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Dann legte er sich, seine Tasche an sich gedrückt auf die Seite, sodass sein Rücken zur Tür zeigte. Er schwang die Decke bis über seinen Kopf und lag einfach nur mit leerem Kopf da.

Irgendwann merkte er, wie seine Hacke pochte. Ein Zeichen dafür, dass die Wunde ganz verheilt war. Er wischte sich über die Hacke, ohne sich viel zubewegen, damit er die Paste entfernte.

Es passierte eine ganze Weile nichts, wofür Yun auch sehr dankbar war,doch dann trat jemand seine Tür auf. Er zuckte stark zusammen, was man aber über der Decke nicht sah. Jemand riss die Decke von ihm und beugte sich direkt über ihn drüber. „Was hast du Caz bitte erzählt?", fragte Skelton. Er hatte ein blaues Augen und eine dicke Lippe. „N-Nichts....", wimmerte er. „Und wieso ist er dann wie ein Irrer auf mich losgegangen und hat mir vorgeworfen, ich hätte dich geschlagen?" Yun zog den Kopf ein. „Wei-Weiß ich nicht..." Caz war wohl der große dunkle Mann. Skelton richtete sich wieder auf und stürmte aus dem Raum. Yun sah ihm hinterher. Was war das denn?

Unsicher rutschte er auf seinem Bett herum, bis er aufstand und zu Skeltons Kabine schlich. Er spähte in die offene Tür. Er saß an seinem Schreibtisch, den Kopf im Nacken, ein Steak auf seinem Auge. Yun schlich hinein und stellte sich unsicher vor den Tisch. „E-Es tut mir leid..." Er bohrte seine Finger in die Bandage seines linken Oberarms. Er hatte sie von seinem Fuß abgenommen und wieder dort befestigt.

Skelton sah auf und winkte ab, als er Yun erkannte. „Mach dir keine Sorgen. Caz entwickelt nur immer so schnell einen Beschützerinstinkt, wenn er denkt, dass sich derjenige nicht verteidigen kann..." Yuns Finger bohrten sich weiter in den bandagierten Oberarm und presste die Lippen aufeinander.


Caz stand in der Tür und besah die Beiden sehr genau. Es musste wieder so wirken, als würde Skelton Yun irgendwie etwas tun, denn seine Frage kam nur mit unterdrückter Wut. „Was ist hier los?" Yun schreckte zusammen und sah zu dem großen Mann. Skelton drehte langsam den Stuhl herum. „Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst zurück auf deinen Posten zurück gehen?", knurrte er.„Schichtwechsel.", meinte er nur trocken und sah zu Yun. „Alles ok bei dir?" Er nickte nur schüchtern und sah auf den Boden. „Ich hab dir ja gesagt, dass ich ihm nichts getan hab." Caz sah forschend zu Yun. „Es wirkt mehr so, als sei er völlig eingeschüchtert. So würde er dich wahrscheinlich nicht beschuldigen." Yun sah Caz groß an. „Wenn du mit dem Scheiß nicht bald aufhörst, lass ich dich über die Planke gehen.",drohte Skelton. Yun blickte zu ihm. Caz stieß sich vom Türrahmen ab. „Kleiner." Yun sah ihn wieder an. „Wenn er dir irgendwas tut, komm einfach zu mir." Dann ging er.

„Was denkt er eigentlich von mir?", murrte Skelton. Yun stand einfach nur da. Sie schienen sich beide irgendwie um ihn zu sorgen. Aber warum? Was wollten sie von ihm? Gehörten sie beide zu diesen Leuten,die sich Menschen hielten? Wollten sie ihn doch verkaufen? Oder seine Einzelteile?

Er bekam Tränen in die Augen. „Wa-Warum macht ihr das alles?",hauchte er. Es machte ihn langsam wahnsinnig nicht zu wissen, was sie von ihm wollten und aus ihrem Verhalten wurde er auch nicht schlau. Skelton drehte sich zu ihm. Seufzend schmiss er das Steak auf den Tisch, mit dem er bis eben seine Schwellungen gekühlt hatte. „Es ist so. Meine Crew besteht ausschließlich aus Leuten, die von der Gesellschaft ausgestoßen worden sind. Sei es wegen ihrem Aussehen oder irgendeinem Charakterzug. Hier können sie sein wer die sind,ohne verurteilt zu werden. Und wenn ich jemanden sehe, der das gleiche durchmacht, mach ich mir automatisch Sorgen." Yun hatte die Worte gehört, verstand den Sinn aber nicht. „Das versteh ich nicht...", meinte er etwas verzweifelt. „Was genau?" „Alles...Was hast du davon?" „Eine Familie." Yun sah ihn mit einer Mischung aus Verzweiflung und Verwunderung an. „Wie kannst du ihnen denn trauen?" Jedem, dem bisher begegnet war, wollte ihn immer verraten oder verkaufen. „Bis jetzt hat mich noch keiner von ihnen betrogen. Sie sind eher dankbar, sich hier nicht verstecken zu müssen." Yun krallte sich noch fester in seinen Oberarm. Langsam tat es ihm weh, aber er machte es weiter. Er sah wehmütig zur Seite.Das war Wunschdenken. „Früher oder später verrät einen jeder...", murmelte er wehmütig auflachend. Er war früher einmal über mehrere Jahre mit jemandem gereist, den er für einen Freund gehalten hatte, um dann heraus zu finden, dass er ihn an einen reichen Handelsmogul verkaufen wollte. „Das kann sein, vielleicht bin ich auch einfach zu gutgläubig..." Yun sah aus der Fensterfront auf das Meer. Ohne es wirklich zu merken, stellte er sich davor und sah auf das blaue Nass. Vielleicht sollte er sich wirklich hineinstürzen... Er legte die Hand an die Scheibe. Die Erinnerung an Sen machte ihn sehr traurig. Seit dem hatte er nie wieder jemanden an sich heran gelassen, geschweige denn, dass er es konnte... Es gab für ihn keine Freunde...

Eröffnete langsam eines der Fenster und stellte sich davor. Erst die eine Hand auf den Rahmen, dann sie zweite. Dann ging er kurz in die Knie und stieß sich ab. Schon war er in der Luft. Keine Sekunde später schlug er auf das Wasser auf und ließ sich hinab sinken.Sein Instinkt sagte ihm zwar, er solle versuchen an die Oberfläche zu kommen, aber er tat nichts, bis jemand ihn packte und hoch ziehen wollte. Er stieß ihm die Beine in den Bauch, wodurch er sich noch tiefer in die See stieß. Yun sank immer weiter und ließ immer mehr Luft entweichen. Nicht mehr lange und es war vorbei. Er merkte, wie er seine Wahrnehmung verlor. Doch jemand packte ihn. Allerdings war er schon zu schwach um sich weiter zu wehren. Dann wurde es schwarz.



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