Helena von Troja

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Kapitel 29:
Damien war nicht überrascht, dass Ricarda gerade einmal zwanzig Minuten, nach seiner Kurznachricht bei ihm vor der Tür stand. Fein herausgeputzt und absolut übermotiviert, wie sie es immer war. Ricarda, war eine langbeinige, schlanke Blondine, die ohne Zweifel eine Karriere als Model hätte haben können, wenn da nicht ihr messerscharfer Verstand und eine Vorliebe für Intrigen gewesen wäre.
Ihre blonden glatten Haare, hatte sie zu einem seriösen Dutt herauf gesteckt, der wesentlich perfekter war, als es Maya mit ihren roten Locken zustande gebracht hatte und den einzigen Schmuck, den sie trug war der goldene Ehering mit dem riesigen Diamanten an ihrem Ringfinder, der jeden anderen ein Jahresgehalt gekostet hätte. Ricardas Mann war ein Politiker mit wenig Motivation, tatsächlich eine große Karriere hinzulegen. Er saß im Stadtrat von New York und hatte Damiens Bauvorhaben in Bezug auf seinen Firmensitz ein wenig beschleunigt. Seine freie Zeit nutzte er um seine Frau und seine Söhne zu verhätscheln und Ricarda liebte ihn jeden Tag dafür. Sie war eine Frau, die Luxus brauchte sich dafür aber immer sehr dankbar verhielt. Und obwohl die Presse und viele böse Zungen behaupteten Ricarda wäre nur des Geldes wegen mit ihrem achzehnjahre älteren Mann und beleibten Mann verheiratet, wusste Damien es besser. Sie liebten sich, vor allem aber schätzten sie den Intellekt des jeweils anderen obwohl Ricarda viel zu hübsch für ihren Mann war. Wo die Liebe eben hinfiel.
„Vorsicht, mein Schatz, jede unverheiratete oder weniger glücklicher verheiratete Frau als ich, wäre jetzt vor dir in die Knie gegangen und hätte dich angebettelt dir zu Diensten sein zu dürfen", hauchte sie neckisch, blinzelte Damien zu und verzog ihre pinkfarbenen Lippen zu einem breiten Grinsen. Damien hatte sich noch nie großartig etwas daraus gemacht, wenn andere ihn nackt sahen. Nachdem Ricarda damit fertig war ihn intensiv zu mustern, trat sie in seiner Wohnung und gab ein kleines freudiges Aufschreien von sich, bevor ihre hohen Pumps weitaus schneller über den Dielenboden klackerten.
Sie hatte offensichtlich Maya entdeckt.
„Du!", begann die große Blondine erfreulich und konnte kaum an sich halten.
„Du musst Helena von Troja sein! Schön dich kennenzulernen." Witzelte sie schnell, drehte sich kurz zu Damien um, der die Tür wieder schloss und hielt den Daumen in seine Richtung nach oben. Mayas Blick schweifte zwischen ihm und Ricarda hin und her, die Verwirrung war ihr deutlich anzumerken und dabei schien ihr gar nicht aufzufallen, dass sie selbst in nichts weiter als einer Tagesdecke eingehüllt vor einer fremden Frau stand.
„Ähm ich... wer sind Sie?" fragte Maya und sah Damien Hilfe suchend an, doch wie immer war es nötig auch nur den Mund aufzumachen. Ricarda übernahm sofort das Reden und Damien hatte Zeit sich zumindest eine Hose zu suchen.
„Ich? Ich bin Ricarda, Damiens Sekretärin und ich freue mich wirklich wirklich wirklich sehr dich kennenzulernen. Du bist hübsch und klein, isst du auch genug?", plapperte Ricarda schnell und Damien vernahm ihre quietschige Stimme selbst noch als er in das Schlafzimmer ging und nach seinen Sachen suchte.
„Ach Liebes, du hast da ein wirklich schweres Los gezogen, wenn dich mein Boss einmal nicht gut behandel, redest du am besten mit mir, ich hab die Macht einer Sekretärin... wenn du verstehst."
„Ehrlich gesagt, nein", entfuhr es Maya trocken und Damien spürte, wie seine Mundwinkel zuckten. Die Frauen waren sich nicht wirklich ähnlich, aber sie würden sicherlich miteinander auskommen. Ricarda kam mit jedem aus.
