Kapitel 19.

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-Nicolai-

„Ich würde ja sagen, dass es mich freut, dich wiederzusehen, aber die Umstände, die dich wieder hergebracht haben, sind leider nicht so erfreulich." Summte die Frau, vor mir, nachdenklich. Ich betrachtete sie neugierig. Angela Czakrzewski. Ich schätzte sie auf Mitte Vierzig. Sie war winzig und trug ihr wirres, blondes Haar in einem Dutt. Naja zumindest versuchte sie, ihre Haare damit zu bändigen, doch immer wieder fielen vereinzelte Strähnen, in ihr freundliches Gesicht. Die, viel zu große, Brille rutschte ihr ständig von der Nase, sodass sie gezwungen war, sie immer wieder hochzuschieben. Alles in allem wirkte sie sehr durcheinander, doch nicht minder Intelligent, als andere Psychologen. Etwas in ihren Augen, verlieh ihr eine gewisse Reife, die ihren Patienten vertrauen schenkte.

„Kannst du dich an mich erinnern?" fragte sie mich einen Augenblick später und ich schüttelte entschuldigend den Kopf. „Nicht wirklich. Sollte ich?" fragte ich ehrlich verwundert, da mir Lev nicht sonderlich viel darüber erzählt hatte, was wir hier suchten.

„Ähm, Mrs. Czakr .. Czakre.. Czakrrz" Während Lev sich mit ihrem Namen abmühte, kicherten wir leise vor uns hin, wobei er sich verlegen durch die Haare fuhr.

„Czakrzewski war das, oder?" fragte ich, wobei mir Lev's grimmiger Blick nicht entging. Ich musste mich ehrlich zusammenreißen, nicht loszulachen.

„Nennt mich einfach Angela." Summte sie gut gelaunt und zeigte mir den Raum, in dem wir über meine Probleme sprechen würden. Ich wurde zunehmender nervös. Immerhin hatte ich sowas noch nie gemacht. Naja also eigentlich ja schon, aber wenn man sich nicht erinnern konnte, dann war es quasi ein erstes Mal. Ich musste gestehen, dass der Raum ziemlich gemütlich eingerichtet war. Ich musste erst an die kahlen, fast farblosen Wände aus dem Krankenhaus denken, doch hier schienen alle Farben der Welt, an einem Ort zu verschmelzen. Es hatte etwas irrsinnig, witziges an sich. Statt Stühlen, erwarteten mich Sitzsäcke, in den knalligsten Farben. Ich konnte Lev's Stimme schon in meinem Kopf hören.

Verdammter Hippie.

Ich entschied mich für den dunkelblauen Sitz-Sack, der in der Nähe des großen Fensters lag und ging darin unter, wie ein Felsbrocken, im Meer. Als Lev den Raum betreten wollte, hielt Angela ihn auf.

„Ich möchte mit Nicolai allein sprechen. Sie können es sich im Wartezimmer gemütlich machen oder derweil anders beschäftigen." Trällerte Angela mit ihrer Singsang Stimme und knallte Lev die Tür vor der Nase zu.

„Diese verdammten Hippies!" Konnten wir ihn durch die Tür fluchen hören, ehe er davonging. Fast zeitgleich kicherten Angela und ich los, was mich durchaus überraschte. Ich wusste nicht viel über Psychologen. Mein Studium befasste sich mit den Physischen Schäden, des Menschlichen Körpers. Falsch.. Ich hatte mich damit befasst. Wie ein Trauerklos, der sich an mir festsetzte, zog es meine gute Laune in den Keller. Aber dafür war ich hier.

Angela stellte mir die gleichen Fragen, wie Dr. Harper. Ab und zu nickte sie und schien vor sich hinzugrübeln.

„Lass uns etwas ausprobieren." Schlug sie vor und holte eine Klangschale von einem der vollgestopften Regale. „Während unserer gemeinsamen Therapie, haben wir diese Schale häufig benutzt." Erzählte sie und wartete meine Reaktion ab. „Nach dem Unfall war dein Tastsinn überreizt und deine visuelle Konzentration hielt nicht lang an. Du hast besser auf die akustische Wahrnehmung reagiert." Sie deutete auf die kleine Schale und sah mich wieder sanft an.

„Du hattest häufig Anfälle, die dein Handeln und deine Emotionen stark beeinflussten, also haben wir zusammen daran geübt, dass du dich auf die Geräusche in deiner Umgebung konzentrierst, um dich zu beruhigen." Sie grübelte hin und her und ich konnte mir ein Bild davon machen, was sie vorhatte.

See You Again (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt