Abgeschoben

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Kapitel 14: 

Maya war noch immer wütend, als sie am nächsten Tag das Bürogebäude betrat, das wie auch schon am Tag zuvor hoffnungsvoll überfüllt war. Damiens Worte hatten sie tief verletzt, auch wenn sie sich nichts hatte anmerken lassen. Dabei hatte sie doch nichts verlangt, was nicht normal gewesen wäre, oder? Natürlich hatte sie den Sex mit Damien genossen, dennoch hatte sie keine Lust ihre Beziehung auf Hassficks und Fesselspielchen zu begrenzen. Sie wollte mehr.
Sie wollte wieder von ihm in den Arm genommen werden, an seiner Brust geschmiegt einschlafen und sich so sicher fühlen, wie sie es getan hatte, bevor dieses ganze Chaos mit Marcus passiert war. Sie wollte zurück in diese eine Nacht, wo er sie zärtlich gestreichelt und ihr das Gefühl gegeben hatte, mehr zu sein, als nur ein Zeitvertreib.
Doch in dieser Nacht war nichts echt gewesen.
Bitterkeit verengte ihr die Kehle und sie fühlte den, ihr bereits vertrauten, Schmerz des Verrats in ihrer Brust. Damien hatte sie als Opfer für seinen Bruder ausgewählt und ihr deshalb in jener Nacht etwas vorgespielt. Es war reine Berechnung gewesen, es hatte nichts mit Gefühlen zu tun gehabt.
Es war eine Lüge gewesen und diese dämliche Verliebtheit, die sie spürte, stützte sich darauf.
Mayas Schritte wurden langsamer, bis sie vollkommen regungslos mitten im Eingangsbereich stehen blieb und das Gefühl hatte zu ersticken. Eine Welle der Desillusionierung rollte über sie hinweg und ließ sie in etwas Versinken, aus dem sie sich Monate zuvor heraus gekämpft hatte. Es war ein schwerer Weg gewesen, sich aus diesem Loch zu ziehen, in das Damien sie gestoßen hatte und sie hatte es nur geschafft, indem sie sich nach der Therapie eingeredet hatte, sie könnte Damien dazu bringen, ihre Gefühle zu erwidern und doch noch etwas Gutes aus diesem kranken Erlebnis herauszuholen.
Doch das war eine Lüge.
Ihr Körper zitterte, ihre Muskeln krampften und für einen winzigen Augenblick, kam das Kartenhaus, in dem sie sich vor den Albträumen versteckte, ins Wanken.
Das. Durfte. Sie. Nicht. Zulassen.
Damien konnte nicht alles gespielt haben, es musste etwas echtes dran gewesen sein, sonst hätte er sie nicht gerettet. Es gab eine Chance. Und diese Chance würde Maya nutzten. Sie musste. Denn wenn nur eine Karte fiel, würde das ganz Konstrukt ihrer geistigen Gesundheit zusammenbrechen und sie wäre wieder in diesem Loch.
Ein verängstigtes, junges Mädchen, das ausgenutzt, manipuliert und dann fast ermordet worden wäre.
Als das Haus aufhörte zu wackeln, entspannten sich ihre Muskeln wieder. Die Dunkelheit zog sich zurück und ihre Gedankenblase war wieder undurchdringlich. Sie war hier, um für sich und Damien zu kämpfen. Hier, auf dieser Mission, gab es keine Albträume, keine mentale Instabilität. Hier war sie die schlagfertige Maya Dust, ein reiches, verwöhntes Mädchen, das sich in den Kopf gesetzt hatte, das Herz eines Mannes zu erobern.
Kein Blut, keine Leichen, kein Serienmörder auf dessen Opferliste sie ganz weit oben stand. Nichts davon war Teil ihrer Welt. Sie führte ein normales unkompliziertes Leben. Und nachdem sie sich das immer wieder gesagt hatte, setzte sie ihren Weg fort.
Maya erwachte aus ihre Unsicherheit, verdrängte die Alpträume in ihr und lächelte fröhlich, als sie sich durch die Menge schlängelte, um mitten in ihrer Bewegung wieder zu erstarren. Sibille, die Empfangsdame, die unter Dauerstress zu stehen schien, winkte sie zu sich heran und Maya spürte bereits, wie eine dunkle Vorahnung sie erfasste, als sie den zerknirschten Ausdruck der Frau sah.
Ihr Lächeln war falsch und herablassen, ja schon fast hasserfüllt, als sie sich kurz räusperte und in kurzen Sätzen sagte:
„Sie werden erwartet, Ms Bell. Ein Taxi wartete bereits auf Sie, um sie zu ihren neuen Praktikumsplatz zu fahren."
Maya verstand kein Wort von dem was die Frau da sagte. Ihren neuen Praktikumsplatz? Sie war doch erst einen Tag hier gewesen, warum sollte man...
„Mrs Pravochenzki steht dort hinten", sagte sie noch knapp und deutete auf eine nicht unbedingt hübsche Frau, in deren Gesicht aber unfassbar blauen Augen strahlten. Kathleen, Mr. Hunters Sekretärin.
„Tut mir leid, ich verstehe nicht ganz...", setzte Maya an, doch Sibilles Blick musterte sie nur abschätzend.
„Natürlich, Schätzchen. Ich bin mir sicher, dass du ganz ohne dein eigenes Zutun einen Platz in der Chefetage ergattert hast. Das liegt natürlich nur an der guten Arbeit, die du und an einem einzigen Tag demonstriert hast und nicht an dem kurzen Intermezzo mit Mr. Hunter. Nur mal so als Tipp, Schätzchen. Karrieren die so beginnen, enden meist auch ziemlich schnell."
Maya schluckte, sie war wie vor den Kopf geschlagen. Wovon zum Teufel redet sie da? Maya hatte doch gar nicht...
„Ich hatte kein Intermezzo mit Mr. Hun-" Die Empfangsdame nahm ein Gespräch auf ihrem Headset an und ignorierte sie, schaffte es aber nicht, sich die angewiderten Blicke zu verkneifen, die sie ihr als letztes schenkte. Na wunderbar.
Sie war keinen Tag hier und schon wurde ihr vorgeworfen, sich hoch zu schlafen. Maya drehte sich zu Kathleen um, die mit zügigen Schritten auf Maya zukam, sie ohne ein Lächeln kurz begrüßte und bat ihr zu folgen. Maya verstand nicht, was los war.
Heute morgen hatte sie sich noch Sorgen darüber gemacht, Damien könnte sie aufgrund ihres Apartments noch einmal genauer überprüfen und herausbekommen, dass sie hier ein Praktikum machte und nun hatte sie einen aufdringlichen Typen an der Backe, der es irgendwie geschafft hatte, sie versetzen zu lassen und sie damit als Schlampe abgestempelt.
Die heftigen Worte der Empfangsdame ließen darauf schließen, dass dies in dieser Firma mehr als nur ungern gesehen wurde, wahrscheinlich würde sie für die ersten Tage das Pausenthema Nummer eins sein.
Mist.
Dennoch konnte Maya nichts daran ändern, schließlich konnte sie ja nicht einfach zu Hunter gehen, ihn zusammen brüllen und ihn dazu zwingen, diese Gerüchte zu unterdrücken. Maya Dust konnte das fordern, die Schwester des CEO hätte jedes Recht dazu. Aber nicht Maya Bell, denn Maya Bell war ein Niemand.  

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