39.

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Am nächsten Morgen weckt mich das laut klingelnde Handy von Liv. Als die ersten zwei Noten ihres Klingeltons durch das Zimmer tönen, sitze ich aufrecht im Bett. Warum hat sie auch diesen nervigen lauten Wecker? Meine Augen wandern zu Liv neben mir und weiten sich plötzlich. Sie liegt seelenruhig schlafenden und schnarchend neben mir und bewegt sich keinen Millimeter. Mit verwirrtem Gesicht rüttle ich an ihrer Schulter. Oh je, die ist ja nicht wach zu kriegen.

Kurz verdrehe ich meine Augen, klettere dann über sie drüber und schnappe mir ihr Telefon. Halb über ihr drüber liegend sehe ich auf das Display und als ich sehe wer anruft, gehe ich auch ran.

„Telefon von Olivia Jones, hier ist offensichtlich ihre Sekretärin, wie kann ich helfen?" Mit meinem gespielt fröhlichen Ton, dürfte ich Jaden etwas verwirrt haben.

„Liv schläft oder?" Fragt er, als er sich schließlich gefangen zu haben scheint. Grinsend bejahe ich seine Frage und zwicke sie dann noch einmal in die Seite, aber sie bewegt sich nicht.

„Wie ein Stein." Sage ich mit Nachdruck in meiner Stimme. „Soll ich ihr was ausrichten?" Frage ich und stütze meinen Ellbogen auf ihrer Hüfte auf, damit ich mein Kinn hineinlegen kann.

„Nein, sie soll mich dann einfach kurz anrufen." Sagt er fröhlich und verabschiedet sich dann auch schon von mir. Grinsend sehe ich die schlafende Liv an, das einzige was sie vermutlich wach bekommen würde, wäre Frühstück. Gut gelaunt schwinge ich meine Füße über den Bettrand und gehe dann pfeifend in die Küche um Dornröschen ihr Frühstück zu bringen, das sie hoffentlich aus ihrem Schlaf reißt.

Wenig später stehe ich mit Toast, Ei und Bacon wieder in meinem Zimmer. Da ich genug für zwei gemacht habe, schwinge ich mich wieder ins Bett und beginne schon mal zu Essen.

Und tatsächlich nach nur wenigen Minuten regt sich neben mir etwas, das schon nach einer weiteren Minute essen verlangt.

„Was machen wir heute noch?" Frage ich sie lachend.

„Heute steht etwas besonderes in der Schule an. In ein paar Wochen ist der Founders Cotillion, da müssen wir beim Town Meeting einen Antrag einbringen, damit wir Seniors diesen ausrichten dürfen. Ich meine eigentlich ist es Tradition, aber der Antrag muss trotzdem offiziell gestellt werden und das machen wir heute." Sagt sie und spricht mit so einem Ton in der Stimme, der irgendwie voraussetzt, dass ich auch nur die kleinste Ahnung habe, was sie da von sich gibt.

„Was?" Frage ich verständnislos, ziehe meine Augenbrauen zusammen und schütte dann verwirrt den Kopf, sodass meine braunen Löckchen herumwirbeln.

„Okay, jedes Jahr gibt es diese traditionelle Tanzveranstaltung, um zu Ehren, dass der Golden Meadow Women's Club vier Anträge eingereicht hat, damit Golden Meadow als Stadt eingetragen wird. Alle ziehen sich schick an, tanzen alte Tänze und es gibt dann eine Miss und Mister Meadow Wahl."

"Okay, jetzt ist mir etwas klarer, was das ist, aber um nochmal wieder zum Antrag im Meeting zurück zu kommen. Was?" Frage ich, immer noch verwirrt.

„Die ersten Schüler mussten sich das Recht von den Gemeinderatsmitgliedern erstreiten, das ist um diese Bemühungen zu Ehren." Sagt sie schlicht und schaufelt weiter Ei in sich rein, während sie irgendein anderes Thema bespricht.

„Jaden hat vorher angerufen." Sage ich dann sachlich um mir Zeit zu kaufen, um über das alles nachzudenken. Sofort schnappt sie sich das Handy und telefoniert wenig später mit ihrem Bruder.

Als ich das dann endlich alles halbwegs verarbeitet habe, gelingt es mir noch ein bisschen was vom Frühstück zu erhaschen, da eine gewisse Langschläferin in meiner Denkpause fast das Tablett inhaliert hat.

Da das Wetter seit dem Sturm gestern merklich abgekühlt hat steige ich heute auf eine klassische Kombination von Jeans, schwarzes Top mit umgebundenem, karierten Hemd um. Eigentlich versichert mir Liv, dass es klassisch ist, ich habe vom Country-Style immer noch wenig Ahnung. Geschweige denn weiß ich wie man ihn stilvoll kombiniert.

Wenig später schlüpfe ich in dazu passende Stiefel und gehe mit Liv zusammen zu meinem Auto.

Ich habe damit gerechnet, dass viele Schüler kommen werden, aber was ich absolut nicht erwartet habe ist, dass alle - und damit meine ich wirklich ALLE - so aussehen wie ich. Sogar die Schüler die sonst eher einen subtileren Stil zeigen, sehen heute aus wie aus einer Geschichte die sich an allen klassischen Klischees bedient. Einige haben sich einen Cowboyhut auf den Kopf gesteckt, andere wiederum haben ihre besten Hemden in die Hosen gesteckt, welche von schön dekorierten Gürtelschnallen gehalten werden. Manche Mädchen tragen, wie ich, Hemden und Blusen, andere tragen schöne Kleider mit Jeansjacken und Stiefeln dazu. Dieses Ritual wird hier sehr ernst genommen. Immerhin kann ich sogar Finn in der Menge entdecken, der sich wohl doch den Gepflogenheiten anpasst und ebenfalls perfekt ins Bild passt, obwohl er erst vor nicht all zu langer Zeit seine Verachtung gegenüber dieses Stils mitgeteilt hat.

Erfürchtig beobachte ich das rege treiben, dass sich in der Turnhalle der Schule gebildet hat und bemerke gar nicht, wie ein Schüler auf die Bänke auf der Seite zugeht und sich selbstbewusst hinstellt. Das weiße Shirt mit dem V-Ausschnitt lässig in die blaue Jeans gesteckt, damit die große Gürtelschnalle gut zu sehen ist und einen schwarzen Cowboyhut auf den Kopf gesetzt.

Als Tray seine Stimme erhebt, wird es mucksmäuschenstill im Raum und alle sehen ihn an - abwartend und irgendwie nervös ist die Grundstimmung in der Menge.

„Es freut mich das so viele von euch heute hier sind. Wie ihr wisst wollen wir den Counters Cotillion veranstalten und deswegen brauchen wir jede Hilfe die wir kriegen können. Wir werden jetzt zu dem Meeting gehen und sie mit einer klasse Rede umhauen, die Liv, Andrew und ich geschrieben haben umhauen."

Fast augenblicklich wandert mein Blick zu Liv, eine Augenbraue ungläubig hochgezogen. Wann hat sie bitte eine Rede geschrieben, wir haben so viel Zeit zusammen verbracht. Ich nehme mir vor sie danach zu fragen, wobei mir wieder durch den Kopf schießt, dass ich sie nach Marvin und ihrem Anfang fragen wollte und was Holly damals auf der Party gemeint hat, mit sie wollte nicht auch so einen Start wie die beiden.

Die Liste wird immer länger.

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