tag in Unterwäsche, wenn wir uns fürs Training umziehen. Sie macht es mir nach und zieht ein ähnliches Outfit aus ihrer großen Tasche. Im Nu sind wir umgezogen und als ich sie ansehe muss ich lachen. Wir haben fast dasselbe an. Jetzt weiß ich, warum sie so genau gewusst hat, was zusammenpasst.

„Alles klar, dann beginnen wir mit unserem Make-up." Grinst sie und zieht sich meinen Schreibtischsessel zu meiner Schminkkommode. Stöhnend, wie eine alte Frau, zieht sie sich hoch und steht schließlich schunkelnd vor meinem Spiegel und summt irgendwas vor sich hin. Als ich dann auch noch Musik einschalte ist es um sie geschehen. Laut singen springt sie in meinem Zimmer herum. Das ganze sieht so absurd aus, dass ich nicht anders kann, als mein Handy zu zücken und sie zu filmen. Bis sie es bemerkt, ist es schon zu spät.

„CARA! Was soll das?" quietscht sie. „Du bist so hinterhältig." Seufzt sie und lässt sich dramatisch auf mein Bett sinken. „Wenn Facebook das zu Gesicht bekommt, bist du tot." Ernst sieht sie mich an und beruhigt sich erst, als ich ihr schwöre, es nie öffentlich vorzuführen.

Eine Stunde später parkt sie ihr Auto auf dem grauen Zementparkplatz unserer High School, wobei sie es wieder mal hinkriegt, beim ersten Versuch perfekt zwischen den gelben Linien zu stehen. Eindeutig hat sie das Talent zum Parken, das ich leider kläglich vermisse.

„Da seid ihr ja endlich!" ruft Di als sie aufgeregt auf uns zu gerannt kommt. Kaum habe ich die Tür geschlossen zerrt sie mich schon an der Hand mit. „Wisst ihr gegen wen sie heute spielen?" fragt sie und blickt nur kurz über ihre Schulter zurück. Als ich nur den Kopf schüttle und Liv lachend verneint, fährt sie fort.

„Sie spielen gegen die ‚Blue Cove Bears'. Du weißt was das bedeutet." Sagt Di und grinst Liv zu. Anders als ich scheint Liv zu verstehen, was sie uns sagen will, denn sie grinst ebenfalls von Ohr zu Ohr.

„Was geht hier vor?" frage ich nur, wobei ich mich fühle als hätte ich etwas total Entscheidendes übersehen, aber keine der Beiden gibt mir eine Antwort. Erst als wir wenig später auf dem Rasenplatz vor dem Feld stehen, fällt mir auf, dass noch keine Leute da sind. Was vermutlich daran liegt, dass das Spiel erst in einer dreiviertel Stunde beginnt. Die Jungs spielen sich normalerweise ein und sie sitzen auf den Tribünen und quatschen, was ja in der Schule und zuhause nicht schon genug Beachtung findet. Nun bin eben ich auch mit von der Partie. Livs offizieller Grund ist, dass sie Marvin optimal unterstützen will, aber das ist nur ihre Ausrede, denn wenn wir uns ehrlich sind, ist es mehr als offensichtlich, dass sie eher hier ist, weil es gemütlich ist.

Aber heute ist etwas anders, die Spieler sitzen ebenfalls auf den Tribünen und sie sind nicht allein, denn Jungs mit blauen Trikots sitzen neben ihnen und sie scheinen sich blendend zu unterhalten. Dazwischen kann ich Holly und Cleo ausmachen.

„Hey, da bist du ja, Liv!" ruft ein Junge mit blonden Haar aus, als er aufsteht und auf uns zukommt.

„Hey, Brandon!" quietscht sie und umarmt den großen Jungen, seine blauen Augen leuchten auf, er beginnt laut zu lachen und hebt sie vom Boden auf, als er sich mit ihr im Kreis dreht. Lachend windet sie sich aus seinen Armen und boxt ihm leicht gegen die Schulter. „Wieso habt ihr nichts gesagt, dass ihr heute hier seid? Wieso hat keiner was gesagt?" etwas beleidigt stemmt sie ihre Hände in ihre Seiten.

„Wir wollten euch überraschen, aber du hast es ja verpasst, weil du wieder mal zu spät gekommen bist." Sagt er und grinst mir verschwörerisch zu. „Und wer bist du?" fragt er und wirft einen Arm um Livs Schulter.

„Ja, entschuldigt ich bin etwas zu spät. Cara hat ewiiig gebraucht." Sagt sie und übertreibt mal wieder total, während sie auf mich zeigt. „Cara ist neu hier. Sie ist aus Kalifornien hergezogen."

„Hey, ich hab nicht die Tanzeinlage auf meinem Bett hingelegt." Ich spreche zwar leise, aber Brandon hört es trotzdem und bricht in leises Gelächter aus und Liv mustert mich nur gespielt böse, bevor sie mich wenig später in die Rippen piekt.

„Also, das ist Carissa Bennet." Sagt sie und verwendet bewusst meinen ganzen Namen. Naja, da muss ich jetzt wohl durch, ich bin ja auch selber schuld, immerhin hab ich sie gerade an einen mir total Fremden verraten. „Carissa, das sind die ‚Blue Cove Bears'. Das ist mein Lieblingscousin Brandon." Sagt sie und deutet auf den großen, blonden Jungen. Alex und ein anderer Blonder antworten ihr darauf mit einem entrüsteten ‚Hey!'

Der ebenfalls protestierende Junge kommt auf uns zu und reicht mir seine Hand. „Ich bin übrigens Taylor und eigentlich bin ich ihr liebster Cousin." Sagt er von sich selbst überzeugt. Etwas überfordert blicke ich zwischen den zwei Jungs hin und her, denn einer gleicht dem anderen. Sie haben dieselben hohen Wangenknochen und dasselbe spitzbübische Glitzern in den blassblauen Augen. „Wir sind Zwillinge." Bestätigt er mir nur wenig später. In dieser Familie sind so viele Zwillinge, das ist irgendwie schräg.

„Unsere Mom und ihre Mom sind Zwillinge und da das Potenzial erblich weitergegeben wird, ist es wahrscheinlicher, dass in einer Familie mehrere vorkommen." Sagt Jaden und wirft seinen Arm um meine Schultern. Halbwegs zufriedengestellt mit dieser Antwort nicke ich nur langsam. Man lernt nie aus.

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