Kapitel 20.

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-Nicolai-

„Warte. Nein.. Ich." Nervös starrte ich auf meine Schuhe, die plötzlich ziemlich interessant wirkten. Ich spürte Noah's Blick, der darauf hoffte, dass ich mich ihm in die Arme warf.

„Es ist momentan alles so kompliziert. Ich versuche vorerst zu begreifen, was überhaupt passiert ist. Ich kann dir leider keine Antwort darauf geben, ob sich zwischen uns mehr entwickeln kann oder nicht. Tut mir Leid." Erst als ich zu Ende gesprochen hatte, traute ich mich, zu ihm aufzusehen. Er wirkte nachdenklich.

„Du wirkst verändert." Gab er ehrlich zu und räusperte sich. Wie sollte ich ihm meine Situation bloß erklären? Überlagerte Erinnerungen. Das klang nach einem schlechten Science Fiction Film. Nein, es klang wie eine billige Ausrede, um sowohl mit ihm, als auch mit Lev im Bett zu landen. Ich fühlte mich furchtbar. Wenn ich daran dachte, Lev betrogen zu haben, kamen mir beinahe die Tränen. Ich sollte Noah sagen, dass ich niemanden, außer Levin liebte, jemals lieben würde, doch was, wenn sich meine Meinung in ein paar Wochen wieder änderte? Ich hatte Angst vor dem, was mir verborgen blieb.

„Ich erkläre es dir ein anderes Mal, versprochen." Er nickte verwirrt und reichte mir die kleine Tüte, mit der er auf mich gewartet hatte. „Ich dachte, du bist womöglich krank, weil du dich nicht mehr bei mir gemeldet hast." Er sah stirnrunzelnd die Treppen hinauf und ich wusste, auch ohne hinzusehen, dass Levin wieder rausgekommen war. Er wollte bestimmt wissen, wieso ich mir die Mühe machte, mich mit Noah zu unterhalten.

„Naja egal. Ich gebe Frank Bescheid, dass du die nächsten Tage keine Zeit hast. Man sieht sich." Er sah noch einmal kurz zu mir, dann zu Lev, wobei er bei ihm länger hängen blieb. Es war, als wenn sie einen stummen Kampf untereinander austragen würden. Erst als Noah endlich verschwunden war, blickte ich in die kleine Tüte. Es waren kleine Vitamin Drinks und Schmerztabletten darin zu finden, was mir ausversehen sogar ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Schlechter Zeitpunkt. Ganz, ganz schlechter Zeitpunkt. Kaum war ich oben auf der letzten Stufe angekommen, durchbohrte mich Lev's stechender Blick.

„Du hast ihn nicht abserviert." Seine Stimme war hohl und abgehackt zugleich, während sein Blick mehr als nur deutlich machte, wie viel Kraft es ihn kostete, mich nicht anzubrüllen. Mich nicht einen verschissten Lügner zu nennen, der ich zugegebenermaßen war. Um ehrlich zu sein, wäre es mir lieber, er würde mich anbrüllen. Ich hatte es nicht verdient, dass er sich die Mühe machte, nett zu mir zu sein.

„Es tut mir Leid. Ich meinte es so, wie ich es gesagt hatte, wirklich, ich liebe dich, Lev. Aber ich kann Noah nicht für meine Fehler verantwortlich machen. Er hat es verdient, die Wahrheit zu erfahren und er weiß Dinge, die ich nicht mehr weiß."

„Was ist denn die Wahrheit, Nicolai?"

„..Dass ich dich liebe." Erwiderte ich erschöpft, doch ich wusste, dass ich bereits verloren hatte. Für heute hatte ich verloren und ich wusste nicht, für wie lang. Levin's Augen musterten mich emotionslos. Er war wütend, dass konnte ich verstehen, aber er musste doch erkennen, dass ich Noah nicht einfach so abschießen konnte, wie er es gern gehabt hätte. Wenn ich mehr über mich erfahren wollte, dann musste ich nun mal mit Noah reden. Er war ein Teil meines neuen Lebens und ich wusste, dass es Lev schwer fiel, diesen Umstand zu akzeptieren. Wenn es nach ihm gehen würde, wäre Noah aus meinem jetzigen Leben ausradiert worden.

„Mir ist spontan eingefallen, dass ich keine Lust habe, heute bei dir zu schlafen. So ein Pech aber auch." Er zuckte emotionslos mit den Schultern und war im Begriff, die Stufen hinunter zu gehen. Er war verletzt und wollte es durch seine gespielte Gleichgültigkeit verbergen.

„Das ist jetzt nicht dein ernst?" Enttäuscht von seiner dämlichen Eifersucht, verschränkte ich die Arme vor der Brust.

„Lev!" Er ignorierte mich und ging auf seinen Wagen zu. Er öffnete die Tür und ehe er einstieg, sah er noch einmal zu mir. Egal, was nun kommen mochte, er meinte es nicht so. Er war sauer und verletzt, weil ich eventuell Gefühle für Noah haben könnte und wollte mir in diesem Moment eins reinwürgen. Das sah man ihm an.

See You Again (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt