Kapitel 12.

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-Levin-

Das Gespräch mit Tristan hatte mich nicht in Ruhe gelassen. Und das Gespräch mit Sid hatte es nur verschlimmert. Ich vermisste Nicolai so sehr, dass ich es nicht mehr aushielt. Ich hatte Tristan nicht Bescheid gegeben, da die anderen sonst nur vor der Matte stehen würden, doch ich hatte mich dazu durchgerungen, Nic einen Besuch abzustatten. Blöde Idee. Absolut bescheuerte Idee. Wieso nur fabrizierte mein Gehirn solche Dummheiten, wenn es um Nicolai ging?

Nun war es aber schon zu spät, denn ich hatte seinen Zweitschlüssel missbraucht und mich in seine Wohnung geschlichen. Leider war ich doppelt so blöd gewesen, als ich gedacht hatte, denn er war gar nicht da. Super. Und was jetzt? Als ob es nicht so schon creepy genug war, in seine Wohnung einzubrechen, wartete ich nun auch noch stundenlang auf ihn. Noch hätte ich gehen können, doch mein Körper weigerte sich. Stattdessen tapste ich durch die einzelnen Zimmer und wurde von Erinnerungen überrannt. Es roch so vertraut. Es roch nach ihm. Es war alles, wie vor dem Unfall und doch war es anders. Das Bücherregal war fast leer. Die Bücher aus dem Studium fehlten, welche fast seine gesamte Sammlung ausgemacht hatten. Der Schreibtisch war leer und sauber. Keine einzige Unterlage schmückte ihn. Keine Facharbeit, kein Aufsatz, kein Zeichen dafür, dass ein Student hier lebte. Denn er war keiner mehr.

Traurigkeit nahm meinen Körper in Beschlag. Er hatte also wirklich aufgehört. Ich hätte mich mental Ohrfeigen können. Ich jammerte wegen meinem erbärmlichen Leben rum, während Nic durch die Hölle ging. Ich hätte bei ihm sein müssen, doch ich hatte zu große Angst. Die Wohnung war kalt und hatte sich noch nie so verlassen angefühlt. Ich blickte mich in den Zimmern um und dachte an die Zeit, die wir zuletzt hier verbracht hatten. Es war alles wunderschön dekoriert. Nicolai war so glücklich und freute sich auf die Weihnachtszeit. Er freute sich auf Silvester und auf die Zeit, in der wir noch zusammen sein konnten. Ich hätte ihn nicht allein lassen dürfen, dann wäre das alles nie passiert.

Ich wanderte weiter, ins Schlafzimmer. Es war so lang her, seit ich das letzte Mal in diesem Bett geschlafen hatte. Es war so lang her, seit ich das letzte Mal mit ihm geschlafen hatte. Das Bett wirkte unbenutzt. Er war die Nacht über nicht hier gewesen. Ich betrachtete das Shirt, welches ordentlich über einen Stuhl gelegt wurde. Meine Finger fuhren über den weichen Stoff und ich verspürte den Drang, es anzuziehen. Doch das durfte ich nicht. Wir waren...nicht zusammen.

Ich war wie ein Stalker. Nein, ich war definitiv ein Stalker. Verdammt. Bevor ich auf die Idee kam, das Shirt einzustecken und mitzunehmen, verließ ich das Zimmer und setzte mich auf die Couch im Wohnzimmer. Wollte ich überhaupt wissen, wo er die Nacht verbracht hatte? Doch nicht etwa..

Ich schloss die Augen und versuchte ruhig durchzuatmen. Selbst wenn er bei einem.. einem anderen Typen war und sie, ich wollte es mir gar nicht vorstellen, gewisse Dinge getan hatten, ging es mich nichts an. Es durfte mich nichts angehen, denn ich war es, der ihn aufgegeben hatte.

Ich hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte und spannte mich automatisch an. Scheiße! Ich war nicht vorbereitet. Ich saß Stundenlang rum und nun? Was sollte ich sagen?

Mir blieb keine Zeit, mir eine Ausrede auszudenken, wieso ich hier war, denn Nic spazierte nichtsahnend herein und blieb erschrocken stehen, als er mich sah. Seine Arbeitstasche plumpste zu Boden und er zuckte merklich zusammen. Er war am Arbeiten? Nein, das spielte nun wirklich keine wichtige Rolle. Darum würde ich mich später kümmern.

Er war einen Moment lang sprachlos und sah immer wieder nervös zur Tür.

„Hi." Wow, ich war echt super im Reden. Große Klasse. Wieso nochmal war er in mich verknallt gewesen? Ich hatte ja eigentlich geplant, ihn mit meinem Charme zurückzugewinnen, doch mir fiel grade wieder ein, dass ich über keinerlei Charme verfüge. Planänderung.

See You Again (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt