Kapitel 22

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Wütend krallte ich die Finger in das Leder des Sitzbezuges. Mein Blick war starr durch das Fenster nach draußen in die Dunkelheit gerichtet, wo ab und zu das Licht einer Straßenlaterne vorbeischoss. Es wird alles gut. Wir werden nichtlange getrennt sein. Ich verspreche es dir. Wie gerne hätte ich Calloms Worten geglaubt und darauf gehofft, dass sie wahr werden. Aber ich wusste es besser. Die NSWR war kein einfacher Rudelunterschlupf. Es war eine Schutzstation und Festung. Niemand, der nicht dem Weißen Rudel angehörte, kam dort hinein. Die Erinnerung an unserer letzten Begegnung, schmerzte sehr und ich konnte nur mit großer Mühe die Tränen zurückhalten, die wieder über meine Wangen fließen wollten. Ich musste mich zusammenfassen. Ich durfte meinem Vater nicht zeigen, dass er gewonnen hatte. Nur, wusste jeder in diesem Auto, das mein Vater gesiegt hatte.

" Könntest du bitte aufhören den Sitz kaputt zu machen, Vivien?" "Ich habe immerhin einen Grund es zu tun." Böse blickte ich das Spiegelbild meines Vaters in der Scheibe an. "Warum ist Mama nicht mitgekommen?", fragte ich, immer noch fassungslos. "Platz wäre doch genug." Er seufzte. " Sie wollte nicht"." Ich auch nicht!" "Sie hat einen Job und verdient Geld." " Ich habe Freunde und den Platz an einer Schule."" Sei still. Jake schläft." Ruckartig drehte ich meinen Kopf nachhinten zu Rückbank. Dort saß seit der ganzen Fahrt über ein Mädchen mit dunkelroten Haaren das Jake schwärmend anglotzte. Warum sie hier war wusste ich allerdings nicht. " Sag mal wie heißt du eigentlich?" Sie sah auf und lächelte mich herzlich an. " Madison. Madison Chattfield." "Okay", lächelte ich zurück doch mein Lächeln erstarb als ich die nächsten Worte sagte." Madison Chattfield. Halt den Mund." Madison schnappte erschrocken nach Luft und hielt sich, die Hand an die Brust, um zu demonstrieren wie weh ihr meine Worte getan hatten. Aber das war mir im Moment total egal. "Habt ihr Hunger?", fragte mein Vater und ich entschied mich ihn ab jetzt nur noch Betha zu nennen. "Jep. Ich habe schon fast das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen. Oh nein", ich hob meinen rechten Zeigefinger so, als wäre mir etwas eingefallen, "Es liegt an dem schlafenden Vollidioten der dir die Rückbank vollsabert." Man hörte einen leisen aber wütenden Aufschrei, den ich gekonnt ignorierte. " Madison, dahinten in der roten Sporttasche müssten ein paar Brote sein." Mir lief das Wasser im Mund zusammen, wenn ich an die selbstgemachten Sandwiches meiner Mutter dachte. Man hörte ein Rascheln, einen Reißverschluss der geöffnet wurde, wieder ein Rascheln und dann ein herzvolles Schmatzen. Ich schnupperte. Igitt. Das waren auf keinen Fall die Brote die meine Mutter sonst machte. " Halt mal an," wies ich meinen Vater an. Wiederwillig fuhr er an die Seite. " Must das sein? Halt es doch einfach an." Ich prustete los. "Dahinten ist ein Fast Food Restaurant, bin gleich wieder da." Ich ging los und hörte wie sich eine Autotür öffnete. Genervt verdrehte ich die Augen. " Dad. Ich kann alleine laufen." Die Schritte die ich kurz vorher gehört hatte verstummten. Gut so. Ich beeilte mich extra nicht, sondern schlenderte ganz lässig zu dem hellroten Gebäude, das sogar in der Dunkelheit zu leuchten schien. Ich spazierte hinein und trat mit vier Hamburgern wieder hinaus. Langsam trottete ich zum Auto zurück und öffnete die Beifahrertür. "So viel?", fragte Madison und wollte nach einer der Burger greifen. " Vergiss es. Das sind alles meine," fauchte ich und schlug ihr auf die Hand. Jaulend verkroch sie sich. Ich ließ mich auf den Sitz fallen und schlug die Beine über einander. " Los, gib Gummi!" Mein Dad preschte los.

Die restliche Fahrt war eigentlich ganz angenehm. Der Betha fuhr. Ich aß alles auf. Madison beschwerte sich über ein paar laute Rülpser und Jake, der nach langer Zeit auch endlich aufwachte, nörgelte herum weil es nichts mehr zu essen gab. Irgendwann ließ ich müde meinen Kopf gegen die kühle Fensterscheibe fallen und schloss die Augen. Bevor ich jedoch einschlafen konnte, sorgte ein fröhliches Pfeifen für einen gehorsamen Schreck. Wir alle schraken auf und Madison schrie sogar, was den Betha ziemlich wütend machte. Er begann mit einer Strafpredigt. Obwohl ich mir liebend gerne diese Standpauke angehört hätte, die normalerweise nur für mich bestimmt war, suchte ich nach der Ursache des Pfeifens. Es war mein Handy. Aufgeregt rutschte ich auf dem Sitz hin und her und versuchte es aus meiner Hosentasche zu ziehen. Leider musste ich feststellen das es mir nur mitteilen wollte, dass der Akku leer war. Und bevor ich noch irgendetwas machen konnte, wurde das Display dunkel. Na super!

Gefunden (Abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt