Kapitel 52.

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-Nicolai-

"Sorry, aber ich muss nochmal los. Ich muss mich noch um ein paar Angelegenheiten kümmern und werde frühestens Morgen Abend wieder da sein." entschuldigte sich Lev nun schon zum dritten Mal in dieser Woche und machte sich auf den Weg, wohin auch immer er musste. Ich verstand ja das seine Arbeit hart war und seine Aufmerksamkeit beanspruchte, doch er verhielt sich merkwürdig und so kam es mir eher vor, als wenn er mir aus dem Weg ginge. Ansprechen würde ich ihn darauf jedoch nicht. Ich wollte ihn nicht von seinem Job abhalten und irgendwie traute ich mich nicht, ihn auf sein Verhalten anzusprechen. Nachdem ich ihm all diese Dinge im Krankenhaus an den Kopf geworfen hatte, schien er sich distanziert zu haben. Er wirkte jedoch nicht wütend sondern einfach nur erschöpft und das bereitete mir ein wenig Kopfschmerzen. Ich machte mir doch nur Sorgen. 

Es hatte damit angefangen, dass er seinen Schmuck nicht mehr trug. Ich dachte erst, dass er einfach seinen Stil ändern wollte, doch als er dann von heute auf morgen mit dem Rauchen aufhörte war sofort klar, dass etwas nicht stimmte. Niemals hätte ich geglaubt, dass er mit dem Rauchen aufhören würde. Nicht einmal für mich wäre er so weit gegangen, doch auch als ich ihn darauf ansprach erteilte er mir nur eine deftige Abfuhr.

"Wenn es dir nicht gut geht, dann kannst du mit mir jederzeit darüber reden." 

"Kommst du schon wieder mit diesem Scheiß an? Es geht mir gut und jetzt lass mich damit in ruhe, Ich bin beschäftigt!" 

So hatte ich mir das Zusammenleben nicht vorgestellt. Ich wusste einfach nicht was ich tun sollte. Es tat mir unglaublich weh, dass er nicht mit mir redete, doch als er sich dann auch noch beim Schlafen distanzierte, wurde es mir zu viel. Auch wenn wir getrennte Zimmer hatten, so schlief er stets bei mir im Bett, doch aus dem üblichen 'Kuscheln' wurde zunehmender ein 'Nebeneinander einschlafen, darauf bedacht sich nicht mehr als nötig zu berühren'. Es war eine Sache wenn er mir tagsüber aus dem Weg ging, doch nicht mehr mit mir zu schmusen verletzte mich zutiefst. Ich redete mir jedes Mal ein, dass er nur müde war und es gar nicht bewusst tat, doch als ich mich unauffällig an seinen Rücken schmiegte um ihm Nahe sein zu können, war er einfach aufgestanden und in sein eigenes Zimmer gegangen. Deutlicher konnte eine Abfuhr gar nicht sein. 

In dieser Nacht hatte ich mich das erste Mal seit Monaten in den Schlaf geweint, da ich einfach so verzweifelt war. Wie konnte es in den wenigen Wochen soweit kommen? Wir hatten uns doch so gefreut zusammen zu wohnen und jetzt war es, als wenn ich ihm vollkommen gleichgültig war. Egal wie oft ich Lev darauf ansprach, es machte die Situation nur unangenehmer. Ich wollte doch  nur wissen was los war. Wenn ich etwas getan hatte was ihn verärgerte, dann sollte er es einfach sagen. 

Man sah mir deutlich an, dass ich die ganze Nacht geheult hatte und somit machte ich mir nicht einmal die Mühe es irgendwie verstecken zu wollen. Lev sah mindestens genauso furchtbar aus, jedoch waren seine Augen nicht rot geschwollen wie meine, sondern von dunklen Schatten gezeichnet, die verdeutlichen wie wenig er geschlafen hatte. 

"Hey." murmelte ich leise als unsere Blicke sich trafen. Ich wusste nicht was ich erwartet hatte. Vielleicht eine Emotion, die mir seine Gefühlslage preisgab. Womöglich auch eine Entschuldigung, doch da war nichts. Absolut gar nichts. Es war nicht so als wenn er seine Emotion vor mir verbergen wollte. Es war einfach nichts da. Seine Augen waren so leer und kalt, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. 

Waren das die Drogen? Hatte er sie doch genommen? Alles an ihm deutete darauf hin. Es würde seine Veränderung erklären. War er abhängig? Aber wieso hätte er zu solchen Drogen greifen sollen? Ich dachte es war alles gut. Wir wollten doch glücklich zusammen sein. Wir beide waren aber alles andere als Glücklich. 

Wir schwiegen uns beim Frühstück ununterbrochen an und das Brötchen in meinem Mund bekam immer mehr einen pappigen Geschmack. Der Kaffee schmeckte nur halb so gut wie sonst und ich hatte bei der Hälfte gänzlich den Appetit verloren. Wenn ich doch nur wüsste was ich falsch gemacht hatte. Gedankenverloren kritzelte ich auf dem kleinen Notizblock, der immer auf dem Esstisch lag. Es waren erst Linien, die ich aus Frust kritzelte, bis ich Buchstaben formte und Lev den Zettel zu schob. 

See You Again (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt