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„Ich mach Schluss mit dir, Carissa." Die Worte die aus Finns Mund kommen, realisiere ich zuerst gar nicht. Ungläubig starre ich in seine braunen Augen, doch sie haben ihre Wärme verloren und wirken nur noch undurchdringlich.

„Ahm, wie bitte?" frage ich ruhig. Man könnte sagen, dass ist die Ruhe vor dem Sturm und das weiß er auch ganz genau. Immerhin waren wir, bis gerade eben, zwei Jahre zusammen.

„Cara, du weißt doch genauso gut wie ich, dass es nicht mehr funktioniert." Sagt er nur, ohne eine Spur von Mitgefühl in seiner Stimme.

„Du machst an unserem Jahrestag mit mir Schluss?" frage ich, nur um mich zu vergewissern, dass er es ernst meint. Als er nur kurz nickt, fahre ich fort. „Und du bringst mich in eine schickes Restaurant, weil du denkst, dass ich dann keine Szene mache?" frage ich zuckersüß, diesmal kann ich sehen, dass er heftig schluckt. „Süß, aber leider falsch." Mit einem teuflischen Grinsen stehe ich auf, greife mir seine Cola und leere sie ihm über den Kopf und auch über das Hemd und die Hose. Dann mache ich auf dem Absatz kehrt, werfe mit einer stolzen Bewegung meine langen, immer verwuschelten Locken über die Schulter und gehe schnurstracks aus dem Restaurant.

Kaum trete ich in die kühle Nachtluft, kann ich die Fassade aber nicht mehr aufrechterhalten. Mit zitternden Fingern greife ich in meine Tasche und fische mein Handy daraus hervor. Mit wackeligen Bewegungen gehe ich auf die Parkbank zu, die etwas abseits steht und wähle die Nummer meiner Mom.

„Cara, Schatz, was ist denn los?" fragt nur wenig später die Stimme meiner Mutter.

„Dieser Vollidiot hat mit mir Schluss gemacht." Schluchze ich verzweifelt in das Telefon. „An unserem Jahrestag." Völlig verzweifelt fahre ich mir durch die Haare. Erst nach guten zehn Minuten schaffe ich es mich etwas zu beruhigen. „Mom, kannst du mich abholen?" frage ich sie schließlich.

„Oh, Schatz. Ich hab leider kein Auto, dein Dad ist unterwegs damit. Ruf Luke an, ich warte zuhause auf dich." Sagt sie und versichert mir noch einmal, dass alles gut werden wird. Kurz darauf lege ich auf und rufe meinen ältesten Bruder an.

„Hey Luke, kannst du mich aus der Stadt abholen?" frage ich ihn.

„Warum kannst du nicht mit Finn zurückfahren? Ihr seid doch essen gegangen oder nicht?" fragt er etwas verwundert.

„Er hat mich abserviert. Also entweder du holst mich ab, oder ich muss zu Fuß zurücklaufen." Sage ich nur trocken. Immerhin habe ich gerade meine Nerven weggeworfen. Zwei Mal so kurz hintereinander schadet meinem Stolz und ich will Finn (und in gewisser Weise auch Luke) definitiv zeigen, dass es mehr braucht um mich vollkommen fertig zu machen. Oder zumindest werde ich so tun. „Also bitte komm mich abholen." Bettle ich ihn an. Entgegen meiner Vermutung stimmt er mir sofort zu und verspricht mir gleich loszufahren.

Als ich schließlich auflege und mit der Innenkamera mein Aussehen checke, trifft mich fast der Schlag. Ich meine, ich weiß ja, dass man nach dem Weinen nicht toll aussieht, aber Holy... Ich sehe echt schlimm aus. Meine babyblauen Augen sind dunkelrot gerändert, während schwarze Linien meine Wangen zieren. Meine Wimperntusche ist echt nicht Wasserfest, obwohl das auf der Verpackung steht. Solche Betrüger. Wenn ich das so sehe, ist mir sofort wieder nach weinen zu mute, egal was ich vor gerade einer Minute gesagt habe. Trotzdem schaffe ich es nicht sofort wieder in Tränen auszubrechen und versuche mein Gesicht möglichst auf den Originalzustand zu bringen. Na ist klar, jetzt geht die Wimperntusche nicht mehr ab. Genervt seufzend gebe ich auf und lasse beleidigt mein Handy sinken. Während ich fröstelnd auf Luke warte, gehen viele Leute an mir vorbei und einige mustern mich komisch, manche sogar mitleidig. Schnell rutsche ich in den Schatten, sodass ich nicht mehr direkt im Licht der Straßenlaterne sitze und mich die Leute nicht mehr so gut erkennen können.

Endlich fährt mein Bruder mit seinem Auto auf den Parkplatz, der in der Nähe der Bank ist auf der ich sitze. Schnell schnappe ich mir meine Tasche und laufe auf den Wagen zu, jedoch bemerke ich erst zu spät, dass jemand auf dem Beifahrersitz sitzt. Sodass ich schon die Tür aufgerissen habe, als ich erst die erstaunte Charlotte sehe.

„Oh, Sorry, Char." Murmele ich und steige auf der Rückbank ein.

„Also er hat einfach so mit dir Schluss gemacht? An eurem Jahrestag?" fragt die süße Blondine vom Vordersitz. Sie ist schon drei Jahre fester Bestandteil unserer Familie, da sie mit Luke zusammen ist. Es ist so ein Zufall, dass Dad genau hierher versetzt wurde, wo auch Charlotte wohnt und Luke studiert. Luke hat beschlossen, dass er einen richtig drastischen Facettenwechsel braucht, deswegen ist er von Kalifornien nach Louisiana gegangen und mein zweiter Bruder hat feststellen müssen, dass er nur hier aufgenommen worden ist, also sind sie beide hier gelandet. Luke und Char haben sich im ersten Jahr an der Uni kennengelernt und sind nur wenig später zusammen gekommen. Die perfekte Lovestory, wenn man darüber nachdenkt.

„Ja." Antworte ich ihr nur knapp.

„Oh, das tut mir so leid." Sagt sie nur und dreht sich auf dem Sitz um. Ihre grauen Augen scheinen vor Mitgefühl fast überzulaufen. Schnell nimmt sie meine Hand und drückt sie kurz. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, das sie erwidert.

„Also was wirst du jetzt machen?" fragt sie, wobei sich ihr Lächeln in ein diabolisches Grinsen verwandeln. Verwirrt blinzle ich sie an. Solange ich sie nun kenne, hat sie noch nie so etwas gesagt. Sie ist normalerweise diejenige die nie jemanden verletzen würde, weder physisch noch psychisch. „Ich weiß was, wie du ihn vergisst und dabei Eindruck schindest, auch bei anderen Jungs." Das entlockt meinem Bruder ein stures schnauben, woraufhin ihn Char gespielt böse ansieht.

„Und was wäre das?" frage ich sie, wobei ich definitiv interessiert bin.

„Du trittst der Ballett Gruppe der Golden Meadow High School bei!" ruft sie begeistert und klatscht in die Hände, während sie auf ihrem Sitz herumhüpft.

„Ich werde bitte was? Die sind sicher alle total gut, Char und ich tanze kaum noch klassisches Ballett."

„Die auch nicht. Sie sind auf Modernes Ballett fixiert, das war schon so als ich da noch hingegangen bin. Du passt da sicher rein. Überlegt es dir zumindest, okay?" Als ich stumm nicke, dreht sie sich zufrieden wieder zu meinem Bruder um und grinst ihn an. Er hingegen sieht weniger begeistert aus, was mich meine Augen verdrehen lässt. Er und Cody mein anderer Bruder haben es sich zur Aufgabe gemacht auf mich aufzupassen, wobei ich das auch selber kann, aber nein, ich bin ihre kleine Schwester und das ist ihr Job. Sagen sie zumindest. Eigentlich ist es im Nachhinein betrachtet ein Wunder, dass sie Finn nicht verprügelt haben, als ich anfing mit ihm auszugehen.

Ehe ich mich versehe sind wir vor unserem großen Haus angekommen, schnell verabschiede ich mich von beiden. Sie werden in Lukes Wohnheim fahren, da sein Mitbewohner eine ganze Woche nicht da ist. Normalerweise wohnt Char noch bei ihren Eltern, da die Uni quasi um die Ecke ist.
Ohne lange darüber nachzudenken, husche ich ins Haus und suche meine Mom.

Als ich ihr alles erzählt habe, streicht sie mir beruhigend über die Haare, und redet mir gut zu. Schließlich verabschiede ich mich von ihr und gehe in mein Zimmer.

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