„Nicht schlimm, meine Liebe. Oh du hast ja wunderschöne Haare, in einem grünen Kleid siehst du sicher fantastisch aus, mir müssen unbedingt einmal shoppen gehen. So ein Mädelsabend." Fuhr Ricarda in ihrer aufdringlich, liebevollen Art weiter und als Damien halb bekleidet wieder aus dem Zimmer kam, glomm in Mayas großen Augen eine Spur von Hilflosigkeit. Er beschloss, sie aus den Klauen seiner Sekretärin zu retten.
„Hast du die Unterlagen mitgebracht?", fragte Damien und von einer Sekunde auf die andere verwandelte sich Ricardas Lächeln von etwas nettem zu etwas grausamen.
„Und ob, es lief besser als geplant, ich musste kaum jemanden mit Kastration drohen, wenn er nicht mitspielte!", verkündete sie stolz, ging zu einem Esstisch direkt vor dem Panoramafenster und begann damit einen Laptop und Unterlagen auszubreiten.
Damien ging zu Maya berührte sie an ihren nackten Schultern und konnte nicht widerstehen ihr einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Machten das Männer bei ihren Freundinnen nicht so? Oder war es zu übertrieben? Er wusste es nicht, aber da Maya ihn plötzlich hell anlächelte, glaubte er, dass es für sie in Ordnung schien.
„Du solltest dir etwas anziehen", flüsterte er ihr zu und Maya ging mit schnellen kleinen Schritten auf das Schlafzimmer zu, allerdings nicht ohne ihn über die Schulter hinweg noch einmal anzulächeln. Kurz verfluchte er sich dafür, dass während des Kusses und auch danach, sein Gesicht kaum eine Gefühlsregung zeigte. Gefühle waren nie seine Stärke gewesen, aber Maya schien es nicht zu stören. Noch nicht.
„Sie ist mega süß, viel zu gut für dich. Lass sie ja nie wieder los!" meinte Ricarda spitzbübisch.
„Sie ist meine Stiefschwester." Sagte er zu ihr, Ricarda hatte zwar nicht gefragt, aber sie hätte es sich sowieso nicht nehmen lassen Maya genau zu durchleuchten. Zu seiner Überraschung grinste sie breit.
„Ich weiß", meinet sie und Damien verdrehte die Augen. Das mit dem hinterher schnüffeln hatte sie offenbar bereits erledigt. Natürlich. Ricarda war ein wahres Multitalent. Sie hatte in nicht einmal vierundzwanzig Stunden, eine Firma abgeworfen, den Leuten auf die Finger gekloppt, die dachten das verhindern zu müssen, ihre Söhne ins Bett gebracht und eventuell sogar noch einen ihrer Joga-Kurse besucht. Da war noch mehr als genug Zeit, Maya auf den Zahn zu fühlen. Warum wunderte er sich überhaupt?
„Und was weißt du sonst noch?", fragte Damien, stellte sich eine Tasse unter der automatischen Kaffeemaschine und fischte zwischendurch seine Krawatte vom Boden auf. Wie war die den da hingekommen? Egal, als sein Kaffee fertig war, schien auch Ricarda endlich so weit zu sein ihm zu verkünden, was sie in den wenigen Stunden noch alles erreicht hatte.
„Hunter ist clever, WIR haben zwar alle Anteile an Konws abgeworfen, aber er hält noch Anteile an uns und refinanziert sich daraus." Sie klang fast schon bewundert.
„Er kann sich nicht ewig über Wasser halten, indem er Eigenkapital hinein buttert." Ricarda schützte die Lippen.
„Muss er auch nicht, nur solange bis alle anderen glauben, dass du gescheitert bist und wieder fröhlich finanzieren." Damiens Blick verdüsterte sich.
„Wie verhindern wir das?", fragte Damien und Ricarda wollte gerade antworten, als Maya sie unterbrach.
„Ja, wie? Und vor allem: Warum? Warum buttert Hunter Eigenkapital in DEINE Tochterfirma?", fragte sie und ihre Stimme war schneidend, Damien lächelte kühl und hätte sie am liebsten zurück ins Schlafzimmer gezerrt. Sie war unglaublich heiß, wenn sie eine Antwort forderte und sie war jetzt gerade verdammt heiß.  

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