Kapitel 17

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Mittwoch. Ich war gestern und vorgestern nicht in der Schule gewesen, da meine Mutter darauf bestanden hatte das ich solange zu Hause blieb bis die Wunde verheilt war. Lea war jeden Tag gekommen, doch ich hatte nicht aufgemacht. Meine Mutter musste länger in der Drogerie arbeiten, weil eine Kollegin ausgefallen war. Ich hatte die Chance genutzt um es mir richtig gut gehen zu lassen. Es hatte nur leider nicht so gut geklappt. Dennis war nur Montags gekommen und Evelyn und Henry hatten Lea heute begleitet. Es schneite und ich würde gerne in der kalten weißen Masse herumtollen wie ich es als Kind immer gemacht hatte. Das hätte mich für eine gute Stunde abgelenkt. Leider sollte ich nicht rausgehen. Ich saß auf der Küchenanrichte und beobachtete die Straße. Ein paar Passanten liefen hier entlang und beachteten mich nicht. Wahrscheinlich konnte man mich durch das Schneegewirbel gar nicht erkennen.

Es piepte und ich drückte auf die Glocke am Backofen. Das Geräusch verstummte augenblicklich und ich nahm eine dampfend heiße Tasse Kakao vom Herd. Ich setzte sie an und verbrannte mir prompt die Zunge. Fluchend stellte ich die Tasse ab und glitt von der Anrichte und hockte mich vor den Ofen. In der dunklen Scheibe konnte ich nichts erkennen, weshalb ich ins Gäste Bad ging. Eine kleine, hellrosernde Blase ziepte auf meiner Zunge und ich wühlte im Schrank nach der kleinen Tube Kamistad. Nachdem ich das Gel großzügig verteilt hatte ging ich in die Küche zurück. Den Kakao konnte ich, bis das Gel eingezogen war, wohl vergessen. Ich wollte mich wieder auf die Anrichte heben, doch meine Arme knickten ein und ich fiel zu Boden. Schreiend saß ich da und legte mir die Hand auf die Bisswunde. Es schmerzte tierisch und fing auch wieder an zu bluten. Tränen strömten mir über das Gesicht und ich drückte kräftig auf meine Schulter um den Blutstrom zu stoppen. Der Schmerz fuhr durch meine Venen bis in mein Herz wo er zu explodieren schien. Ich schrie, wollte dass es aufhörte. Mein Herz schrie ebenfalls. Nicht wörtlich, aber in meinem Kopf tauchten Bilder auf. Bilder von Callom. Ich versuchte sie wegzuwischen, denn schließlich war er es, der mir diesen Schmerz bereitete. Wir hatten uns gegenseitig markiert. Ich hatte schon ziemlich viel darüber gehört aber es war nie so etwas in den Erzählungen vorgekommen. Man hatte immer gesagt das Gefühl sei herrlich, doch das was mir gerade wiederfuhr war alles andere als schön. Ich ließ die dunkelblaue Strickjacke über meine Schultern auf den Boden fallen. Mein Herz schrie sehnsüchtig nach ihm und ich wehrte mich dagegen. Ich wollte nicht akzeptieren, dass mein Verstand schwächer wurde und mein Herz stärker. Ich robbte unter Schluchzern zu Terassentür, schob sie mit Mühe auf und versuchte mich durch den Schnee zu schieben. In der Mitte des Gartens angekommen legte ich mich auf den Rücken. Ich frierte schrecklich, steckte meine Hand trotzdem tief in den Schnee und presste sie dann auf meinen Hals. Anstatt zu kühlen, fing die Wunde wie wild an zu brennen. ich krächzte und winselte vor mich dahin. Ein letzter Gedanke gab mir Hoffnung. Wenn das wirklich eine Markierung war, musste sie dann nicht aufhören zu schmerzen wenn der Wolf von dem diese Wunde stammte anwesend war? Ich wühlte mit der freien Hand mein Handy aus der Hosentasche und rief Callom an. Er ging sofort ran. " Vivien, was ist los? Warum bist du nicht in der Schule gewesen? Was.." " Callom... ic brau... brauch Hilfe... Garten..... Bei mir.... Schnell. ...Wunde... tut we...wehhhh:" Man hörte es rascheln. Ich hörte es knallen und trommeln. " Mach dir keine Sorgen, ich bin gleich da." Ich nickte, obwohl ich wusste das Callom das nicht hörte musste er wissen das ich ihn verstanden hatte. Er ließ das Handy die ganze Zeit an und ich lag im kalten Schnee und wartete auf ihn. Mir wurde kalt und ich versuchte vergeblich mich aufzurichten. Und bevor meine Stimme ganz ihren Dienst versagte, flüsterte ich noch: " Danke. Ich liebe dich."

Gefunden (Abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt