Kapitel 25.

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-Nicolai-
"Du solltest dich aus Dingen raushalten, die dich nichts angehen." sagte die tiefe Stimme am anderen Ende der Leitung und ließ mich erschrocken aufzucken.
"W-Wer ist da?" fragte ich leise und blickte besorgt aufs Telefon. Eine unbekannte Nummer.
"Erinner dich an meine Worte. Halt dich raus. Du willst doch nicht noch einen Unfall haben.."
Ich erstarrte zu einer Salzsäule, während die Gänsehaut meinen Körper stück für stück einnahm. "Woher wissen Sie..?"
"Beim nächsten Mal sorge ich schon dafür, dass du es nicht überleben wirst."
"W-Was habe ich getan? Was soll ich t-tun?"
Ich hörte ein leises Lachen, welches mir das Blut in den Adern gefror.
"Es ist schon zu spät. Dein Name steht bereits auf der Liste."
Mehr kam nicht. Das Piepen verriet mir, dass mein anonymer Anrufer aufgelegt und mich in einer furchtbaren Ungewissheit allein gelassen hatte. Was passierte hier? Was meinte er damit. Was für eine Liste? Was hatte ich denn getan? Aber vor allem beschäftigte mich der Teil, des Unfalls. Er hatte es so gesagt, als wenn es kein Versehen gewesen war.

Hatte ich jemanden verärgert? Ich wusste es nicht. Wer würde so etwas tun? Ich musste es Lev sagen. Ich musste es ihm sagen..I-Ich m-musste es...
Eine altbekannte Übelkeit umfasste meinen Körper und ließ mich schwanken. Nein, nicht jetzt. Ich musste es ihm sagen. Ich musste es Levin sagen, bevor die Dunkelheit mich erreichen konnte. Das Zimmer drehte sich, wie in einem Karussel, welches immer und immer schneller wurde. Bis ich nicht mehr wusste, wo oben und unten war.
"..L-Lev." Es war bereits zu spät. Ich wollte mich zur Tür schleppen und ihn rufen, doch die Müdigkeit, gepaart von unerträglichen Kopfschmerzen, wälzten mein Bewusstsein nieder, sodass ich in tiefe Dunkelheit verfiel.

Als ich die Augen aufschlug, wurde ich von zwei grünen Augen empfangen, die mich besorgt musterten.
"Du bist wach. Ist alles okay bei dir? Geht es dir gut? Soll ich dir etwas holen? Wasser?" Ich blinzelte diese merkwürdige Schwere fort und versuchte mich zu erinnern. Ich war offensichtlich bei mir Zuhause und lag in meinem Bett. Doch wieso war Levin hier? Was wollte er? War er wieder eingebrochen?
"Wasser." krächzte ich rau und versuchte angestrengt zu schlucken. Mein Kopf war das pure Durcheinander, doch ich musste erst einmal richtig zu mir kommen, bis ich Fragen stellen konnte. Wobei der Anblick von Levin mich doch ein wenig wütend machte. Immerhin hatte er mich versetzt.
Er huschte ins Nebenzimmer und kam keine Sekunde später mit einem Glas Wasser zurück.
"Ich weiß nicht was passiert ist, aber als du am Telefonieren warst, bist du Ohnmächtig geworden. Mit wem hast du geredet?" fragte er ernsthaft besorgt und musterte mich durchgehend.
"Was? Wovon redest du?"
Als Antwort hielt er das Telefon in der Hand und wackelte vor meiner Nase damit rum. Mein Kopf brummte. Ich konnte mich vage daran erinnern, telefoniert zu haben, doch was ging ihn das bitte an?
"Ich wüsste nicht, was dich das angeht." pampte ich ihn an und trank das Glas Wasser leer.
"Wie bitte?" fragte Levin verblüfft und hob irritiert die Augenbrauen an. Da schien ihn die Erkenntnis zu treffen, von der ich scheinbar nichts wusste.
"Sind wir also plötzlich wieder unwissend?" knurrte er genauso pampig zurück und verringerte den Abstand zu mir. Was hatte er eigentlich für ein Problem?! Er war es, der mich an Karneval hat sitzen lassen und jetzt war er sauer?
"Ich hab keine Ahnung, wovon du redest, aber du solltest gehen." blaffte ich und stand etwas zu schnell auf. Der Schwindel umfasste mich wieder und ich drohte, auf den Boden zu stürtzen, da wurde ich von Levin am Arm gepackt und zurück aufs Bett gezogen.
"Fass mich nicht an!" Wütend schlug ich seinen Arm weg und funkelte ihn böse an. "Was ist dein scheiß Problem?!" donnerte er mich an.
"Du bist mein scheiß Problem! Was glaubst du, wer du bist?! Tauchst einfach so in meinem Leben auf und glaubst, dir alles erlauben zu können!" schrie ich zurück und brachte so viel Abstand zwischen uns, wie es auf einem Bett eben möglich war.
"Du bist irgendein Fremder, der sich in mein Leben einmischt und ständig in meine Wohnung einbricht! Entweder du gehst jetzt oder ich rufe die Polizei!"
"Einen scheiß wirst du tun!" knurrte Levin und warf das Telefon gegen die nächstbeste Zimmerwand.
Das hatte er jetzt nicht ernsthaft gemacht. Der war doch Irre. Ein verdammter Freak, der scheinbar besessen von mir war.
"Lass mich einfach in Ruhe!"
"Krieg erst mal deine Kopf richtig geordnet!" warf er mir entgegen und weigerte sich strikt, zu gehen. Das konnte doch nicht wahr sein. Ich geriet so langsam in Panik. Mir egal, ob wir mal zusammen waren oder nicht, der Typ hatte sie nicht mehr alle.
Er seufzte und schien zu überlegen.
"Wir sollten uns erst Mal beruhigen und-"
Ich nutzte seine Unachtsamkeit und sprang vom Bett, riss die Tür auf und wollte aus der Wohnung fliehen, um Hilfe zu holen.
"Verdammt!" schimpfend hechtete Levin mir hinterher und erwischte mich auf halben weg zum Wohnzimmer.
"Lass mich los, du blöder Wichser!" schrie ich wütend, als er sich auf mich setzte und meine Arme am Boden festnagelte.
"Gott, du bist so furchtbar anstrengend, wenn du so drauf bist!" Ich versuchte mich zu wehren, strampelte mit den Beinen wild um mich, doch es war erfolglos. Er war einfach zu stark. Mir blieb also nicht viel mehr übrig, als zu schreien.
"Hilfe! Ich werde vergewaltigt! Hilfe! Ic-"
"Halt die Klappe!" Levin hielt mir mit der Hand den Mund zu, was ich ausnutzte und ihn so fest Biss, wie ich nur konnte.
"Glaub mir, wir können das den ganzen Tag machen. Ich kann wesentlich mehr aushalten, als dir einfallen kann."
Und er meinte es auch so. Bevor ich erneut schreien konnte, hatte Levin es geschafft mich mit einem Tuch zu knebeln und zum schweigen zu bringen.
Erschöpft ließ er von mir ab, als er mich an einem Stuhl gefesselt hatte und ich mich nicht mehr bewegen konnte.
"Es ist nicht so, wie du denkst." versuchte er zu erklären. Natürlich. Es war ganz normal, dass man in anderer Leute Wohnungen einbrach und sie fesselte, um zu zeigen, dass man Freunde sein wollte. Ganz bestimmt. Ich verdrehte also nur wütend die Augen und beobachtete Levin dabei, wie er aufgewühlt hin und her lief.
"Wieso ausgerechnet jetzt?" murmelte er immer wieder vor sich hin. Ich gab es auf, mich befreien zu wollen, da die fesseln echt fest waren. Er schien sich wohl damit auszukennen, Menschen zu fesseln. In mir stieg die Angst. Was stellte er bloß mit mir an?
"Mir bleibt wohl nichts anderes übrig." hörte ich ihn plötzlich sagen und bekam es echt mit der Angst zu tun. Ich musste hier weg!

"Du bewegst dich nicht vom Fleck!" drohte mir Levin, bevor er aus der Wohnung verschwand und mich allein zurückließ. Wollte er mich verarschen? Ich wäre längst weg, wenn ich könnte! Ich musste an mein Handy kommen. Wo auch immer es war.
Als ob ich mich von diesem Spinner hier einfach festbinden ließ. Ich wackelte auf dem Stuhl hin und her, in dem versuch, mich befreien zu können. Natürlich war es nicht ansatzweise so leicht, wie es im Film immer gezeigt wurde. Ich wippte mich hin und her, bis ich mitsamt Stuhl umkippte. Das war nicht mein Plan gewesen. Nun lag ich hier hilflos rum und zappelte, wie ein Fisch an Land. Verdammt!
Als ich die Wohnungstür hörte, bekam ich Panik.

"Okay, ich weiß wie das gleich aussehen mag, aber ich habe es nur gemacht, weil er am ausflippen war." brummte Levin und ich erkannte Amandas Stimme, die verwirt fragte, was denn überhaupt los sei.
Levin betrat den Raum in begleitung von Amanda und Austin, die beide verwundert die Augen aufrissen, als sie mich geknebelt und gefesselt am Boden liegen sahen.
"Hey ich hab echt kein Interesse daran, an euren Sexspielen teil zu haben." sagte Austin verunischert und sah Levin geschockt an.
"Das ist kein Sexspiel!" giftete Levin ihn wütend an und erzählte den beiden, was Sache war.
Amanda half mir, mich wieder aufzusetzen und sah mich entschuldigend an.
Wieso taten sie so, als wenn alles okay wäre? Der Typ hatte mich gefesselt und sie riefen nicht einmal die Polizei!
"Ich nehme dir das jetzt ab und du wirst nicht schreien, okay?" fragte Levin vorsichtig und enternte das Tuch, welches er mir provisorisch in den Mund gestopft hatte.
Ich funkelte ihn wütend und die anderen irritiert an.
"Fick dich!" knurrte ich Levin letztendlich an und hatte noch einige andere Beleidigungen auf Lager.
"So ist er schon, seit er aufgewacht ist." sagte dieser nur Schulterzuckend zu Amanda, die geschockt von meiner Wortwahl zu sein schien.
"Mach mich los." brummte ich nun mehr erschöpft, als wütend, doch als Levin mich dann so blöd fragte, wieso, konnte ich nicht anders, als sarkastisch zu werden.
"Um dich voller Liebe erdrücken zu können, damit du langsam daran erstickst."
Er hob herausfordernd eine Augenbraue. "Dein Temperament ist wirklich süß."
"Achja? Soll ich dir noch mehr davon zeigen?" fragte ich provokativ und hätte ihm grad gern eine reingehauen.

Warte mal, was? Was war nur los mit mir? Ich würde niemals jemanden schlagen.
"Okay Jungs beruhigt euch. Alle beide. Austin, kannst du mit Levin wo anders hingehen? Er hetzt Nic eh nur auf." Austin nickte zustimmend und zog Levin aus der Wohnung.
In der zwischenzeit half Amanda mir aus den Fesseln, sodass wir in Ruhe auf der Couch sitzen und reden konnten.
"Was ist nur los mit ihm. Er bricht hier einfach ein und macht, was er will. Und wieso tut ihr so, als wenn es voll normal wäre. Wir müssen die Polizei verständigen und-"
"Nic, bitte beruhige dich. Es ist alles nicht so leicht, wie du denkst."
Ich starrte meine beste Freundin verwundert an.
"Was meinst du?"
"Du bist nicht du selbst, Nic. Schon eine ganze Weile nicht mehr."
"Wovon redest du? Natürlich bin ich, ich." Amanda seufzte müde. Sie versuchte es mir zu erklären, doch ihre Worte hörten sich verrückt an.
"Deine Erinnerungen überlagern sich. Es lässt dich zu unterschiedlichen Zeiten, unterschiedliche Erinnerungen und Gedanken haben. Du wirst dich nicht daran erinnern können, doch du warst gestern mit Levin bei deiner Therapeutin Angela." erzählte sie weiter und die erschreckende Tatsache, dass ich mich wirklich nicht daran erinnern konnte, ließ mich innehalten. Ich wusste es nicht und das machte mir angst.
"Ich weiß, dass es ein ungutes Gefühl sein muss, mit jemanden in einem Raum zu sein, an den man sich nicht erinnert, doch du kannst mir glauben, wenn ich dir sage, dass Levin dir nie etwas tun würde. Er liebt dich und will nur, dass du in Sicherheit bist. Du kannst ihm vertrauen Nic. Und auch, wenn du dir momentan unsicher bist, weiß ich, dass du ihn genauso liebst."
Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich denken sollte.Wieso sollte Amanda lügen?

"Ich..Ich weiß nicht. Ich will mit Angela reden."

See You Again (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt